German  English

Finsternis im Wechselspiel der Gegensätze

Erlebnisbericht von der ringförmigen Sonnenfinsternis am 14. Oktober 2023 in Oregon/USA und Reisebericht USA 2023

 

Sonntag, 24. September 2023

Klarer blauer Himmel über Dreieich, herrliches Spätsommerwetter. Der Tag steht für uns im Zeichen der Reisevorbereitungen, insbesondere des Kofferpackens. Denn es geht wieder los: Meine erste Fernreise zu einer Sonnenfinsternis nach der Corona-Pandemie. In nicht ganz drei Wochen gibt es eine ringförmige Sonnenfinsternis im Nordwesten der USA zu sehen, der Saros-Nachfolger der Finsternis vom 3. Oktober 2005 in Spanien. Nachdem ich für die beiden partiellen Sonnenfinsternisse am 10. Juni 2021 und 22. Oktober 2022 neben den bisherigen Erlebnisberichten aus Text und Bildern zusätzlich Video-Erlebnisberichte gemacht hatte, und diese mir nach den Finsternissen noch so viel Freude gemacht haben, sollte auch für das bevorstehende Eclipse-Ereignis ein solcher entstehen. Am Vormittag spreche ich die ersten Sequenzen unter strahlend blauem Himmel über Dreieich. Vorfreude kommt auf.

Montag, 25. September 2023

Noch am späten Abend des Vortags habe ich eine neue Seite auf eclipseland.com für diesen Erlebnisbericht erstellt und den Link schon einmal in der bereits für die totale Sonnenfinsternis 2024 zusammen gefundenen WhatsApp Gruppe verteilt.

Ich erwache in der Morgendämmerung dieses 25. Septembers 2023, mein Vater hätte heute das Alter von 97 Jahren erreicht. Leichte Cirrenstreifen sind von der aufgehenden Sonne angestrahlt. Noch etwa 2 Stunden bis zur Abreise. Der Zeitplan ist getaktet: 9:10 holt uns das Taxi ab. Der morgendliche Verkehr auf der A3 ist ungewöhnlich flüssig, sodass wir bereits gegen 9:30 am Flughafen aussteigen, mehr als 3 Stunden vor Abflug. Noch ein Selfie mit unseren 4 Koffern, alleine meine beiden Koffer kommen auf ca. 45 kg. Obwohl meine Kameras alle im Handgepäck sind, so befinden sich insbesondere die langbrennweitigen Objektive und die Stative darin. Noch nie war ich so gut ausgerüstet für eine Sonnenfinsternisbeobachtung. Sechs Kameras sollen während der Ringförmigkeit gleichzeitig zum Einsatz kommen.

Die Koffer sind ohne Wartezeit schnell eingecheckt, Business Class sei Dank. Ich denke wir sind reichlich mit Zeit gesegnet. Unser Gate ist mit B42 auf dem Boarding Pass ausgedruckt. Doch bei „B“ kommen wir nicht rein, gesperrt, wir werden zu „A“ geschickt. Dort zeigt uns der Bordkartenscanner an, wir seien im falschen Bereich und müssen uns für eine manuelle Kontrolle anstellen. Wir stehen nach Passieren der Bordkartenkontrolle trotz Priority-Boardings etwa eine Dreiviertelstunde an für die Sicherheitskontrolle. Die Economy-Schlangen sind unfassbar zwei oder dreimal so lang!

Um vom Bereich A zum Bereich B zu gelangen, werden wir hinter der Sicherheitskontrolle zu proppevollen Aufzügen geleitet, doch wir bevorzugen die 4 Stockwerke Treppenhaus. Durch einen Tunnel geht es auf einem Laufband einige hundert Meter zu einem weiteren Treppenhaus, wieder 4 Stockwerke hoch. Im Bereich B angekommen geht es durch die EU-Grenzkontrolle. Das geht ja gut automatisch, doch auch hier stauen sich die Menschen. Nach Passieren des Grenzautomaten laufen wir durch den gut gefüllten Transitbereich.

Dann sind wir schließlich bei B42, doch da wird ein anderer Flug angezeigt. Auf der Abfluganzeige ist dann Gate B62 angezeigt. Also wieder auf den Weg gemacht, und auf Ebene des Flugfeldes finden wir recht abgeschieden das Gate B62. Eine lange Schlange ist da, aber es ist uns nicht klar, wofür angestanden wird. Am Gate werden wir aufgeklärt. Wir müssen uns noch einmal anstellen, noch einmal etwa eine Stunde, für die amerikanische Passkontrolle.

11:40 - Boarding hat längst begonnen. Doch nach vielleicht einer halben Stunde bemerke ich, dass die Schlange nicht länger wird. Es ist mir klar: Es sind ja nur 3 Gates hier, also kommen keine weiteren Menschen nach, solange keine neuen Flüge hier angezeigt werden. Um uns herum weitere Passagiere nach Seattle, im Zweifel würde der Flieger wohl warten, die Koffer sind ja vielleicht schneller? Doch dann geht es unerwartet zügig und wir steigen in den gestopft vollen Flugzeugbus. Bereits im Terminalgebäude haben wir uns entschieden mit Masken zu gehen. Nicht noch einmal einen Urlaub mit Corona erleben! Etwa 15 Minuten vor Abflug sind wir doch am Flugzeug, es geht vom Bus in ein Treppenhaus und dann per Gangway dorthin.

Am Frankfurter Flughafen wird offensichtlich viel improvisiert, die Schwächen des Abfertigungsprozesses immer wieder durch Personal abgefangen. Sie geben Hinweise wohin es geht und gleichen die mangelhafte Beschilderung aus. Ich denke schon an die nächste Reise nach USA im April 2024, die ich ja bereits gebucht habe. Für Economy sind dann wohl 4 bis 5 Stunden für die Abfertigungsprozesse einzuplanen! Die vom Reisebüro empfohlenen 3 Stunden (für Flüge nach USA) haben für Business Class gerade so ausgereicht. Ich schätze für Economy hatten wir weitere 1 ½ Stunden angestanden.
Wir steigen in das Flugzeug, in gestreiftem, neuem Condor Design, links in die Business Class. Schlagartig finden wir uns in einer anderen Welt wieder. Ein nagelneuer Airbus A330-900 neo: Ruhe, viel Platz und eine freundliche Begrüßung durch das Kabinenpersonal. Ich muss erst einmal zur Ruhe kommen, um meinen Begrüßungsdrink zu mir zu nehmen.

Ich richte mich auf Platz 4A ein. Das Flugzeug setzt sich in Bewegung. Als wir in östlicher Richtung starten entdecke ich einen Zeppelin über dem Terminal 1. Vermutlich fliegt er irgendwo über Kelsterbach. Aber immerhin solch ein Anblick, wie aus einer Zeit vor meiner Zeit, als der Frankfurter Flughafen kurz nach seinem Bau ein Zeppelin-Flughafen war.

Schon steigen wir auf und wir haben besten Blick auf Frankfurt und die Skyline von oben, in einer Linkskurve geht es nach Norden. Frankfurt mit Main und im Hintergrund der Feldberg präsentieren sich mir aus beiden Fenstern, die mein luxuriöser Platz bietet.

Blick auf Frankfurt

Blick auf den Feldberg und den Taunus

Die Zeit vergeht „wie im Flug“, wir haben die Sonnenseite gewählt (Fensterplätze links). Ich habe genug Zeit um dieses erste Reisekapitel zu schreiben und lasse es mir gut gehen.

Nach fast 11 Stunden endet der Flug planmäßig mit einer Landung in südlicher Richtung auf dem Flughafen in Seattle. Nachdem eine geschlossene Wolkendecke durchflogen wurde tauchen in Wolken verhüllte Berge, eine schön verzweigte hügelige Küstenlandschaft und irgendwo mittendrin eine Skyline auf, so zeigt sich der erste Blick beim Anflug auf Seattle.

Flugroute von Frankfurt nach Seattle

Blick auf Seattle

Blick auf den Lake Washington

Flughafen Seattle im Regen

Nach dem Aussteigen erleben wir einen sauberen modern gestalteten Flughafen. Zunächst scheint es gar nicht so voll zu sein, doch dann werden es immer mehr Menschen, die anscheinend aus mehreren Flugzeugen ziemlich gleichzeitig angekommen sind. Es geht eine Rolltreppe hoch, über ein hoch gelegenes Laufband mit schönem Ausblick, dann wieder runter, und uns eröffnet sich der Blick auf eine große Schalterhalle, so auch die Kofferbänder stehen.

Als wir schließlich unsere Koffer haben ist die Halle voll mit Menschen. Hinter den Kofferbändern gibt es einen großen Bereich mit den Schaltern zur Einreise. Doch bis wir den netten Immigration Officer an Nummer 14 treffen und dort die Grenze passieren, ist noch einmal Zeit-Haben angesagt. Die Schlangen sind so lang, dass die dafür vorgesehenen Absperrbänder nicht ausreichen. Personal leitet die Menschen an, wie die Schlange zu bilden sei: Es geht schlaufenförmig, immer wieder nah nebeneinander gelegt, zwischen den Kofferbändern hindurch. Nicht nur am Frankfurter Flughafen scheint es diese Probleme zu geben. Hier scheint die Ursache die Ankunft vieler Einreisenden gleichzeitig zu sein, denn nachdem die Schlagen gebildet waren, kommen keine Leute mehr von oben nach. Als wir am Schalter sind ist der Raum um die Kofferbänder leer!

Doch dann sind wir durch, und die nächste Aufgabe besteht darin, das Hotelshuttle zu unserem Hotel dem Residence Inn zu finden. Wegweiser, die wir schließlich finden führen uns zu einem Parkhaus auf Ebene P3 zu einer Anlande-Station von Hotelbussen. Wir warten erst eine Weile. Mit diversen Hotelnamen gekennzeichnete Busse kommen und fahren wieder ab, doch unser Hotel ist nicht dabei. Es gehört zwar zur Marriott Gruppe, doch ein Fahrer eines mit Marriott gekennzeichneten Busses erklärt mir, dass er nicht zum Residence Inn fahre.

Ich sehe mich an der Busstation um und finde schließlich eine Schautafel mit Hotelnamen und Telefonnummern, sowie eine Kurzwahlnummer und einen Hörer mit Zifferntastatur. Ich rufe die „05“ für unser Hotel an und erfahre wie es geht. Nach Angabe meines Namens wird offensichtlich die Reservierung geprüft und der Bus losgeschickt. Macht ja auch Sinn. Doch die Information über dieses Vorgehen wäre für die Reiseplanung schon hilfreich gewesen. Weder Reisebüro noch die Agentur TUI hatten diese Information. Man muss sich manchmal eben auch einfach durchschlagen.

Nach etwa einer Viertelstunde kommt der Bus und fährt uns bei strömendem Regen zum nahegelegenen Hotel. Wir beziehen unser schönes großes Zimmer Nr. 111. Leider nicht wie gehofft mit Seeblick, stattdessen Blick auf den Parkplatz. Aber egal, es regnet und wir sind froh gut angekommen zu sein.

Nur etwas Verpflegung, vor allem Wasser, muss noch her. Zu Fuß geht dann zu einem kleinen Supermarkt, es regnet gerade nicht. Wir versorgen uns mit dem Nötigsten. Da sehen wir auch eine S-Bahn-Station. Das ist doch sicher etwas für den nächsten Tag für unseren geplanten City-Besuch. Auf dem Rückweg nur noch ein paar Tropfen Regen, und wir sind wieder auf dem Zimmer. Ein kleiner Bissen genommen, und auch die IT gefüttert, 4 Adapter haben wir dabei, so können Handy, Tablet, Laptop und Kamera-Akku gleichzeitig laden. Nachdem ich die im Flugzeug geschriebenen Zeilen online gestellt habe zwingt mein Jetlag auch mich zur Ruhe. Es ist zwischen 7 und 8 Uhr Ortszeit, 9 Stunden früher als in Deutschland, höchste Zeit, und so geht dieser lange 25. September 2023 für mich gut zu Ende.

Dienstag, 26. September 2023

Doch die deutsche Zeit taktet noch in mir, gegen 4:30 werde ich zu wach um im Bett zu bleiben und nutze etwa eine Stunde, um den Bericht für den gestrigen Tag zu vollenden. Dann wieder ins Bett, aber irgendwie gibt es für mich ein Hauch „Schlaflos in Seattle“, während meine Liebste schläft.

Doch als es hell wird kommt langsam die Zeit für das Frühstück. Als wir im Frühstücksraum sind, ist es aber doch schon etwa 7:30. Wir lassen es uns schmecken, auch wenn die Auswahl deutschen Gewohnheiten nicht entspricht, und dann gleich raus für einen kleinen Spaziergang zu einem See, der etwas unterhalb des Hotels liegt. Herrlich, es riecht frisch nach Nadelbäumen.

Für heute haben wir uns eine Besichtigung von Seattle vorgenommen, ohne diese vorab genau geplant zu haben. Die Space Needle, den markanten Aussichtsturm von Seattle, und die Monorail-Bahn im Kopf peile ich mal per Google Maps „Space Needle“ an, und die sehr hilfreiche App sagt mir, dass wir die S-Bahn „One Line“ vom nahe gelegenen Bahnhof „Angle Lake“ nehmen, bis „Westlake“ fahren und dort in die Monorail umstiegen können, die bis zur Space Needle fährt. Wie so oft gehen wir es offen an und lassen aufgrund der groben Orientierung die Stadt auf uns zukommen und uns von Gelegenheit zu Gelegenheit leiten. Nur die Space Needle möchte ich unbedingt sehen, zumindest von außen, und mit der Monorail fahren.

Ein paar Fotos vor unserem schönen Hotel, und dann laufen wir einige Minuten zum Bahnhof „Angle Lake“, welches ich erst „Angel Lake“ lese und ganz hübsch finde, denn schön ist auch der Blick auf den Pazifik, der kurz vor dem Bahnhof zu sehen ist, und den ich für den "Angel Lake" halte, erst später den Irrtum feststelle. Wir kaufen uns Tickets am Automaten, setzen uns in den fast leeren Zug (nach und nach füllt sich der Zug) und fahren zur Station „Westlake“. Unterhalb eines Einkaufszentrums steigen wir aus und sehen uns dann draußen um. Wir sind mitten in der Innenstadt, die Skyline um uns herum. Zwischen den Hochhäuserblocks teilweise ganz enge Straßen, auch mit alten Gebäuden, und verarmt wirkende Menschen. Auffällig viele Obdachlose. Ob sich um die wohl ausreichend gekümmert wird? Nobel-Geschäfte, glitzernde Hochhäuser – arm und reich scheinen hier, zumindest örtlich, sehr nah zusammen zu sein.

Unser Hotel – das Residence Inn

Bahnhof „Angle Lake“ mit der „One Line“ Bahn, im Hintergrund der See

Herbstlaub und Hochhäuser in Seattle

Wir erreichen den Pike Place Market. Hier gibt es zahlreiche Stände und Läden, viel Obst und Fisch, aber auch Spezialgeschäfte. Es ist hier recht voll, aber nicht überfüllt. Zwischendurch ergibt sich die Möglichkeit von einem Aussichtssteg, der relativ leer ist einen Blick auf die Umgebung zu bekommen. Am Meer ist ein Riesenrad. Das steuern wir mal an. Doch vorher finden wir eine Fischbraterei, die wir schließlich für unser Mittagessen aussuchen. Lachs, paniert mit Pommes gibt es für uns heute. Für etwa 13$, aber die Mehrwertsteuer wird dann einfach noch draufgerechnet. Die Preisauszeichnung ist auch nicht so wie von zu Hause gewohnt. Wir finden zwei der wenigen Sitzplätze in der Nähe. Inzwischen ist starker schauerartiger Regen aufgezogen, es wird schlagartig voll an der Fischausgabe. Wie gut, dass wir unser Essen schon haben.

Hochhäuser in Seattle

Public Restrooms in Pike Place Market Seattle

Der Pike Place Market in Seattle verbirgt sich hinter unscheinbaren Wänden, gesehen von einem Aussichtssteg

Dann lässt der Regen mal nach, und wir gehen weiter. Um eine Straßenecke herum fällt uns plötzlich das Schaufester der „Rocky Mountain Chocolate Factory“ auf, voll von Leckereien. Die kleinsten Pralinen kosten so um die 4$. Wir gehen rein, und hier ist es so schön eingerichtet, und alles so gut präsentiert, das gönnen wir uns, jeder ein Stück. Ich erlaube mir eine in weißer Schokolade eingehüllte Bretzel. Wir verzehren unsere kostbaren Stücke noch an einem Tisch vor Ort. Weiter geht es dann im Gebäude, das Geschäft hat eine zweite Ausgangstür nach innen, direkt neben einer Brauerei, die wie die anderen Shops und Restaurants hier sich auf originelle und informelle Art und Weise präsentiert. Es wirkt wie eine Stadt in Innenräumen – hier scheint es öfters zu regnen.

Galerie mit Geschäften nahe des „Pike Place Market“ in Seattle

Und der Regen hält an. Wir finden öffentliche Sitzplätze mit Blick auf das Meer und blicken durch die mit Tropfen verhangenen Fenster. Gut, dass nicht alle solche Plätze für Restaurants vergeben sind. 

Nach dem Regen kommt die Sonne raus und wir kommen schließlich zu dem Riesenrad (nutzen die Gelegenheit und kaufen bei einer Bäckerei noch ein Baguette für den Abend), fahren aber nicht damit, sondern finden in unmittelbarer Nähe Plätze direkt am Meer. Von hier aus sieht man auch knapp über anderen Gebäuden die Space-Needle, den markanten Aussichtsturm von Seattle. Dann geht es zu Fuß die Promenade entlang, hier wird kräftig gebaut. Schließlich stellen wir fest, dass wir schon fast die Hälfte der Strecke zur Space Needle zurückgelegt haben und beschließen auch noch dort hinzulaufen, um dann die Monorail und die S-Bahn zurück zum Hotel zu nehmen. Der nächste Regen zieht auf. Wir sind zwar kurz in der Space Needle aber fahren nicht hoch. Vielleicht ist das etwas für den nächsten Tag, wenn das Wetter es zulässt.

Riesenrad in Seattle

Gebäude in Seattle (mit Space Needle)

Seitlicher Blick auf die Skyline von Seattle

Wir fahren unerwartet kurz mit der Monorail nach Westlake, von da aus mit der „One Line“ zurück bis Angle Lake, dort noch für über 8$ 4 kleine Stücke Käse gekauft) und zurück ins Hotel. Es gibt Proviant zum Abendessen. Danach setzte ich mich, ermüdet vom Tag und vom noch vorhandenen Jetlag hin und schreibe den Bericht für diesen Tag.

Mittwoch, 27. September 2023

Wieder bin ich gegen 4:30 wach. Zeit, die zahlreichen Bilder des Vortags zu sichten, zu bearbeiten und in den Text von gestern einzufügen. Dann wird es hell und wir gehen zum Frühstück. Für heute Vormittag hat sich genau über Seattle ein Tiefdruckwirbel mit Starkregen und Wind bis 50 km/h und Böen bis zu 70 km/h angesagt.

Wir passen unsere Pläne an, denn für heute wollten wir einen weiteren Tag in Seattle verbringen. Wie verschieben diesen etwas in die folgende Nacht hinein. Bei dem Jetlag dürfte das möglich sein, sofern wir am Vormittag noch einmal schlafen können. Und so ist es dann, dass wir zur Mittagszeit erneut aufstehen, unser Mittagessen zur proviantbasierten Tagesmahlzeit machen und gegen 14:30 aufbrechen. Wieder mit dem One-Line Zug in die Stadt. Diesmal jedoch nicht nur bis „Westlake“ im Zentrum von Seattle, sondern weiter nach Norden zum „U-District“. „U“ steht für University. Und als wir aussteigen laufen hier auch viele sympathische junge Leute herum. Die Gegend wirkt irgendwie gemütlicher, aber leer ist es nicht. In der Ferne sieht man die Skyline von Seattle unter tiefen Wolken.

Als Ziel haben wir uns das „Burke Museum of History and Culture“ ausgesucht, auf den Treppenstufen hoch zum Museumseingang gibt es paar Regentropfen. Für 22$ pro Person, die wir in bar bezahlen (trotzdem, aber vielleicht gerade deshalb werde ich nach Namen und Postleitzahl gefragt), sehen wir ein sauberes, top-modernes Museum mit Ausstellungen in drei Stockwerken über die Ureinwohner des Pazifikraums und der Region Washington, über das Meer, Tiere und Fossilien. Wirklich schön gemacht, und interessant. Welch eine Weisheit die Ureinwohner schon vor langer Zeit entwickelt hatten, und dass diese für die heutigen Herausforderungen genutzt werden kann, wird gut dargestellt: Nicht nur wie schlimm Umweltprobleme sind, sondern wie solche auch schon bereits gelöst bzw. gemindert werden konnten.

„Burke Museum of History and Culture“ nahe der Universität von Seattle

Im Museum ergibt sich hinter einem durchsichtigen Vorhang ein Blick auf die Skyline von Seattle inklusive Space-Needle. Ich nehme ihn ein wenig zur Seite und fange diesen Blick (den es vor dem Gebäude höhenbedingt nicht gibt) mit meiner Kamera ein.

Skyline von Seattle mit Space Needle

Um 17 Uhr schließt das Museum, kurz zuvor verlassen wir es (Rucksäcke und Anoraks hatten wir während des Besuchs in einer Garderobenbox verschossen). Wir gehen kurz in Richtung Unigelände, dann aber wieder zurück, zur Bushaltestelle und fahren mit dem Bus Nr. 70 zwölf Stationen weiter zum Union Lake. An der Haltestelle finde ich auch eine Beschreibung wie man den Bus bezahlt. Es geht hier auch noch ganz klassisch, im bar beim Fahrer (nicht wie in London nur mit Karte und Transaktions-Mindestgebühr von 1,50€).

Auf dem Weg sehen wir eine zweistöckige Brücke, auf beiden Ebenen Straßen. Erstaunlich, aber auf der rechten Seite des Busses, so dass mein Fensterplatz auf der linken Seite keine vernünftige Möglichkeit gibt den Anblick festzuhalten. Manchmal ist ein Blick eben nur für die Erinnerung, das fällt mir auch manchmal nicht ganz leicht, ist in diesem Fall aber gut „verkraftbar“.

Als wir unsere Zielstation erreicht haben regnet es sehr stark (anders als per Wetter-App erwartet). Tiefe Wolken sind eben sehr lokal, dann starker Wind und Berge dazu, das gibt eben schwer vorhersagbare Wettersituationen. Wir warten einfach ab, und nach vielleicht zehn Minuten hört es auf zu regnen, und wir gehen an das Seeufer, zahlreiche Bootsanlegestellen, Promenade, Stege, und ein Blick auf die Space Needle. Letzterer war der Auslöser meines Wunsches diesen Ort zu besuchen. Nasser Boden, tiefe Wolken, aber eine schöne Stelle der Stadt.

Blick auf die Space Needle

Schiffe am Union Lake

Wir suchen nach einer Möglichkeit abendzuessen, und finden ein Lokal mit Schriftzug „Pizza“. Darauf haben wir Appetit und wir gehen rein. Kein kleiner Italiener. Ich frage nach einem Tisch für zwei Personen und wir werden in das darüber liegende Stockwerk geführt. Zwei Stockwerke Restaurant, richtig groß, und viele Bilder von Personen in italienischem Stil an der Wand. Wir bekommen einen Tisch am Fenster, mit Blick auf die Straße vor dem See und Hochhäuser. Edel, edel! Mal sehen was das kostet, ein Blick in die Karte verrät die Preise nicht auf den ersten Blick, denn die Dollarzeichen sind weggelassen. OK: Zu zweit werden wir hier ja mal mindestens 70$ los. Egal, nicht drüber nachdenken, wir lassen es uns gut gehen. Aber dann kommt der junge Kellner und es ist sehr hilfreich, dass es uns das Menü erklärt, auch wenn ich vieles nicht verstehe was er sagt. Die Portionsgrößen sind wichtig zu kennen. Man könne es bei einer Vorspeise belassen, oder ein Gericht zu zweit essen. Schließlich entscheiden wir uns zu einer kleinen Pizza Margerita, zu zweit, und die Menge ist gerade richtig für uns. Auch hier die Preise auf der Karte ohne Mehrwertsteuer, das Eiswasser kostenlos, aber ein Trinkgeld geben wir dazu. So landen wir mit 30$ in einem moderaten Preisebereich und hatten ein Restaurant-Erlebnis das wir sicher lange nicht vergessen. Es hat sich gelohnt. Ob es sich für das Restaurant lohnt? Als wir gehen sind mehrere scheinbar unterbeschäftigte Kellner im Eingangsbereich, und nur sehr wenige Gäste da, für uns umso schöner in ruhiger Umgebung lecker gegessen zu haben.

Seattle in der Abenddämmerung

Abendstimmung vor dem Restaurant "Buca di Beppo" in Seattle

Inzwischen ist es dunkel geworden. Wir gehen zurück an den See. Mit Lichtern ist der Blick auf die Skyline doch den Gang noch einmal dahin wert. Eine offene Grünfläche vor einem Museum gewährt den schönen Blick. Auf einem tonnenartigen Gegenstand (es könnte ein Mülleimer oder ein Schiffsanlegehalter sein) platziere ich meine Kamera für eine länger belichtete Aufnahme bei ISO 400, lege den Objektivdeckel unter das Objektiv, um etwas Höhenwinkel für das Foto zu gewinnen und löse per Handy aus. Dann geht doch auch noch eine freihändige Videosequenz, die EOS R5 ist ja so leistungsfähig. Es ist sehr hell für die Nacht, die Fotos haben Belichtungszeiten, die durch Bildstabilisierung noch freihand bei ca. ISO 1000 möglich sind. Ein paar Schritte mit Video der Skyline entgegen. Dann die Kamera wieder eingepackt. Der Objektivdeckel fehlt! Er ist nicht in den Taschen wo er sein müsste. Mein Kurzzeitgedächtnis ist offensichtlich durch die Eindrücke an diesem Ort so in den Hintergrund getreten, dass ich den Objektivdeckel als verloren abschreibe (natürlich in der Hoffnung, dass er doch noch in irgendeiner Tasche steckt). Nächstes Ziel ist die Space Needle, von dort wollen wir mit Monorail und One-Line zurück nach Angle Lake fahren. Zu Fuß zur Space-Needle ist es kein Problem, sie weist uns den Weg, kaum Gebäude die den Blick versperren (und natürlich die Strecke im Hotel vorher schon per WLAN in Google Maps „eingefangen“).

Auf dem Weg zur Space-Needle

Es ist klar genug, kein Regen mehr, und ich kaufe mir für 35$ ein Space-Needle-Ticket, um das Lichtermeer von Seattle von oben zu erleben. Und so komme ich doch noch auf die Space-Needle hoch, was gestern Abend ja völlig offen war, nachdem wir dort unten schon einmal waren. Das Geld ist es Wert: Bevor man zum Aufzug kommt geht es oberhalb des Gift-Shops durch eine Ausstellung über den Bau des Turms 1961. Man kann sich dort kostenlos fotografieren lassen, was ich nutze. Danach geht es wieder runter auf Höhe des Giftshops, von da aus geht es zum Aufzug nach oben. Das Gebäude wurde im Rahmen der Expo Weltausstellung 1962 errichtet, in einer Zeit als die Weltraumfahrt der USA begann. Die Kanzel des Turms ist einem Ufo nachempfunden. Deshalb gefällt sie mir vielleicht auch so gut?

Space Needle von unten

Blick von der Space-Needle auf das nächtliche Seattle

In der Space-Needle - Geschoss mit Glasboden

Der Aufzug erhebt sich, der Blick auf die Nachbargebäude wird frei und es geht 90 Grad nach oben. Ich sehe, wie sich die Lichter sich perspektivisch verschieben und immer mehr hervorkommen, ein Blick auf das Lichtermeer von Seattle, dann kommt die Decke und schon geht es in einen runden Raum, rundum mit schrägen Fenstern. Ein paar Stufen runter gibt es Glastüren auf einen weiteren Bereich mit noch einmal schrägen Glasfenstern. Aber die sind offen, zwischen den mindestens 2x2 Meter großen Fensterscheiben gibt es etwa 8-10 cm breite Schlitze durch die sich gut hindurch fotografieren lässt. Es sind Leute da, aber nicht viele. Durch die Lichtsituation bemerke ich nicht gleich, dass dieser vordere ringförmige Raum gar kein Raum ist, sondern nach oben offen. Kein Regen, kein Wind, nur ganz leicht merke ich ein Schwanken des Turmes beim Fotografieren durch die Schlitze.

Hell und dunkel wechseln sich unter mir ab. Die dunklen Flächen sind das Meer und die Seen. Eine unheimliche Leichtigkeit geht von diesem Ort aus, mitten über dem Lichtermeer von Seattle. Es soll einen Glasboden geben. Der ist ein Stockwerk tiefer, ich finde die Treppe und gehe hinunter, sehe dann dort auch den Exit-Aufzug nach unten. Auf den Glasboden möchte ich zunächst aber nicht. Doch als ich eine Videoaufnahme mache und sehe wie andere Leute da gehen mache ich das einfach auch. Tagsüber wäre es wohl schwieriger. Durch die Lichter wirkt ja alles recht künstlich.

Nach etwa 30 Minuten möchte ich Renate weiteres Warten im Giftshop ersparen und nehme den Aufzug nach unten, gegen 20:30 fahre ich noch einmal senkrecht durch das Lichtermeer, direkt in den Giftshop. Begeistert, vielleicht ein wenig abgespacet, ist mir nach einen T-Shirt zumute, aber ich finde keines bei dem mir das Motiv gefällt und das wäschemäßig gut handhabbar erscheint. Und ein Sweatshirt für 65$ gefällt mir für den Preis nicht gut genug.

Zurück geht es per Monorail und One-Line S-Bahn mit Umsteigen in Westlake. Der Ticketautomat der Monorail erkennt meine EC-Karte nicht und Bargeldeingabe gibt es anscheinend nicht. Meine Kreditkarte möchte ich hier nicht noch einmal einsetzen, um eine mögliche weitere falsche PIN-Eingabe zu vermeiden. Fatal wäre es, wenn der Automat die Kreditkarte einziehen würde (ich kenne die Regelungen zur Falscheingabe der PIN der Kreditkarte nicht, müsste ich mal meine Bank fragen). Eine Dame der Bahngesellschaft hilft, aber weder per Chip noch per NFC wird die EC-Karte an zwei verschiedenen Maschinen erkannt. Wir dürfen ohne Ticket passieren, sehr zuvorkommend. Wir bedanken uns und ich gab noch den Hinweis, dass es gestern funktioniert hatte.

Während der Zugfahrt nach Angle Lake steigt an der Stadion-Station eine Gruppe Sportfans ein. Die sitzen recht nah bei uns und haben laute Radiomusik an, alkoholisiert, groß und feist, aber ansonsten wohl friedlich. Wir ertragen die Situation, die auch ein Erlebnis ist. Kurz vor Erreichen des Hotels meine ich erkannt zu haben, wo der Objektivdeckel liegen geblieben ist, ich hatte ihn als Auflage für das Kameraobjektiv am Union Lake verwendet. Mein Gedanke ist: Der muss in Seattle bleiben, es ist viel zu aufwändig (zeitlich und finanziell) da wieder hinzukommen, ich müsste mir zu Hause einen neuen besorgen.

Da es bereits spät ist, mache ich zu diesem Tag nur kurze Notizen (die ich später zu komplettem Text ergänze), bis kurz vor 23 Uhr (deutsche Zeit kurz vor 8 Uhr am nächsten Tag) und gehe dann ins Bett.

Donnerstag, 28. September 2023

Wieder bin ich früh wach. Gegen 4:15 arbeite ich an diesem Bericht weiter und checke die Möglichkeiten für den heutigen Tag. Es steht die Abholung des Mietwagens an, der bei einer Autovermietung am Flughafen für 10 Uhr reserviert ist. Google Maps verrät mir, dass wir dahin mit einem Bus kommen, der ganz in der Nähe des Hotels abfährt. Mit dem Auto könnten wir einen Ort westlich von Seattle erreichen, so eine Idee von vor ein paar Tagen, von wo aus man die Skyline einschließlich Space-Needle gut sehen müsste, und der in nur etwa 20-30 Minuten per Auto erreichbar sein müsste. Den Objektivdeckel hatte ich eigentlich schon abgeschrieben, weil er mit öffentlichen Verkehrsmitteln und einer recht weit zu laufenden Strecke weit über eine Stunde pro Weg weit weg liegt. Doch wie weit wäre es mit dem Auto? Ich bin erstaunt als Google mir eine Zeit um die 20 Minuten anzeigt, von der Automietstation sogar nur 18 Minuten. Das ist zu verlockend und wäre würde ich machen wollen, den Skylineblick hatte ich ja schon gestern vom Museum aus gehabt. Das Gepäck würde im Hotel bleiben, und nach der Fahrt nach Seattle würden wir es dort wieder abholen. Es wird hell, wir frühstücken und unser Tagesplan sieht abgesprochen genauso wie erdacht aus.

Wir packen die Koffer, checken aus, geben die Koffer zur Aufbewahrung ab, fahren für 5$ mit dem Bus der Rapid-Linie A fünf oder sechs Stationen bis zur 160sten Straße. Über eine große Kreuzung geht es dann zu Fuß zur Mietwagenstation. Ein Weg den sicher die wenigsten nehmen, um an ihr Mietauto zu kommen. Wir holen das Auto bei Alamo ab. Alles ist sehr großzügig ausgelegt, zahlreiche Autovermietungsanbieter, viel Platz und ein riesiges Parkhaus. Auf der Parketage von Alamo angekommen dürfen wir uns ein Auto der vorbestellten Kategorie „Mid-Size SUV“ aussuchen, die Schlüssel sind im Auto. Das habe ich noch nicht erlebt. Einfach so im Parkhaus ein Auto aussuchen. Welches nehmen wir denn? Lieber nicht schwarz, wird zu heiß, aber entscheidend ist ja, dass der Kofferraum groß genug ist, wir haben ja 4 große Koffer dabei. Wir entscheiden uns für einen Ford mit Florida-Kennzeichen. Auch das ist gut, damit wir im Verkehr als Nicht-Einheimische erkannt werden können.

Wir beladen das Auto und ich sehe mir in Ruhe die Fahrzeugbedienung an. So ein großes Ding werde ich ja fahren können, habe schließlich vor langer Zeit während meiner Bundeswehrzeit einen LKW-Führerschein gemacht. Aber es stellt sich weniger schwierig heraus als gedacht, denn hier sind nicht nur die Autos größer, auch die Straßen scheinen es zu sein. Kein Problem damit in der Spur der Parkhausabfahrt zu bleiben. Google Maps war noch mit der Busroute belegt, und da ich offline bin muss ich die vorher angezeigte Route aus dem Gedächtnis abrufen. Ist ja auch nicht so schwierig: Es geht die Autobahn 5 in Richtung Norden nach Seattle. Tolle Blicke auf die Skyline, fünfspurige Autobahn in Richtung Hochhäuser, und dann durch einen entsprechend breiten Tunnel unter ihnen hindurch. Da der Blick so gut ist erkenne ich, dass wir ein wenig zu weit sind, als ich die Sendemasten westlich des Union Lakes sehe. Also die nächste Abfahrt raus und dann per Orientierung weiter. Trotz Baustellen klappt das gut. Es ist recht leer und ich kann mich sehr gut orientieren. Wir erreichen einen Parkplatz am See, wenige Gehminuten vom Ziel entfernt. Doch für 6$ einen Parkplatz für bis zu 3 Stunden zu nehmen finde ich nicht angemessen. Vor dem Museum gibt es ja einen, den habe ich auf Google ja gesehen. Also noch einmal los und nach ein paar Minuten Fahrt dort angekommen.

Kein Platz frei, aber kein Problem: ganz ans Ende des Parkplatzes gefahren und das Ziel ist etwa 200 Meter entfernt in Sichtweite. Renate geht hin, ich bin im Auto, für den Fall dass jemand den Platz braucht auf dem es steht. Sie kommt ohne Objektivdeckel zurück. Aber ich sehe auch noch einmal, ein Spurt in Richtung Abfalleimer, und da ist nichts zu sehen. Mal reinsehen, vielleicht liegt er ja drinnen? Ich warte noch einen Moment bis ein paar Benutzer des Behältnisses gehen, und dann mal sehen. Der Deckel geht ganz einfach ab. Der Müllbeutel darin ist ganz frisch, und der Müll sind hauptsächlich Papiertüten die außen sauber sind. Das Behältnis ist zwar schon zu etwa 80% gefüllt, doch ich arbeite mich bis zum Boden vor. Noch einmal hier und da was weggeschoben.

Und dann sehe ich tatsächlich das Zielobjekt am Boden liegen. Schwarzer Objektivdeckel auf schwarzem Müllbeutelgrund, wunderbar! Welch ein göttlich anmutendes Gefühl, wie sich Anspannung und aufkommender Stress in Freude und tiefe Erleichterung verwandeln. Ich kann mein Glück kaum fassen: erst „Sleepless in Seattle“, dann „Restless in Seattle“ und jetzt doch noch „Stressless in Seattle“. Ich jogge zurück. Da ich meine Kamera dabei habe schnell noch diesen Moment festgehalten mit ein paar Fotos.

„Restless in Seattle“: Objektivdeckel gerettet!

Der Mülleimer wurde wohl geleert während der Objektivdeckel oben drauf lag. Der muss beim Öffnen runtergefallen sein und dann in den fisch eingelegten Sack hereingeschmissen. Wie gut, dass er anscheinend vorher nicht auffiel und deshalb nicht in den alten vollen Sack hereingeschmissen wurde. Dann wäre er jetzt schon weg gewesen.

Erleichterung auch für Renate. Unsere Fahrt geht wieder über die Autobahn 5, unter der Skyline hindurch und am Flughafen vorbei. Am Hotel scheint die Sonne. Kurz aufs Klo gegangen, Koffer abgeholt, Google Maps mit der weiteren Route neu geladen, Auto bepackt, und die Fahrt geht weiter die Autobahn 5 entlang nach Süden. Mittagessen bei Mac Donald’s in Spanaway. Den habe gerade so noch auf der linken Seite gesehen und via U-Turn kommen wir hin.

Unser Ziel für den Nachmittag ist ein Besuch des Tierparks „Northwest Trek Wildlife Park“ nördlich von Eatonville. Die Zufahrt ist durch ein Waldgebiet, aus dem auch große Teile des Parks bestehen. Mit einer nagelneuen Tram (auf Rädern mit elektrischem Antrieb) geht es etwa eine dreiviertel Stunde auf asphaltierten Wegen durch den Park, der auch Wiesen und Blick auf Berge bietet. Mit dem netten Guide kommen wir bereits beim Warten vor Abfahrt ins Gespräch, genauso wie mit einer amerikanischen Familie die neben uns wartet. Hier scheint das alle etwas lockerer und offener zu sein als zu Hause. Zu sehen gibt es Bisons, Hirsche, Schneeziegen und Dickhornschafe. Elche liegen im Dunkeln und von denen sind fast nur die Ohren sichtbar. Fotostopps gibt es keine. Die Bilder mache ich während der Bewegung des Fahrzeugs. Wie sich später herausstellt sind viele Bilder leicht verwackelt oder nicht ganz scharf, da der Autofokus zu oft lieber den Grashalm im Vordergrund nimmt als das Tier dahinter. Nach der Fahrt zeigt uns die Frau aus der Familie noch den Weg zum Bärengehege, das uns Blick auf zwei Grizzlybären bietet. Auch Bieber, Lux, Puma und Waschbär bekommen wir zu sehen. Deren Platz scheint aber leider nur auf Zooniveau beschränkt, während die Tiere, die wir auf der Fahr gesehen haben, ein großes Gelände zur Bewegung zur Verfügung haben.

Bisons im Northwest Trek Wildlife Park

Dickhornschafe im Northwest Trek Wildlife Park

Hirsche im Northwest Trek Wildlife Park

Grizzlybär im Northwest Trek Wildlife Park

Eichhörnchen im Northwest Trek Wildlife Park

Puma im Northwest Trek Wildlife Park

Luchs im Northwest Trek Wildlife Park

Northwest Trek Wildlife Park

Unsere Fahrt geht weiter nach Eatonville, zum einkaufen. Ort und Markt sind kleiner als gedacht, es gibt nicht einmal große Wasserflaschen. Weiter fahren wir via Elbe und Morton nach Packwood. Die Strecke zieht sich doch recht lang hin. In der Dämmerung erreichen wir unser Ziel, die Cowlitz River Lodge in Packwood und checken ein, Zimmer 214. Unerwarteterweise gibt es kein Frühstück in der Lodge, sondern nur bei einer Bäckerei, einer Tankstelle oder einer Pizzagaststätte in der Nähe dafür eine Möglichkeit.

Wir beziehen unser Zimmer, und sind nun für sechs Übernachtungen hier. Nach dem Abendessen auf dem Zimmer habe ich nur Stichworte für diesen Bericht geschrieben, dann geht es schlafen.

Freitag, 29. September 2023

Wir werden erst mit Hellwerden wach. Nebel. Auf Google Maps sehen wir wo es Frühstück gibt. Wir entscheiden uns für das Pizza Restaurant „Cruiser’s Pizza“. Sehr freundliches Personal, tiefe weiche graue Sitzbänke aus Kunststoff. Zwischen den Rückenlehnen der Sitzbänke sind Scheiben angebracht, die so locker sind, dass sie beim Sich-Hinsetzen wackeln.

Zum Frühstück sind wir wenige hundert Meter per Auto gefahren, wegen anschließend geplanten Einkäufen, aber dann spazieren wir erst einmal im Ort herum: eine Mischung aus Westernstadt und Österreich. Sonne, frisch und blauer Himmel. Strahlend weiß ist der schneebedeckte Vulkangipfel des Mount Rainier an einigen Stellen des Ortes zu sehen. Wir kommen an einem historischen Hotel vorbei, das aber ganz neu zu sein scheint. Hätte ich das im Internet gefunden, hätte ich da vielleicht unsere Zimmer gebucht, es macht einen guten Eindruck. Ganz in der Nähe ein Campingplatz, und sogar ein Flugplatz wo gerade ein Hubschrauber abhebt. Dann geht es wieder zum Auto und mit dem einige Meter weiter zum Einkaufen in „Blanton’s Market“: Hier gibt es Wasserkanister und Proviant. Und danach noch einmal rein für heißes Hähnchenfleisch, das wir als Mittagessen für unterwegs wählen. Wir fahren zu einem Berghang und Tal nördlich von Packwood, an einem Fluss (dem Skate Creek) finden wir eine Campingbank nahe einer Brücke, wo wir Mittagessen. Nach dem Essen gehen wir einen Wanderweg am Fluss entlang bergab und dann wieder zurück zum Auto. Die Fahrt geht weiter in das nach Norden verlaufende Tal, das schöne Orte mit herbstlaubgefärbten Bäumen bietet. Wir kehren nach einer Weile um, entdecken dann einen märchenartigen Platz an dem Fluss, der das Tal bildet, Moose und gelb-rot-grüne Färbung des Laubes geben dem Ort eine ganz besondere Stimmung.


Breakfast in Packwood


Packwood


Am Skate Creek Trail


Märchenhafter Wald nördlich von Packwood

Dann kommen wir am Hotel vorbei, fahren nach links in Richtung Nationalpark, aber am Nationalpark vorbei in Richtung Westen: da steigen wir bei zwei Viewpoints aus: einmal Blick auf Lava-Kaskaden, und einmal Blick auf einen Wasserfall. An einem weiteren Aussichtspunkt, sehr viel weiter oben (auf der Strecke kann man nicht sicher umdrehen) wo der Mount Rainier zu sehen gewesen wäre, der aber war in Wolken) geht es zurück nach Packwood, Abendessen auf dem Zimmer, Fotos bearbeiten und Stichworte für diesen Bericht schreiben. Weitere Fotos vom 27.09. stelle ich online, bis nach 22:30 - der Jetlag verkriecht sich langsam.


Aussichtspunkt „Cascades Viewpoint“


Aussichtspunkt „Lava Falls Viewpoint“

Samstag, 30. September 2023

Sonnig, blauer Himmel und recht kalt ist dieser letzte Septembertag des Jahres, wohl nur wenige Grad über Null am Morgen. Jetzt erst einmal Renate verwöhnen und ihr einen Kaffee aus der Lobby ans Bett gebracht.

Cowlitz River Lodge in der Sonne

Zum Frühstück geht es diesmal dann zu Fuß. Wir gehen nicht in die Bäckerei wie zunächst gedacht, da ist die Frühstückszeit anscheinend schon vorbei, oder sie haben wirklich nur wenig im Angebot, aber bei „Cruiser’s Pizza“ wo wir gestern schon waren, bekommen wir ja noch bis 11 Uhr Frühstück, und so spät ist es noch nicht.

Nach dem Frühstück gibt es ein Selfie in der Sonne vor der Lodge, dann die Sachen gepackt, und unsere erste Fahrt in den Mount Rainier National Park geht los. Wir passieren ein hölzernes Gate zum Nationalpark, doch der eigentliche Eingang, an dem man nur mit Ticket weiterkommt ist noch einige Strecke weiter.


Hölzernes Gate zum Mount Rainier National Park

Dort, am Stevens Canyon Entrance kaufen wir für 30$ ein Ticket, gültig für 2 Tage. Falls es keinen Government Shutdown gibt ist es 7 Tage gültig. Es ist wieder spannend bei den Amerikanern: Können sich die Politiker auf ein Budget einigen, oder nicht. Die Frist läuft heute aus. Wenn nicht, dann müssen unter anderem alle Nationalparks schließen. Gut, dass wir zumindest am morgigen Sonntag aber laut der jungen Dame am Ticketschalter noch hereinkommen können. Was das wohl für unseren in etwa einer Woche geplanten Besuch im Crater Lake Nationalpark bedeutet? – Wir haben in der Lodge innerhalb des Parks gebucht. Für Montag, den 2. Oktober, ist Regen angesagt, da würden wir wohl ohnehin nicht in den Nationalpark fahren, also sehe ich die Situation für unseren Besuch dieses Nationalparks sehr entspannt. Die Dame am Gate sagt uns auch noch, dass die Straße nach Paradise Baustellen mit einstreifiger Verkehrsführung hat.

Wir fahren durch den Wald bergauf. An einem Aussichtpunkt auf der linken Seite halten wir nicht, obwohl dort ein gigantisch schöner Panoramablick auf den weißen Berg vor blauem Himmel lockt. Es wäre aber möglich gewesen, weil keine durchgezogene Linie uns vom Haltepunkt trennt. Wir sind schon vorbeigefahren und behalten uns diesen Punkt für morgen im Hinterkopf.

Über weite Strecken hat die Straße neuen Asphalt bekommen, es gibt noch keine Markierung. An einer Stelle regelt eine Ampel den einspurigen Verkehr, an einer anderen Stelle werden wir von Baustellenpersonal durchgelotst. Doch vorher steigen wir bei Box Canyon aus und genießen unseren ersten schönen Blick auf den Berg. Ein kleiner Spazierweg öffnet den Blick auf den strahlend weißen Gipfel des Mount Rainier. Blauer Himmel, bunte Blätter, Sonnenschein!


Blick auf den Mount Rainier von Box Canyon aus

Zweimal müssen wir wegen einspuriger Verkehrsführung warten, aber „es gibt schlechtere Plätze“ für einen Stau.


Stau im Mount Rainier Nationalpark


Baumschatten an Schnee im Mount Rainier Nationalpark


Sonne zwischen Bäumen

Auf dem Weg auf die Passhöhe “Paradise“ steigen wir an einigen Viewpoints aus, und ich fotografiere. Unter andrem die Sonne durch Wolken gefiltert zwischen Bäumen. In Paradise ist der Haupt-Parkplatz wegen Überfüllung gesperrt (ein Schild auf der Straße weist darauf hin). Wir werden zu einem tiefer gelegenen Parkplatz geleitet, und ganz am Ende der kurvigen Strecke finden wir einen. Es hat sich zugezogen, Paradise steckt in Wolken.

Wir laufen mit Wanderstöcken hoch, und anstatt in die Natur zu gehen stellen uns an die Schlange für Mittagessen im Visitor Center an. Sicherheitshalber mal die Masken auf, dann aber setzen wir uns raus in den Nebel und verspeisen leckere Stücke Käsepizza. Kleine Flitzer, Chipmunks, haben es auf Speisereste abgesehen. Es ist sehr voll, internationales Publikum mit Kindern, viele Inder und Chinesen. Zu Fuß geht es dann mit den Massen durch den Nebel zu einem Wasserfall namens „Myrtle Falls“. Da sind so viele Leute, dass man für den Blick auf den Wasserfall warten muss bis er frei ist.

Myrtle Falls

Dann geht es noch etwas weiter über eine kleine Holzbrücke oberhalb des Wasserfalls. Hier ist es deutlich leerer, es geht langsam aufwärts im Nebel, Schneereste in den Wiesen. Wir drehen dann aber um und gehen zurück zum Auto, den Panoramablick oberhalb von Paradise gibt es heute für uns nicht. Lieber weiter unten „Clear Skies“ genießen als im Paradies von Wolken verhüllt zu sein.

Schnee und Nebel oberhalb von Paradise


Paradise im Nebel

Wir laufen zum Auto, fahren dann wieder bergab, zurück Richtung Steven Canyon Entrance. Etwas weiter unten gibt es einen tollen Blick (oberhalb von Narada Falls) auf helle Berge in der Ferne, unterhalb der Wolkendecke hindurch. Hier tummeln sich die Fotografen, und den Kameras nach zu urteilen geht es hier um hoch qualitative Ausrüstungen. Es ist nur lokale Bewölkung am Mount Rainier, die Paradise umhüllt, die aber diesen grandiosen Blick ins Licht ermöglicht.


Blick ins Licht oberhalb von Narada Falls

Noch weiter unten gibt es noch einmal einen schönen Blick auf den Berg, der über den Wolken in der Sonne liegt, die Wolken sind nur am südlichen Rand bei Paradise. Unsere Fahrt bergab geht in Richtung Osten ins Tal. Es wird immer dunkler zwischen den Bäumen, die Sonne steht schon tief.

In Packwood tanken wir dann für 50$ per EC-Karte (man muss den Betrag vorher angeben, das hat zufällig gerade gereicht zum Volltanken) und dann gehen wir aufs Zimmer, Abendessen. Ich schreibe wieder Bericht und bearbeite Fotos, erlebe so noch einmal die Ereignisse von vor ein paar Tagen.

Sonntag, 1. Oktober 2023

Vor dem Frühstück noch ein kleiner Spaziergang durch den sonnendurchfluteten Ort. Am südlichen Ortsrand, wo wir gestern schon einmal waren, sehe ich vor den Bergen ein paar Nebelschwaden, die mich locken dort noch einmal hinzugehen.


Nebelschwaden am Ortsrand von Packwood

Auf dem Weg sehen wir ein Toilettenhäuschen mit dem coolen Spruch „When you gotta go… go with Goebel!“ Wirklich einfallsreich wie der Sanitärservice dargestellt ist! Dieser Spruch bringt uns noch lange immer wieder zum Schmunzeln.


„When you gotta go… go with Goebel!“

Und dann die zweite Fahrt zum Mount Rainier National Park, diesmal halten wir an dem Aussichtspunkt mit Blick auf den weißen Berg und bleiben da eine Weile. Es ist hier weniger los als gestern, zeitweise ganz ruhig. Wunderschön, wie der schneeweiße Gipfel am blauen Himmel leuchtet. Ein amerikanisches Pärchen bittet uns um ein Foto, das ich gerne mache, und dann frage ich sie, ob sie auch eines von uns machen können, wie einfach und nett man sich gegenseitig helfen kann.


Aussichtspunkt mit grandiosem Blick auf dem Mount Rainier

Dann geht es wieder durch die Baustellen – übrigens wurde heute der Haltebereich am Box Canyon neu asphaltiert. Wie gut, dass wir gestern dort schon waren. Wir steigen an den Reflection Lakes aus, finden einen der wenigen freien Parkplätze. Mittagessen im Auto auf dem Parkplatz mit Blick auf den weißen Berg, welch ein Ausblick! Auch wenn es um uns herum belebt ist, im Auto ist man gut für sich und hat trotzdem den schönen Blick nach vorne.


Reflection Lakes und Mount Rainier


Seitengipfel am Mount Rainier

Sonne hinter Bäumen

Gipfel des Mount Rainier

Dann gehen wir den Pinnacle Peak Trail, zuvor ein kleines Stück Wanderweg am flachen Seeufer entlang. Idee ist, den Trail ein Stück hoch zu laufen, um vielleicht ein paar schöne Blicke auf den Mount Rainer zwischen Bäumen zu bekommen, und den ein oder anderen schönen Sitzplatz am Wegesrand. Unsere kleine Wanderung auf dem Pinnacle Peak Trail geht dann aber sogar bis ca. 60% der Strecke. Am Beginn des Weges kommt uns ein amerikanisches Pärchen entgegen, bemerkt wir seinen ja gut ausgerüstet (mit unseren Schuhen und Wanderstöcken), am Ende des Trails (dort ist ein Joch) gäbe es tolle Ausblicke bis zum Mount Adams. Das reizt mich natürlich sehr, ist ja vielleicht noch schöner als der Paradise-Panoramapunkt. Paradise ist wieder in Wolken, aber hier ist es klar. Wir gehen durch wunderschönen Wald der Sonne entgegen. Ich mache viele Fotos und Videoaufnahmen, so wunderschön ist der Weg.


Geröllfeld am Pinnacle Peak Trail

Aussicht Richtung Paradise am Pinnacle Peak Trail

Pinnacle Peak Trail

Doch meine Erkenntnis ist, auch wenn es schwerfällt: „Verzicht ist auch eine Tugend“ und wir versuchen nicht bis zum Joch zu gehen, sondern drehen bei etwa 60% der Wegstrecke um. Wir sitzen noch lange an einem Geröllfeld, genießen noch ein paar Meter weiter einen Blick ins Tal, und dann geht es zurück, denn ausreichen müssen Kraft und Zeit für uns beide, für Hin- und Rückweg. Unten angekommen sitzen wir noch im Auto und ich habe eine Zeitrafferaufnahme des von Wolken weitgehend verdeckten Gipfels mit der Action-Cam laufen, die ich dann auf einem Viewpoint weiter unten noch einmal durch eine zweite Zeitraffersequenz des Berges ergänze. Die Fahrt geht dann weiter nach unten, zum Hotel. Noch in der Helligkeit kommen wir an.


Wolken am Mount Rainier

Wir gehen ins Zimmer, da geht das Licht nicht. In der Lobby fragen wir nach, wie lange der Stromausfall wohl etwa dauern würde. Dies sei nicht bekannt, der Strom sei seit 16:30 schon weg. Die Dame in der Lobby gibt uns eine Taschenlampe und bietet uns eine kostenlose Stornierung des Zimmers an, Strom gäbe es ab Morton. Aber wir nehmen die Challenge an und bleiben da.

Rehe kommen ans Haus, scheinen näher zu kommen als bisher. Könnte es etwas unheimlich sein, dass die Tiere naherücken sobald die Zivilisation eine Schwäche zeigt?  Abendessen mit Taschenlampen (wir haben auch 2 Kurbeltaschenlampen mit) auf dem Zimmer. Dann ist die Dämmerung fast vorbei und wir gehen in den Ort. Den Blackout möchte ich fotografieren. Nur die Tankstelle und ein Verkaufsstand erstrahlen im Licht. Laut der Dame an der Lobby habe die Tankstelle ein Notstromaggregat. Dies ist offensichtlich besser als in Deutschland geregelt, eine extreme Schwachstelle, wenn die Stromversorgung an dieser Stelle nicht durch ein Backup gesichert ist! Die Tankstelle erstrahlt knallhell im Dunklen. Natürlich leuchten auch die vorbeifahrenden Autos, aber die Geschäfte sind dunkel und geschlossen.


Tankstelle im Licht während des Blackouts in Packwood

Blackout in Packwood

Dann gehen wir wieder aufs Zimmer. Natürlich gibt es auch kein Internet (WLAN), und wenn es morgen nicht wieder Strom gäbe, würde ja auch kein Frühstück angeboten werden. Hat da jemand den drohenden Government-Shutdown zu wörtlich genommen? Blackout in Packwood! Noch sind wir recht entspannt, doch wenn es länger andauern würde, würde es immer ungemütlicher.

Pling, gegen 20:30 ist der Strom wieder da, alles ist plötzlich wieder normal. Internetverbindung. Wir sehen auf dem Tablet die Tagesschau (wie gestern) und ich lade die Akkus für meine Geräte. Dann schreibe ich den Bericht des Tages in Rohschrift, schreibe den Bericht vom 29.09. in Reinschrift und stelle ihn online, und verarbeite weitere Bilder. In der Tageschau erfahren wir, dass der Government-Shutdown durch eine Einigung im letzten Moment abgewendet wurde. Motto des Tages: Blackout statt Shutdown.

Montag, 2. Oktober 2023

Regentag. Vor dem Fenster kommt eine kleine Herde Rehe vorbei.


Rehe in Packwood

Wir laufen zum Frühstück an die inzwischen angestammte Lokation „Cruiser’s Pizza“. Nach dem Frühstück finden wir gegenüber wir einen Visitor Center, und der ist auch geöffnet. Sehen wir mal rein (eigentlich wollten wir zu dem Shop nebenan). Auf die Frage nach lokalen Wanderwegen am Ort entwickelt sich ein nettes Gespräch mit der Mitarbeiterin des Visitor Centers, die mal ein paar Jahre als Ranger im Mount Rainier Nationalpark gearbeitet hatte. Hier finde ich ein T-Shirt von Packwood mit grauem Hirschsymbol für 20$. Und wir bekommen den Tipp für einen Wanderweg am Silver Falls in der Nähe des Nationalpark-Eingangs. Den nehmen wir uns für morgen vor, denn dann soll das Wetter wieder besser sein.

Der Shop nebenan ist geschlossen, und wir gehen zum Hotel zurück. Wir probieren mal den Wäscheservice aus und geben unsere weiße Wäsche in den Waschautomaten. Vier 25-Cent-Münzen sind gefragt. Ein Beutelchen Waschpulver bekommen wir für 75 Cent in der Lobby. Während die Waschmaschine läuft sitzen wir in der warmen Lobby und mit dem Laptop dabei erlebe ich wieder die Zeit von vor ein paar Tagen. Wir holen die Wäsche aus der Waschmaschine und bestücken den Wäschetrockner, hierfür sind nur drei 25-Cent-Münzen einzustecken.

Dann geht es mit dem Auto zum Markt einkaufen, einschließlich warmen Hähnchenteilen und gewürzten Kartoffelspalten, die wir gleich im Auto auf dem verregneten Parkplatz zu uns nehmen.


Regen in Packwood

Auf dem Zimmer hole ich Zeit auf und erstelle Bericht und Fotos bis zum 30. September, nur unterbrochen durch zwei Checks beim Wäschetrockner, der immer noch läuft. Nach dem zweiten Mal frage ich in der Lobby nach und erfahre, dass der normalerweise nach ca. 45 Minuten fertig ist, die doppelte Zeit ist sicher schon vergangen. Man könne ihn dann einfach aufmachen und die Wäsche herausholen. Das geht aber doch effizienter, was den Energieverbrauch angeht (ein kleiner Hinweis am Wäschetrockner wie und wann man ihn ausschaltet hätte gereicht).

Gegen 19 Uhr wieder Abendessen auf dem Zimmer und die Tageschau auf dem Tablet, und dann geht der Tag für mich weiter mit Bildern und Berichten bis 02.10. seinem Ende entgegen.

Dienstag, 3. Oktober 2023

Die Nacht über hat es weiter geregnet, es ist noch bedeckt und feucht als wir zum Frühstück gehen. Auf gestrige Empfehlung der Dame im Packwood Visitor Center fahren wir den Silver Falls Trail an in der Nähe des Parkeingangs an. Geparkt wird an einem fast leeren Campingplatz in einem feuchten Wald aus hohen Nadelbäumen. Dieser Wald ist ganz besonders schön. Hohe kräftige Nadelbäume, üppige Vegetation aber dennoch Blicke durch die schlanken Baumstämme hindurch auf die grünen Bodenpflanzen. Es geht einen Fluss entlang talaufwärts, aber der Weg hat nur wenig Steigung, geht mal etwas hoch, mal etwas runter.

Zwei Kameras bringe ich hier zum Einsatz, die GoPro 7 Action-Cam und die Canon EOS R5 in Foto- und Videomodus. Da ja auch eine Videodokumentation dieser Reise entstehen soll spreche ich heute mal ein paar Sequenzen auf. Da gibt es dann auch mal solche Szenen, dass ich die Action-Cam auf dem Gorillapod an den Wegrand stelle, sie einschalte, zurück gehe und dann mit Renate zusammen an der Kamera vorbeilaufe. Nur letztere Sequenz würde später in dem Film erscheinen, so die Idee.

Nach etwas über einer Stunde erreichen wir Silver Falls. Ein schöner Blick, Macht es Wassers, zahlreiche Baumstämme liegen rechts neben dem Wasserfall.


Silver Falls

Dann geht es über eine Brücke und auf der anderen Seite des Flusses talabwärts wieder zurück. Teilweise verläuft der Weg hinter kleinen Hügeln im Wald, sodass das Wasserrauschen schwindet und eine wunderbare Stille uns umgibt.


Stiller Wald bei Silver Falls

Zurück am Auto gibt es erst einmal verspätetes Mittagessen, es ist schon etwa 14:30. Auf dem Parkplatz im tiefen dunklen Wald ist dies ein ganz anderer Standort für das Mittagessen mit Ausblick als vorgestern am Reflection Lake mit Blick auf den schneeweißen Gipfel.

Gegen 15:30 ist noch genug Zeit die Straße Nr. 123 weiter bergauf in Richtung des Chinook Passes zu fahren. In einer Höhe ab ca. 1000m gibt es mehr Bäume als ich erwartet hatte. Es lockert auf, in der Sonne strahlen gelblich rot gefärbte Blätter und das tiefe Grün der Tannen. Felswände und Nebelschwaden. Das letzte Stück der Straße zum Pass schlängelt sich in Serpentinen durch eine Felswand, ist aber in sehr gutem Zustand und sicher zu befahren.


Straße zum Chinook Pass


Bunte Farben unterhalb des Chinook Pass

Wie schön, dass wir hier hochgekommen sind, ein ganz anderes Wetter als im Tal. Die Sonne wärmt, auch wenn die Luft deutlich kühler ist als auf dem Weg zu Silver Falls.

Wir fahren über den Chinook Pass hinweg. Da oben ist es kalt, Wind. Aber von einem Aussichtspunkt in das östlich verlaufende Tal hinein gibt es auch einen Blick in südwestliche Richtung zur tief stehenden Sonne, die durch Nebelschwaden gefiltert zwischen schmalen Nadelbäumen steht. Ein gespenstisch mystisches Bild, auch in der Bewegung der Nebelschwaden. Im Videomodus verirrt sich der Autofokus in dieser Lichtsituation immer wieder, ich stelle auf manuell.


Sonne hinter Wolken zwischen schmalen Nadelbäumen am Chinook Pass

Bäume oberhalb des Chinook Pass


Tipsoo Lake

Dann fahren wir ein Stück zurück auf die sonnige Seite des Passes, und hinter dem Steuer wärmt sich das dunkle Armaturenbrett noch richtig schön auf. Hier lasse ich die Action-Cam wieder eine Zeitrafferaufnahme machen, während ich immer wieder mit der anderen Kamera Fotos und Videos mache, von der Sonne, die sich immer näher an den weißen Gipfel des Mount Rainier heranmacht. Ein weiterer grandioser Anblick starker Kontraste und knackigen Lichts.


Sonne am wolkenverhangenen Mount Rainier

Sonne hinter dem Mount Rainier

Nachdem die Sonne hinter dem Berg verschwunden ist, genießen wir noch hinter der Windschutzscheibe den schönen Anblick und fahren dann wieder nach unten, durch die Wolkenschwaden ins Tal, durch den dunklen Wald, und schließlich zu unserem Hotel, der Cowlitz River Lodge in Packwood. Auf dem Zimmer noch einmal Abendessen, Tagesschau, die Grobplanung des morgigen Tages, und für mich geht mit Schreiben dieses Berichtes (und Bearbeiten von Bildern) ein weiterer herrlicher Tag zu Ende.

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Am Abreisetag aus Packwood erleben wir noch einmal das inzwischen gewohnte Frühstück im „Cruiser’s Pizza“. Unsere Sachen zusammengeräumt, die Koffer ins Auto verstaut und ausgecheckt geht die Fahrt aus Packwood heraus in Richtung Westen. Renate fährt den ersten Teil der heutigen Strecke nach Astoria. Es geht aus den Bergen heraus ans Meer. Doch bereits in der Nähe des nicht allzu weit entfernten Riffe Lake sehen wir ein Hinweisschild auf einen Park, und dann noch eines. Hier entschließen wir uns doch abzubiegen, wissend dass der See in der Nähe ist. Die Straße führt über eine weite Feuchtwiese, Wald, an einem Campingplatz vorbei zu einem weiteren. Dort drehen wir um, halten kurz oberhalb des Riffe Lake. Der See ist zwischen Bäume hindurch zu sehen. Wir steuern den Campingplatz etwas weiter unten an, der ist näher am See. Da finden wir einen Parkplatz und gehen zu Fuß an dem fast leerem Campingplatz vorbei zum See. Dieser hat deutlich wenig Wasser, das Ufer liegt trocken, Baumstämme sind waagerecht unterhalb der ehemaligen Wasseroberkante platziert, ansonsten besteht das Ufer aus großen Kieselsteinen. Erst etwa 10 Meter unterhalb der Uferkante gibt es einen flachen weichen Sand- oder Matschboden.


Sonne über dem Riffe Lake

Auf einem flachen breiten Baumstamm platzieren wir uns zum Mittagessen, die Action-Cam nimmt auf, damit wir es später zu Hause noch einmal erleben können. Ein Adler fliegt vorbei und setzt sich auf einen Zweig eines hoch über dem Ufer stehenden Laubbaums. Nach dem Essen gehe ich mit meinem 100-500mm Teleobjektiv los. Während ich mich nähere mache ich bereits Fotos, er könnte ja jeden Moment wegfliegen.

Dann setzt er zum Sprung an, fliegt ein paar Meter genau in meine Richtung, und dreht dann seine Runden am tiefblauen Himmel. Ich habe ihn bei 500mm gut im Blick, und er mich mit seinen Adleraugen sicher auch. Bei 1/2000s Belichtungszeit gelingen ein paar schöne Aufnahmen. Das amerikanische Wappentier breitet seine Flügel über mir aus.


Weißkopf-Seeadler

Die Fotos sind schön scharf geworden und ich gehe voller Freude zu Renate zurück, die ist erst kaum zu sehen, so gut getarnt und och schon ein ganzes Stück weg, so schnell hat man in diesem weiten Land Entfernungen zurückgelegt, ohne es zu merken. Wir gehen dann auf dem Sand spazieren, Renate entdeckt zwei „Bachstelzen“, die ich aber eher als Schnepfen bezeichnen würde. Ein weiteres Fotomotiv. Zwei Gleitschirmflieger sind von einem nahen Gipfel abgehoben. Als wir zum Auto zurück gehen landen sie auf einer nahen Wiese. Gekonnt lässt sich der zweite aus vielleicht 10 Meter Höhe fast senkrecht gleitend hinab zum Boden.


Vögel am Riffe Lake

Nun geht es weiter Richtung nach Astoria, ein kurzer Orientierungshalt in Longview, dann nehmen wir die Brücke über dem Columbia River vom Bundesstaat Washington in den Bundesstaat Oregon. Gleich danach am Hang halten wir an einem Aussichtspunkt. Gegenüber sehen wir Industriegebiete liegen. Bei genauem Hinsehen erkennt man zahlreiche Baumstämme, die sich in einem Logistik-Prozess befinden. Bereits am Riffe Lake sind uns die großen mit Baumstämmen beladenen Trucks sowie Rodungsgebiete aufgefallen, und wir fragten uns, in der Hoffnung dass es so sei, ob die Bewirtschaftung so nachhaltig ist, dass der Wald genug Zeit hat immer wieder nachzuwachsen. Das könnte der Fall sein, denn es waren am Riffe Kake auch Gebiete mit jungem Wald zu sehen.


Blick auf den Columbia River und Industriegebiete bei Longview

Es geht weiter westwärts bis Astoria. Nach dem Tanken ist dort ist unser Hotel das Lloyd Hotel Astoria Bayfront am westlichen Ende des Ortes. Eingecheckt, Koffer auf unser Zimmer mit der Nummer 219, und dann zeitlich zufällig passend einen Spaziergang zum Sonnenuntergang: Ein Weg hinter dem Hotel geht direkt an der Küste entlang. Auf der anderen Seite des Weges sind Schiffe zu sehen, da liegt der Hafen. Doch beim Weitergehen stellt sich heraus: Die Schiffe sind ja gar nicht im Wasser, sondern auf einem Parkplatz aufgebaut, muss wohl eine Art Schiffsmuseum sein. Hinter den Schiffen ist die hohe Brücke über den Columbia River zu sehen. Die Sonne geht über einem flachen Streifen Land, das gegenüber eines Meeresarms liegt, unter. Wir erleben Astoria und die Mündung des Columbia Rivers in Dämmerungsfarben. Eine weitere Brücke geht über ein Stück Meeresarm neben dem Hotel los. Schöne Abendstimmung. Die Luft ist voller Meeresgeruch.


Hafen von Astoria bei Sonnenuntergang


Sonnenuntergang in Astoria

Das Hotel ist nah, ich kann mich ohne aufs Zimmer zu gehen übers Tablet ins Hotel-WLAN einloggen und auf Google Maps nach Restaurants im Ort sehen. Unsere Entscheidung für das Abendessen geht zugunsten eines Mexikaners (EL Tapatio) nahe der großen Brücke aus. Wir fahren mit dem Auto dorthin, das Hotel liegt in einem Industriegebiet und da läuft man abends nicht so gerne. Ein Parkplatz vor dem Restaurant ist frei, und den nehmen wir.

Lloyd Hotel Astoria Bayfront


Brücke von Astoria in der Abenddämmerung hinter mexikanischem Restaurant „El Tapatio“

Wir versuchen die Karte entziffern (spanisches und kulinarisches Know-How sind bei uns eher schwach ausgeprägt). Mit Hilfe der Kellnerin bekommen wir weitere Klarheit, und das ganze wird durch ein unerwartet leckeres Essen belohnt: Wir haben jeder eine Art große Ravioli mit Fleischfüllung, Bohnensoße und Reis.

Zurück zum Hotel, versorge ich erst einmal die Akkus zum Laden mit Steckdosen, lade Fotos und Videos auf den Laptop herunter und mache Notizen für den heutigen Bericht. Dann geht es ins Bett, denn Schlaf ist jetzt etwas mehr angesagt, nachdem die letzte Nacht durch schlechten Schlaf kurz geraten war.

Donnerstag, 5. Oktober 2023

Heute ist unser Frühstück wieder bequem, direkt in dem Hotel in dem wir übernachtet haben. Der 5. Oktober 2023 ist ein weiterer sonniger Tag für uns. Nach dem Frühstück checken wir gleich aus, denn die Fahrt geht heute weiter, mit dem Ziel Lincoln City. Zunächst geht es aber an eine Landzunge südliche der Columbia River Mündung namens Jetty. Renate fährt heute wieder den ersten Teil der Strecke, so kann ich auch wieder während der Fahrt Videoaufnahmen machen. Vorher habe ich noch Google Maps im Hotel über WLAN geladen und die Route für heute berechnen lassen.

An einem Parkplatz am Jetty Observation Tower (eine Aussichtsterrasse die aber abgeschlossen ist) steigen wir aus, es geht etwas durch Dünengras nach oben und der Blick reicht dann knapp über den Damm auf den Pazifik. Das größte Meer der Welt und die Westküste der USA liegen unter der Sonne direkt vor uns, ein wunderschöner Anblick. Hier auf dem Damm bleiben wir erst einmal. Nach einer Weile merke ich wieviele Tiere es hier gibt. Zuerst sehe ich einen Schwarm Möwen, der in recht gro0er Höhe umherkreist und sich zeitweise direkt vor dem Mond herbewegt. Da bin ich natürlich mit 500mm Brennweite dabei auf der Jagd nach der „Möwe im Mond“. Aber auch im Wasser gibt es einige zu sehen. Immer wieder mal tauchen Seehunde auf, und Vögel ziehen über das Wasser, unter anderem eine Vierer-Formation von Pelikanen. Solch eine Vielfalt an Blicken hätte ich nicht erwartet, es ist fantastisch.


Pazifikküste westlich von Astoria


Pelikan und Schiff


Möwen am Mond


Möwe im Mond


Pelikane

Wir fahren dann einen weiteren Parkplatz auf der Seite der Flussmündung an, da ist aber der direkte Blick auf den Fluss und die Stadt Astoria hinter Bauzäunen verborgen. Es wird viel gebaut an der nordwestlichsten Ecke von Oregon. Aber ein Weg führt nach Süden und dann an Strand und Sandbänken am Ufer der Binnenseite des Meeres entlang Richtung Osten und ermöglicht nach einigen hundert Metern bei Jetty Sands doch noch den Blick auf Astoria, die Brücke über den Columbia River und sogar den Mount Saint Helens (den ich vorort für den Mount Rainier halte, aber nach Überprüfung in Google Maps eigentlich nur der Mount Saint Helens sein kann) in der Ferne.


Jetty Sands nordwestlich von Astoria


Blick auf den Mount Saint Helens in der Ferne, im Vordergrund die Brücke über den Columbia River bei Astoria


Blick auf Astoria


Fernblick bei Jetty Sands nordwestlich von Astoria

Ein paar Fotos und Videobilder gemacht, und es geht zurück zum Auto. Jetzt fahren wir direkt in Richtung Süden, mehr oder weniger an der Pazifikküste entlang. Kaum auf der Strecke ist schon die Mittagszeit erreicht, und als wir einen Mac Donald’s erblicken ist die Entscheidung schnell getroffen. Vom Parkplatz zum Eingang des Restaurants geblickt hat sich der tief am Taghimmel stehende Mond daneben platziert, das ist natürlich ein Foto wert und lädt ein für mehr. Natürlich gehen wir rein zum Essen, und ich sogar mit Action-Cam für die Dokumentation (zumindest für die private), sozusagen mit dem Mond als potentielles Alibi. Wie hieß es schon vor 10 Jahren zur Bermuda-Sonnenfinsternis „Man muss schon ein bisschen verrückt sein…“.


Mond neben dem Eingang von Mac Donald’s in Seaside

Weiter geht es, meist der Straße 101 entlang, nach Süden. Wir halten an zwei Aussichtpunkten mit Blick auf die Küste oder große Felsen im Meer davor.

Blick auf die Pazifikküste

Auf Google Maps fiel mir ein Stück Strand an einer Bucht auf, der nach einem kurzen Weg durch einen Wald von einem Parkplatz aus gut erreichbar sein sollte. Wir halten auf diesem Parkplatz und gehen in den Wald. An den Waldwegen stehen teilweise riesige Nadelbäume (Doulgasien?), mit mehreren Metern Stammdurchmesser, beeindruckend. Schließlich erreichen wir den Strand „Short Sand Beach“, überqueren barfuß dort noch eine Bachmündung mit großen Kieselsteinen. Der Südrand des Strands liegt noch im Schatten etwas oberhalb gelegener Bäume, da setzen wir uns hin. Ein Gang am Rand des Meeres, in herrlich frischem Wasser ist sehr angenehm, brauner Sand. Wir sind dann noch etwas am Rand des Strands mit Felsen, bis ca. 16:15, bevor es wieder in Richtung Auto geht. Es dauert ein wenig bis die Füße trocken und von Sand befreit sind. Noch ein Blick zurück durch die mächtigen Stämme der Bäume am Waldrand zum Strand, die Sonne glänzt, Gegenlicht. Wieder ein schönes Erlebnis.


Pazifik am Short Sand Beach


Zweige vor der Sonne bei Short Sand Beach


Baumstämme im Gegenlicht am Short Sand Beach

Zurück sind wir auf einen anderen Weg gekommen, kommen auch auf einem anderen Parkplatz raus, gehen dann aber ein kleines Stück Straße entlang und erreichen unser Auto. Die weitere Fahrt nach Lincoln City übernehme ich, zieht sich dann auch durch landwirtschaftlich geprägtes Gebiet, in der Region von Tillamook riecht es immer wieder scharf: Gülle oder Sümpfe, auf jeden Fall wäre es nicht schön dem ständig ausgesetzt zu sein. Dann geht es wieder weiter der Küste entlang.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir einen Aussichtspunkt mit Blick auf einen kleinen See (Daley Lake) und den Pazifik. Da halten wir und erleben den Sonnenuntergang. Durch das 500mm Tele verfolge ich die ständigen Verformungen der Sonne am Horizont, Reflektionen durch unterschiedlich temperierte Luftschichten über dem kalten Wasser. Es geht los mit einem, „doppelten Sonnenuntergang“, den ich als Foto festhalte. Dann lasse ich etwa 6 Minuten lang Video mitlaufen, bis die Sonne ganz hinter dem Wasser verschwunden ist.


Blick auf die Pazifikküste


Sonnenuntergang über dem Pazifik und dem Daley Lake


„Doppelter Sonnenuntergang“ über dem Pazifik

Lincoln City erreichen wir in der Abenddämmerung. Wir checken im Pelican Shores Inn ein, haben noch einen Blick auf die Dämmerung über dem Meer aus der Rezeption heraus. Hier fühlen wir uns gleich wohl. Wir haben vor ein paar Tagen ein kostenloses Upgrade des Hotels auf eine Suite bekommen, da das ursprüngliche Zimmer angeblich Baustelle ist. Wir bekommen Zimmer 333 (lustig, in Seattle in der Residence Inn hatten wir das Zimmer 111). Abendessen im Wohnzimmer, an einem eigenen Tisch. Dieser Ort scheint wie die Fahrt nach Süden auf der Stadtautobahn von Seattle am 28. September wieder so ein „magischer“ zu sein, der mir ungewöhnlich vertraut vorkommt, obwohl ich hier noch nie war. Gespräche mit Renate über Erlebnisse aus den 1970er Jahren: Die weite Vergangenheit ist mir auf einmal ungewöhnlich klar und nah. Später fotografiere ich vom Balkon aus Sterne über dem Meer, die Akkus sind wieder zum Laden angeschlossen. Fotos runterladen und Bericht in Grobform schreiben (damit er erst einmal aus dem Gedächtnis heraus gesichert ist) sind wieder meine abschließenden Aktivitäten eines weiteren wunderschönen Tages ganz im Westen von Amerika.


Nacht am Pazifik in Lincoln City

Milchstraße im Sternbild Schütze (Sagittarius) über dem Pazifik


Sternbilder über dem Pazifik: Großer Wagen, Bootes und nördliche Krone

Freitag, 6. Oktober 2023

Nach dem Aufwachen gleich ein Blick auf den Ozean. Frühstück, schon wieder mit Blick auf den Ozean. Dann wieder im Zimmer, und weiterhin Blick auf den Ozean. Und dann bin ich gegen das Fliegengitter gelaufen: Die Fenstertür war auf, aber die Fliegengittertür war zu. Das Gitter war aus dem Rahmen gesprungen, ich bekomme es nicht wieder herein und sage an der Rezeption Bescheid. Später kommt ein junger Mann und setzt es ruck zuck wieder ein, alles wieder in Ordnung. Heute wollen wir es ruhig angehen lassen und die schöne Lage unseres Zimmers genießen. Ich schreibe wieder, den Bericht in Reinschrift für den 5.10. und den Anfang des 6.10.. Dann habe ich Wäsche aufgehängt, die Renate mit mobilem Wasch-Equipment gewaschen hat.

Zum Mittagessen gibt es Pizza, individuell zusammengestellt im „Figaro’s Pizza“, sehr nette Verkäuferin, die die Pizza auch für uns backt. „Small“ gibt es gar nicht, wir nehmen die kleinste Pizzagröße „Medium“ und den Rest für morgen noch mit. Sehr lecker, aber über 20$ sind wir auch hier los. Einkaufen im „Safeway“-Supermarkt nebenan, dann sind unsere Proviant Vorräte wieder gut aufgefüllt.

Zurück in Hotelzimmer ist die Sonne bis zu unserem Westbalkon vorgedrungen und die Wäsche trocken. Es ist hochsommerlich. WetterOnline zeigt 30 Grad an, wolkenlos, Blick auf Meer und Strand, vor ein paar Tagen im Nationalpark waren wir schon Schnee begegnet. Einen Moment dieses Nachmittags mit der Action-Cam festgehalten. Und den Feldstecher ausgepackt und Vögel am Meer und die Brandung verfolgt, doch auf Dauer wird es zu heiß und sonnig. Ich gehe rein in das Wohnzimmer, und notiere mir schon mal die bisherigen Ereignisse dieses Tages. Noch ein wenig Mittagsruhe, und nach einem Banana Cake und ein paar verarbeiteten Bildern geht es zu zweit an den Strand.


Pelikane über den Wellen des Pazifiks

Die Sonne steht schon recht tief und brennt nicht mehr so. Badehose an und runter zum Strand, nur eine Treppe vom Hotel hinab und das große Meer ist vor uns: „Mehr Meer geht nicht“. Rein in den Pazifik, aber nur an den Rand der Brandung, die Strömung und Höhe der Wellen sind enorm. Schön kalt, ein paar Schwimmbewegungen in flachem Wasser und dann geht es erfrischt wieder raus. Kurz geduscht und dann geht die Sonne unter. Wie gestern ist sie noch ein paar Minuten lang zu sehen, nachdem sie längst untergegangen ist, die Lichtstrahlen finden durch die Brechung an den kalten Luftschichten über dem Wasser erstaunlich lange immer wieder einen Weg für ein Fünkchen. Auch nachdem die Sonne schon weg war, meldet sie sich kurz noch mal wieder. Dieses Phänomen habe ich gestern und heute hier am Pazifik erstmals beobachtet.


Tür zum Strand


Pelican Shores Inn in Lincoln City

Sonnenuntergang über dem Pazifik

Abenddämmerung über dem Pazifik

Wir genießen noch die warme Abenddämmerung auf dem Balkon sitzend, dann gibt es Abendessen, die Tagesschau auf dem Tablet und noch ein paar gemeinsame Blicke auf Google Maps für die Strecke des nächsten Tages. Dann wieder der übliche Abschluss mit dem Bericht des Tages.

Samstag, 7. Oktober 2023

Noch eine Woche bis zur Sonnenfinsternis. Die Halbzeit der Reise ist heute erreicht. Wir holen uns das Frühstück auf das Zimmer, was in diesem Hotel eine Option ist. Wir genießen noch einmal den Blick auf den weiten Ozean. Aber heute geht es weiter in Richtung Crater Lake National Park, in zwei Tagen, mit Übernachtung in Sutherlin, etwa auf halber Strecke. Packen, auschecken und Renate fährt wieder den ersten Teil des Weges. Einen schönen Aussichtspunkt südlich von Lincoln City verpasse ich, aber nicht den Leuchtturm nördlich von Newport. Auf einer Landzunge namens Yaquina Head müsste es sicher einen schönen Ausblick geben. Es kommt etwas anders. Wir biegen dort ab und weiter geht es nur durch ein Ticket Gate. 7$ sind für die Weiterfahrt fällig, der Ort ist angepriesen als „Outstanding Natural Area“. Dann muss doch etwas Besonderes da sein. Wir bezahlen, fahren rein bis zum Parkplatz beim „Interpretation Center“ und gehen in das Gebäude. Drinnen eine Ausstellung zur Geschichte des Leuchtturms und der Natur drum herum, sehr schön dargestellt, mit historischen Gegenständen und den Hinweis auf das diesjährige 150-jährge Jubiläum des Leuchtturms, der schon solange in Betrieb ist.

Als wir rausgehen um den Weg zum Leuchtturm zu laufen ist Nebel aufgezogen. Keine Aussicht. Der Leuchtturm ist vielleicht mal aus erst 100 Metern Entfernung zu sehen. Die Wasservögel und Robben an den benachbarten Felsen sind gerade noch zu erkennen, mit Fernglas aber doch noch ganz gut zu sehen, auch im 500mm Teleobjektiv.


Yaquina Head Leuchtturm im Nebel


Seevögel und Robben am Yaquina Head

Zurück zum Auto erst einmal eine kleine Portion Proviant gegessen (Rest Pizza von gestern), es ist schon Mittagszeit. Dann geht die Fahrt weiter die Küste entlang nach Süden. Aussichtspunkte sind ihrer Funktion beraubt, Nebel. Der ist aber meist nur direkt an der Küste, an einigen Stellen ist es plötzlich sonnig, aber die sind in der Minderheit. So kommen wir gut voran. Schön, dass wir auf der Fahrt nach Lincoln City schon so viele schöne Blicke hatten.


Tsunami-Warnschild an der Nebelgrenze

In Florence gibt es noch einmal eine Essenspause am Nachmittag, es gibt einen Burger King Burger. Auf dem Parkplatz vor dem Lokal dann Fahrerwechsel.

Google Maps hatte mir am Morgen nicht mehr die geplante Route nach Sutherlin angezeigt, so musste ich diese durch Setzen eines Zwischenstopps wiedergewinnen. Als Zwischenstopp wählte ich einen Parkplatz in einem Dünengebiet südlich von Florence. Als wir den erreichen, möchte ich da auch halten. Ein Weg führt in den Wald. Wir gehen den ein Stück bis zu einer Lichtung mit Dünenhang, Fotostopp und dann gehen wir wieder zurück.

Lichtung mit Dünenhang

Dann geht es noch ein paar Meilen weiter nach Süden, bis wir die Straße 101 verlassen und in Reedsport auf die 38 Richtung Osten abbiegen. An einem Elk Viewing Point halten wir, eine Hirschherde in der Ferne ist von hier aus zu beobachten. Die Sonne scheint, im Westen ist noch der Nebel an der Küste zu sehen. Dann geht es geht einen schönen Fluss (Umpqua River) entlang, der Wald reicht bis an sein Ufer, die Schnellstraße folgt den meisten Weg seinen Biegungen. Kaum Fotomöglichkeiten. Dann weitet sich die Landschaft, schöne Wald- und Wiesenlandschaft bei schon tiefer stehender Sonne. Mir fällt plötzlich auf: Hier ist es ganz leer, zeitweise sind wir ganz alleine auf der Straße unterwegs. Der Ort Elkton wirkt wie ausgestorben, am späten Samstagnachmittag.


Sonne über dem küstennahen Nebel am Dean Creek Elk Viewpoint


Hirschherde am Dean Creek Elk Viewing Point

Zum Sonnenuntergang erreichen wir unser Hotel, das Best Western Hartford Lodge in Sutherlin. Als wir zum Eingang in die Lobby gehen verschwindet die Sonne in Baumwipfeln eines Hügels am Ende eines nach Westen offenen breiten Tals. Wir checken ein, Zimmer 202, im zweiten Stock und bringen unser Gepäck hoch. Es ist sommerlich warm, sicher noch weit über 20 Grad. Unterhalb von unserem Zimmer gibt es ein paar Sitzplätze auf Höhe der Autos, neben dem Parkplatz. Da genießen wir unser Abendessen, ein Sommerabend im Herbst in Amerika. Alles sehr sauber und neu, auch die Autos, Pickups und Co., unter den beleuchteten Pylonen von Best Western, Mac Donald’s, Cevron, Burger King, um einige zu nennen.


Best Western Hartford Lodge in Sutherlin mit Blick auf benachbarte Pylone

Eine hausgroße amerikanische Fahne weht (dass der Wind das überhaupt schafft) in der Nähe, von unserem Platz aus hinter Bäumen verdeckt, aber morgen muss ich mir die mal ansehen. So große Fahnen scheint es nur in USA zu geben, zumindest habe ich Fahnen dieser Größe noch nicht in anderen Ländern gesehen. Zum Abschluss des Tages aber erst einmal die abendliche Prozedur: die IT mit Strom gefüttert und den Bericht des Tages festgehalten.

Sonntag, 8. Oktober 2023

Etwas Nebel am Morgen hat sich schnell verzogen. Wir frühstücken im gut besuchten Frühstücksraum unseres Hotels in Sutherlin, checken aus nachdem wir unsere Sachen gepackt und ins Auto geladen haben. Renate fährt wieder den ersten Teil der Strecke – langsam bildet sich eine gewisse Reise Routine heraus.

Zunächst muss das Auto vollgetankt werden, denn in der Nähe von Crater Lake gibt es keine Tankstellen. Das gleiche gilt für Läden, in denen wir Proviant kaufen können. Also bei der nahe gelegenen Chevron-Tankstelle per Kreditkarte getankt (die bietet auch einen Blick auf die gestern schon gesehene große USA-Fahne), und dann einen Supermarkt gesucht. Wir finden einen. Der hat alles auf unserer Liste, nur kein frisches Obst und Gemüse. Das finden wir auch in einem anderen Markt in Sutherlin nicht.


Tanken an der Chevron Tankstelle in Sutherlin, mit Blick auf eine große USA-Fahne

Also fahren wir los. Im letzten Moment hat Google Maps mir noch eine andere Route untergeschoben. Die geht jetzt nicht direkt nach Osten, sondern erst ein Stück nach Süden über Roseburg. Das ist OK, denn vielleicht würden wir dort noch einen Supermarkt finden für Bananen und Gurke. Es geht ein Stück den Highway 5 nach Süden, wir landen in der Innenstadt von Roseburg. Die wirkt sehr sauber und schön gemacht, mit renovierten Altbauten vielleicht 120 bis 150 Jahre alt. Es ist leer und ruhig, nur ein paar Obdachlose auf der Straße. Es ist Sonntagmittag. Wir sind schon so aus dem Alltag heraus, dass wir erst ein wenig nachdenken müssen, um darauf zu kommen, dass Sonntag ist.


In Roseburg

Es geht weiter nach Osten auf die Straße 138. In einem der nächsten Orte, Glide, brennt ein Südhang nicht weit des Ortes. Meterhohe Flammen, in einem Bereich von vielleicht 50 Metern, eine steile dunkle Rauchsäule hat sich gebildet. Im weiteren Verlauf der Straße durchfahren wir große Gebiete abgebrannter Bäume.


Brandwolke bei Glide


Abgebrannte Wälder auf dem Weg zum Crater Lake National Park

So etwas hatten wir schon 2017 im Yellowstone Nationalpark gesehen, doch hier sind die Flächen viel größer. Zwar nicht durchgängig, aber immer wieder, bis in den Crater Lake Nationalpark hinein. Mittagspause machen wir in einem Wald, Picknick-Tische und Bänke ganz in der Nähe eines Flusses, an einem Ort namens Horseshoe Raft Site. Hier ist es total ruhig, schön sommerlich warm, die Sonne scheint zwischen den Bäumen hindurch, aber wir haben genug Schatten, damit es nicht zu heiß ist. Zwischen den Bäumen ist auch die noch recht dicke Mondsichel zu sehen, noch 6 Tage bis zur Sonnenfinsternis. Später machen wir noch eine kurze Pause an einem schönen kleinen Stausee, dem Toketee Lake, im Tal. Dann geht es immer weiter bergauf, bis wir schließlich den Crater Lake Nationalpark durch sein Nordtor erreichen. Wie schon im Mount Rainier Nationalpark kostet auch hier das Ticket 30$, gültig für 7 Tage.

Wir kommen an eine große freie Fläche, eine kleine Wüste (Pumice Desert) im Wald. Tolle Blicke, hier muss gut Sternegucken sein. Und immer wieder Hinweisschilder auf Schneemobile. Der Park ist schon für den Winter vorbereitet. Den krassen Gegensatz muss ich dokumentieren: Es gibt ein Foto von mir im T-Shirt an einem Hinweisschild auf Schneemobile.


Kleine Wüste (Pumice Desert) im Crater Lake Nationalpark


Hinweisschild auf Schneemobile

Es geht weiter bergauf, eine erneute Freifläche mit Blick, dann noch ein Stück und hier ist bereits der Kraterrand. Wir parken und gehen hoch, bis die Bergkette gegenüber erscheint und dann der See vor uns liegt, wunderschön und beeindruckend. Diese Reise ist schon vom Feinsten, und bisher hatten wir so ein Glück mit dem Wetter!


Blick auf den Crater Lake

Ostrand des Crater Lake

Mount Thielsen

Berge im Süden des Crater Lake National Parks

Wizard Island im Crater Lake

Wir fahren weiter, an einem noch höheren Punkt gibt es noch einmal einen Blick auf den See, dann fahren wir zur Crater Lake Lodge, checken ein, Zimmer 403, mit Blick auf den See. Zum ersten Mal auf dieser Reise ein an Größe nicht zu üppiges Zimmer, aber ausreichend, eher europäischen Maßstäben entsprechend.

Wir sehen uns ein wenig in und um der Lodge herum um. Von der Terrasse vor dem Restaurant gibt es Blick auf den See nach Sonnenuntergang, mit aufsteigendem Erdschatten.

Erdschatten über dem Crater Lake

Wir essen aber auf dem Zimmer, und ich gehe dann noch einmal mit Kamera und Stativ los, Sterne über dem See fotografieren. Als ich zur Lodge herausgehe strahlt mir die Sommermilchstraße entgegen, nur wenige Momente benötigen meine Augen für die Adaption. Unglaublich! So einen tollen Sternenhimmel habe ich seit 2010 auf den Malediven nicht mehr gesehen.

Und mit der Canon EOS R5 habe ich so gute Möglichkeiten wie nie zuvor Sterne am dunklen Himmel aufzunehmen. Manuell belichtete Videos (1/8s f1,4) der Sterne dokumentieren ihr funkeln. Jupiter ist aufgegangen und wirft eine Reflektion in den See, die Plejaden stehen über dem Kraterrand. Und der große Wagen tief am Horizont. Alles schöne Astro-Motive.

Sterne über der Crater Lake Lodge


Milchstraße über dem Crater Lake Nationalpark (nach Süden)

Großer Wagen über der Crater Lake Lodge


Zentrum der Milchstraße über Bäumen


Jupiter und Plejaden über dem Crater Lake


Milchstraße über dem Crater Lake (nach Norden)


Großer Wagen über dem Crater Lake Nationalpark

Doch auch heute Abend braucht meine IT wieder neuen Akkustrom und der Bericht von heute findet Niederschlag in seinem Word-Dokument, das als Grundlage für die Kopie in das CMS für meine Eclipseland-Website ist.

Montag, 9. Oktober 2023

In der Nacht sind Wolken aufgezogen, sie sind aber noch recht hoch, sodass der komplette See aus dem Fenster unseres Zimmers noch zu sehen ist. Im Südosten Richtung Klamath Falls / Lakeview gibt es Aufhellungen, scheint eine Art Föhn zu sein. Wir haben beide schlecht geschlafen, Pause ist für heute angesagt. Meine Aktivitäten heute Vormittag beschränken sich auf das Frühstück und einen Spaziergang in der Nähe der Lodge. Regen, Wolken, kurz dünne Wolken mit Sonne. Der Spaziergang in Richtung Westen, ich peile den Giftshop an, in der Hoffnung dort vielleicht ein Eclipse T-Shirt zu finden. Dabei erst einmal ein ausführlicher Fotostopp am Sinnott Memorial Overview, einer überdachten Aussichtsplattform auf einem Felsvorsprung am Kraterrand. Hier sieht man wie steil, tief und rutschig der Kraterrand beschaffen ist.


Wolken über dem Crater Lake


Wolken über Wizard Island


Kraterrand am Crater Lake, vom Sinnott Memorial Overview aus


Crater Lake Lodge am Kraterrand


Blick über den Süden des Crater Lake Nationalparks: Wolkenlücken in Richtung Klamath Falls / Lakeview

Im Giftshop werde ich gleich fündig, während es draußen regnet. Es gibt Eclipse-T-Shirts, ein schönes Motiv mit dem Crater Lake und dem Datum im amerikanischen Datumsformat 10.14.2023. Zusammen mit einer Broschüre von Fred und Pat Espenak ist das mein Eclipse-Shopping für diese Sonnenfinsternis-Reise. Da das WLAN bis hierher reicht noch ein kleines Update in die Eclipse WhatsApp Gruppe gegeben, und anschließend auf dem Zimmer diesen „Meilenstein“ per Video kommentiert.


Eclipse T-Shirt gefunden

Wir bleiben auf dem Zimmer, draußen setzt kräftiger Regen ein. Ich studiere die Parklektüre, die uns gestern am Eingang des Parks mitgeben wurde, es gibt einige Möglichkeiten für morgen oder übermorgen, auch wenn bedeckt ist oder mal etwas regnet. Mit diesem Bericht (einschließlich Bildern) komme ich  bis zum Abend auf den neuesten Stand. Bereits heute Morgen ab 3:15 war ich ein paar Stunden wach und habe diese genutzt für die Bildbearbeitung.

Dienstag, 10. Oktober 2023

Wieder eine Nacht schlecht geschlafen, auf einem Vulkan schläft es sich wohl nicht so gut? Oder liegt es an der Höhe von über 2100m? An der permanent rauschenden Klimaanlage im Zimmer, oder doch am Wetter?


Schnee an der Crater Lake Lodge

Wie auch immer: Während des Frühstücks fliegt der Schnee waagerecht an den Fenstern vorbei: ein kurzer Schneesturm. Es hatte schon vorher geschneit, aber ist nicht ganz liegen geblieben, Schneematsch. Trotz schlechtem Wetter nehmen wir uns gut eingepackt einen Spaziergang zum Giftshop vor, nun regnet es. Die Action-Cam ist in Aktion dabei, so unterschiedliches Wetter auf einer einzigen Reise habe ich noch nicht erlebt. Renate wird im Giftshop fündig, ein kleiner Teppich und ein Lesezeichen als künftige Erinnerung an diese Tage kommen mit uns. Bei klarem Wetter gäbe es auf dem Weg Blicke auf den See, aber nicht jetzt. Während ich ein Foto von einem Baum mit Schnee mache huscht ein Tier durchs Bild. Ich habe es gerade noch drauf, ein brauner Marder.


Marder in Schnee und Nebel am Crater Lake

Dann sind wir wieder im Zimmer, unsere Sachen sind nass und hängen zum Trocknen. Zwischenzeitlich gibt es mal einen kurzen Blick auf den See, aber schnell zieht es wieder zu, aber die Tendenz zu besserem Wetter ist da. Am Nachmittag wollen wir noch einmal losfahren, in der Hoffnung im Nationalpark noch etwas zu sehen.

Beim Mittagessen erzähle ich Renate von meinen konkreter werdenden Plänen was die Sonnenfinsternisbeobachtung betrifft: 4 Tage vor der Sonnenfinsternis sind die Aussichten unverändert ungünstig, demnach bringt eine Kaltfront breitflächig Wolken ins Land. Große Teile der Zentralzone im Westen der USA sind davon betroffen. Wetteronline zeigt noch den Ort „Winnemucca“ in Nevada am Samstagvormittag als wolkenlos an. Die Zentrallinie verläuft etwas nördlich davon, Fahrtzeit von Lakeview dorthin wären mindestens 3 Stunden. Das wäre noch machbar, bei Abfahrt gegen 4 Uhr morgens. Heute Nacht hatte ich die schlaflose Zeit genutzt, um 3 weitere Optionen östlich von Lakeview bis zur Grenze zwischen Oregon und Nevada zu evaluieren und mir Screenshots der ersten 5 Optionen (2 in der Nähe von Lakeview hatte ich mir zu Hause schon rausgesucht) zu machen. Zwei oder drei weitere Optionen in Nevada würde ich ggf. in Betracht ziehen. Über die Solar Eclipse Mailing-Liste und Facebook erhalte ich Links, unter anderem auf die Seite windy.com, über die man sich 5 verschiedene Wettermodelle, auch als Wolkenvorschau ansehen kann. Drei davon reichen bereits bis zum 14.10. 9 Uhr. Auf allen dreien scheint sich ein wolkenärmeres Gebiet in der Nähe von Lakeview herauszubilden, wobei andere Gebiete bis weit nach Nevada hinein schlechter aussehen. Es bleibt also noch alles offen.

Dann verbringen wir noch etwas Zeit und sitzen in der gut besuchten Lobby (wir finden noch zwei Plätze auf einem Sofa). Die ist wie ein großes Wohnzimmer, die Wände sind mit Holz verkleidet, mit Rinde, richtig urig, und ein großer Kamin, der aber nicht an ist.

Die Hoffnung auf besseres Wetter am Nachmittag zerschlägt sich, denn der kräftige Regen geht entgegen wiederholter Vorhersagen von Wetteronline immer weiter, ein kleines Niederschlagsgebiet scheint sich hier regelrecht festzubeißen. Irgendwann gehen wir aufs Zimmer, und nach 18 Uhr dann doch noch einmal raus, einen asphaltierten Weg am Kraterrand entlang. Starker Wind weht herüber, in den Krater hinein. Die Wolken haben den Blick auf die Oberfläche des Sees freigegeben. Auf ihr ist zu erkennen wie der Wind von oben auf das Wasser bläst und dunklere Strukturen bildet. Ansonsten hängen die Wolken so tief, dass der gegenüberlegende Kraterrand nicht zu sehen ist. Naturgewalten sind hier am Werk. Wir gehen wieder aufs Zimmer, zu Abendessen und Tagesschau auf dem Tablet.

Crater Lake Lodge


Crater Lake im Wind und unter Wolken

Mittwoch, 11. Oktober 2023

Endlich normal geschlafen. Nachts hat es draußen geschneit. Diesmal richtig, es liegt eine geschlossene Schneedecke, etwa 10-15cm hoch. Da ich vermute, dass der Schnee tagsüber wegtaut, bin ich noch vor dem Frühstück draußen unterwegs, ausgerüstet mit Winterkleidung, unter anderem mit meiner Ohrenklappenmütze, die ich mir 2011 in Lappland gekauft hatte. Kameraseitig sind meine GoPro 7 Action-Cam, die EOS R5 und mein Fairphone 3+ dabei.

Ich verlasse die Lodge zur Haustür, mit Kraft kommt mir der schneeflockengefüllte Wind entgegen. Ich gehe den Weg östlich der Lodge, wo ich noch vor ein paar Tagen die Lodge unter Sternen fotografiert hatte und denke an Weihnachten, wobei mir dann auch gleich einfällt, dass es an Weihnachten, zumindest in Dreieich, meistens nicht so aussieht.

Der See ist nicht zu sehen, dafür die schneebedeckten Nadelbäume, eine beeindruckende Winterlandschaft. Fotos und Videosequenzen, ein paar Selfies, und dann wieder rein.


Schnee am Crater Lake


Baum im Schnee am Rand des Crater Lake Krater


Crater Lake Lodge im Schnee


Schnee am Crater Lake


Selfie: Blick in den Schnee


Blick aus der Crater Lake Lodge in den Schnee

Frühstück. Zweiter Gang in den Schnee, mit Renate zum Auto. Das erstmal vom Schnee befreit. Es steht gut, denn der Kofferraum steht im Windschatten, anderenfalls wäre das Auto schnell voll mit Schnee geweht worden. Wir ziehen unsere Wanderschuhe an, Wanderstöcke mit, und los geht es in Richtung Giftshop und dann zurück zur Lodge. Durch den starken Schneefall sieht man nicht weit und es kommt einem vor wie mitten in der Wildnis. Die ist zwar rundherum ganz nah, aber die Wege die wir laufen sind unter dem Schnee asphaltiert, und Steinwände trennen sie vom steilen Abhang des Kraterrands.

Im Giftshop lege ich mir noch einen speziellen Kopfschal „Buff“ zu, den ich gestern schon gesehen hatte. Dem Wetter entsprechend wird er heute gekauft. Ich denke an die totale Sonnenfinsternis am 30. März 2033 in Nord- und Westalaska. Ob ich hierfür schon gut ausgerüstet wäre?


Unterwegs im Schnee, am Giftshop des Crater Lake Nationalparks


Blick aus dem Giftshop des Crater Lake Nationalparks


Verschneite Bäume im Crater Lake National Park


Verschneite Bäumspitzen im Crater Lake National Park


Vereiste Zweige im Crater Lake National Park


Giftshop (Geschenkeladen) des Crater Lake Nationalparks


Baumgesicht im Crater Lake Nationalpark


Viewpoint Closed - Aussichtspunkt geschlossen


Schneefall in den Crater Lake

Zurück auf dem Zimmer gibt es erst einmal Proviant-Mittagessen, dann kümmere ich mich um Bilder und IT, und um diesen Bericht. Am frühen Abend noch ein kurzer Spaziergang südlich und östlich der Lodge, es hat den ganzen Tag geschneit, ist jetzt so um null Grad.


Crater Lake Lodge (Südseite)

Für den morgigen 12. Oktober ist tendenziell besseres Wetter vorausgesagt: Wetteronline.de sagt Sonne, windy.com sagt Wolken, ab Mittag auch mal Sonne. Mal sehen wie es kommt. Der Tag endet wie üblich mit Tagesschau und Proviant-Abendessen auf dem Zimmer.

Donnerstag, 12. Oktober 2023

Als ich in der Nacht mal kurz wach werde werfe ich einen Blick aus dem Fenster, und der See ist zu sehen, auch ein paar Wolken, aber auch Sterne! Ein paar Aufnahmen durchs Fenster probiert, und nach ein paar Versuchen passen Fokus, Belichtungszeit und Ausblendung von Reflektionen. Automatisch geht bei der Dunkelheit gar nichts mehr, auch nicht bei der R5.


Schnee in der Nacht am Crater Lake

Und nach Sonnenaufgang kommt dann die ganze Winterschönheit zum Vorschein. Wetteronline hatte diesmal mehr Recht als Windy.com. Ein paar wenige tiefe Wolken an einigen Bergen, aber ansonsten blauer Himmel. Ein gemeinsamer Spaziergang noch vor dem Frühstück im Winter-Wunderland, und in der Sonne ist es gar nicht so kalt, herrlich! Vorher noch ans Auto. Das ist vereist, Eis über dem Florida Nummernschild! Aber die elektrische Klappenöffnung hinten funktioniert, die Klappe geht auf. Nur etwa 20 Minuten ist dann für den Spaziergang Zeit, dann Frühstück, Auschecken und Koffer (bereits am Morgen zusammengepackt) ins Auto, und auf zum zweiten Winterspaziergang. Noch einmal zum Giftshop. Diesmal mit vollem Blick auf die winterliche Schönheit des Crater Lake. Einige Schulklassen sind hier, Crater Lake als Ziel für einen Schulausflug ist sicher auch nicht schlecht.


Winter-Wunderland am Crater Lake

Wir holen uns ein warmes Mittagessen in dem Restaurant, das im gleichen Gebäude wie der Giftshop ist, und essen im Auto, mit weitem Blick nach Süden Richtung Klamath Falls. Nach dem Essen habe ich die Hände im Schnee gewaschen. Dabei ist ein Schneeball entstanden, den ich noch etwas abrunde und als „Mond“ für die Schaffung eines kleinen Eclipse-Bildes im Schnee verwende.

Eclipse-Bild im Schnee

Bevor wir in Richtung Süden fahren, geht es noch zu zwei Zielen im Nationalpark: dem Sun Notch, einem Rundweg zu Aussichtspunkten am Kraterrand mit Blick auf eine felsige Insel im See namens „Phantom Ship“ und einem Vulkan in der Ferne (Mount Thielsen) und dem Kerr Notch, wo es einen erneuten Blick auf die Insel gibt und wohlriechende Nadelbäume, die eine schöne Waldstimmung verbreiten.


Blick von Sun Notch auf „Phantom Ship“


Blick von Sun Notch auf den Crater Lake und den Mount Thielsen

Hier liegt kein Schnee! Das habe ich vorhin schon gesehen, nämlich dass der Ostrand des Sees schneefrei ist, wahrscheinlich hat es dort eher nicht oder weniger geschneit, als dass es da schneller weggetaut wäre. Ein Hinweis auf die lokale Unterschliedlichkeit der Niederschläge. Auch an Wolken und Wolkenlöchern gibt es diese lokalen Wetter-Unterschiede. Der Berg östlich der Lodge (Garfield Peak) hat heute bei Ostwind eine Wolke um seinen Gipfel herum, und daneben ein mehr oder weniger großes wolkenfreies Gebiet etwas südwestlich davon. Dieser Effekt ist Beachtung bei der Planung der Sonnenfinsternisbeobachtung wert, denn alle Wettermodelle sagen auch zwei Tage vor dem Ereignis den Einzug von Wolkengebieten voraus, bei einer südlichen Strömung, aber auch wolkenarme und wolkenfreie Gebiete in den Regionen Klamath Falls und Lakeview. Zwei Tage vor Sonnenfinsternis sind die Modellergebnisse natürlich noch unterschiedlich, eine klare Aussage wahrscheinlich auch bis am frühen Morgen des 14.10. nicht da. Somit kommt es auch auf meine Einschätzung der lokalen Auswirkungen der Berge auf die Wolken an, die abhängig von der Windrichtung sind.  

Nach Besuch der beiden Aussichtspunkte fahren wir aus dem Crater Lake Nationalpark heraus, halten mit Fahrerwechsel (Renate übernimmt) noch einmal an einem Viewpoint nördlich von Fort Klamath, der Blick auf die noch schneebedeckten Berge des Kraterrands gibt. Eine Schautafel zeigt eine Simulation, wie der Vulkan Mount Mazama ausgesehen haben könnte bevor er vor ca. 7700 Jahren explodiert ist und sich der Crater Lake gebildet hatte. Hier sind riesige ebene Weideflächen für Rinder, begrenzt durch bewaldete Berge. Eine schöne Gegend mit Weitsicht. Die schon tief stehende Sonne scheint von Westen, einige Laubbäume zeigen eine schöne gelbe Färbung.


Blick auf die Berge am Kraterrand des Crater Lake mit einer Simulation des Mount Mazama

Wir passieren zwei Hinweisschilder auf ein „Eclipse-Fest“, das am 12.10. schon beginnt, mit manueller Verkehrsregelung. Hier versammeln sich Camper. Dann geht es am Upper Klamath Lake entlang (in der Ferne ist ein eindrucksvoller Vulkan (Mount Shasta) zu sehen) durch den weitläufigen Ort Klamath Falls, der so viele freie Flächen enthält, dass es kaum einen städtischen Eindruck gibt. Hier zweigt die Straße 140 in Richtung Lakeview ab. Diese erschließt das Gebiet zwischen Lakeview und Winnemucca, das ich mir für die Sonnenfinsternisbeobachtung ausgesucht habe, das "Eclisepland" am 14.10.2023


Spitze des Mount Shasta in der Ferne hinter dem Upper Klamath Lake


Grünes Licht in Richtung eclipseland: Abbiegen in Klamath Falls auf die Straße 140 Richtung Lakeview / Winnemucca

Einige Kilometer ab vom Weg liegt ein Ort namens Bonanza, den wir wegen der gleichnamigen Fernsehserie, die wir beide aus den 1970er Jahren kennen, besuchen wollen. Außer dem Namen des Ortes gibt es hier aber nicht viel, alles ist recht leer und weitläufig. Aber ein Selfie am Ortseingang muss sein.


Selfie: Am Ortseingang von Bonanza

Erneuter Fahrerwechsel und es geht weiter, in die Dunkelheit hinein nach Osten, in ein noch weniger besiedeltes Gebiet, bis wir Lakeview erreichen, im Fremont Inn einchecken, Zimmer 111 (wie ein Seattle), und dann gleich zum Abendessen, es ist schon nach 20 Uhr. Ein Mexikaner um die Ecke und „Pizza-Villa“ im Ort haben bereits geschlossen, sind noch am Zählen ihrer Dollars. Aber „Burger Queen“ hat noch auf, hier kehren wir ein. Cordon Bleu steht auf der Karte, endlich mal etwas anderes?! Was ich bekomme ist aber ein Burger mit einem Stück paniertem Schnitzel drin. Naja, ist eben Burger Queen. Aber wir fühlen uns gut aufgehoben, alles sehr sauber, nette Bedienung an der Kasse.

Hier scheinen die Autos noch größer zu sein. Unser gemietetes Midsize-SUV wäre uns für den täglichen Bedarf zu Hause ja schon zu groß, aber hier wirkt es auf dem Hotelparkplatz wie ein Zwerg zwischen den mächtigen Pickups und XXL-SUVs, oder wie auch immer man diese großen Maschinen bezeichnet.

Am Abend wieder die Akkus geladen und den Tagesbericht geschrieben. Morgen ist Eclipse-Site Scouting in der Region angesagt.

Freitag, 13. Oktober 2023

Vor Hellwerden werde ich wach und erblicke die Venus aus dem Zimmerfester heraus knapp über einem nahen Hügel. Später zum Sonnenaufgang einige leichte Wolken die von der Sonne angestrahlt werden.


Venus im Sternbild Löwe in Lakeview

Zum Frühstück gibt es zwar keine große Auswahl, dafür aber einen großzügigen Frühstücksraum mit hoher tageslicht-durchlässigen Decke. Nach dem Frühstück zeigt sich draußen blauer Himmel, nur ein paar Schleierwolken.

Gute Stromversorgung im Fremont Inn in Lakeview

9:20, noch 24 Stunden bis zur Ringförmigkeit, ich gehe vor das Hotel und fotografeire es unter der Sonne, und dokumentiere ein paar Gedanken per Action-Cam. Die meisten Wettermodelle zeigen heute Morgen deutlich bessere Aussichten für morgen, die Stimmung steigt, das Eclipse-Fieber erwacht langsam.


Sonne über dem Hotel Fremont Inn in Lakeview, 24 Stunden vor Ringförmigkeit


Zimmer frei („Vacancy“) vor dem Eclipse-Tag im Fremont Inn in Lakeview

Ortsschild von Lakeview

Dann geht es tanken, einkaufen und los geht das Eclipsesite-Scouting: Fünf Orte in der Nähe hatte ich mir zuvor über Google Maps und Xavier Jubier’s Eclipse-Tool herausgesucht und mir Screenshots gemacht, die ich jetzt auf Tablet mit dabeihabe. Zuerst fahren wir Ort 1 an, etwas südlich der Zentrallinie gelegen, Crooked Creek Valley, zwischen Lakeview und Lake Abert, westlich der Straße 395: Ein Zufahrtsweg zu einer Ranch führt über eine Brücke und neben dem Tor der Ranch bergauf in einen lichten Wald aus Pinienbäumen hinein. Durch zwei große Pfützen kommen wir dank SUV problemlos durch bis an den Waldrand. Den steilen ausgewaschenen Weg in den Wald nehmen wir aber nicht. Den gehen wir zu Fuß, am Rand des Waldes ist genug Platz das Auto abzustellen. Rechts und links des Weges sind Zäune, auch im Wald. Den Weg gehen wir bis zu einer Stelle hoch, an der Schwellen verlegt sind, die Tiere am Überqueren hindern sollen.

Der schönste Ort hier die Finsternis zu beobachten ist unten am Rande des Waldes, mit Blick auf gegenüberliegende Wiesen und bewaldete Berge. In Richtung des ersten Kontakts ist der gegenüberliegende Berg etwa 8 Grad hoch, hier könnte ggf. ein besonderes Foto möglich werden, wenn die Sonne kurz nach dem ersten Kontakt am Wald aufgehen sollte. Der Berg kann aber auch ein oder zwei Grad niedriger sein, auch dann kann der Wald auf Sonnenfinsternisbilder mit aufgenommen werden. Dieser Gedanke ist besonders reizvoll, auch der an das Erlebnis die Sonnenfinsternis in dieser schönen Landschaft zu erleben.

 

Blick vom Standort 1 (Crooked Creek Valley) auf Wiesen und bewaldete Berge


Waldweg am Standort 1: Crooked Creek Valley

Der Ort bleibt auf der Liste. Jetzt geht es zurück nach Lakeview, kurzer Aufenthalt auf dem Zimmer, um den Proviant an Bord zu nehmen, und weiter geht es zu Ort 2, östlich von Lakeview gelegen, etwa 20 Kilometer Luftlinie von Ort 1 entfernt, ziemlich genau auf der Zentrallinie.

Die Fahrt geht über eine Passhöhe über die Straße 140, durch Wald. Es gibt viel mehr Höhenunterschiede, als ich aus meinen Recherchen über Google Maps erwartet hätte. Google Maps zeigt Höhen nicht (mehr) an, nur Reliefs und die Möglichkeit sich einen groben Eindruck über Satellitenansicht und Street-View zu verschaffen. Ort 2 hat einen freien Blick zum Osthorizont, der vielleicht bei 1 Grad Höhe liegt, ist landschaftlich aber nicht so schön wie Ort 1: Weites kahles Land.

Von der Straße 140 aus geht es eine Weile einer Straße, der Plush Cutoff Road, nach Norden entlang. An einem nach Westen abzweigenden Feldweg biegen wir ein, parken aber nach ein paar Metern am Rand des Weges und laufen dann weiter. Überraschenderweise ist der Weg nach vielleicht 50 Metern durch ein Drahtzauntor versperrt, das habe ich auf Google Maps nicht gesehen, zumindest erinnere ich mich nicht als ich ihn sehe. Man müsste hier relativ nahe an der Straße bleiben, hätte aber den freien Blick nach Osten.


Blick Richtung Westen am Standort 2 östlich von Lakeview an der Plush Cutoff Road


Blick Richtung Osten am Standort 2 östlich von Lakeview an der Plush Cutoff Road

Inzwischen sind von Südwesten immer mehr hohe Wolken aufgezogen, die fönartige Strukturen aufweisen. Während wir im Auto Proviant essen, lasse ich die Action-Cam eine Zeitrafferaufnahme machen, um mir später auf dem Zimmer die Bewegungen der Wolken genauer ansehen zu können.

Es zieht immer weiter zu, eine Warmfront mit dicht folgender Kaltfront rückt heran. Im Osten ist noch blauer Himmel am Horizont. Wir fahren nun Punkt 3 an, weiter die Straße 140 entlang nach Osten. Es geht unerwarteterweise durch einen kleinen Canyon (am Drake Creek) kurvig immer weiter bergab. Dann geht es auf eine Ebene. Durch den winzigen Ort Adel führt die Straße bereits genau geradeaus durch. Das geht ein paar Kilometer so, bis am Rand eines senkrecht zur Straße verlaufenden Abhangs eine Rechtskurve folgt. Hier geht es scharf links ab, und dann geht es eine Schotterstraße entlang nach Norden. Mir ist schon beim Fahren in Richtung des Abhangs klar, dass der Hang viel zu hoch ist für einen freien Blick auf die Sonnenfinsternis. Der Hang erreicht an der Schotterstraße eine Höhe von über 20 Grad, und vielleicht gerade mal 100 Meter könnte man sich von ihm wegbewegen, bis ein Fluss, und wie ich dann auch sehe, bereits vorher ein Zaun nicht mehr zulässt. Dieser Ort scheidet also aus. Die Orte 4 und 5 sind noch weiter entfernt, Parkbuchten an der Straße 140 bis zur Grenze nach Nevada. Es wären Ausweichoptionen, wenn sich hier deutlich besseres Wetter abzeichnen würde als an den anderen Orten.


Kleiner Canyon am Drake Creek zwischen Lakeview und Adel


Blick in die Ebene von Adel

Auf dem Weg zurück zur Straße 140 entdeckt Renate noch Petroglyphensteine, dokumentiert durch ein kleines Schild davor. Hier sind wir noch eine Weile und blicken auf das weite Wüstental, die Steine und die Sonne, die sich hinter hohen Wolken verschleiert hat. Sie ist zwar noch erkennbar, aber in dieser Situation wären keine guten Finsternisaufnahmen möglich. Ein paar Camper haben sich hier platziert.


Petroglyphensteine am Standort 3 östlich von Adel


Berghang und Schotterstraße am Standort 3 östlich von Adel


Blick auf den Greaser Lake südöstlich von Adel

Wir fahren zurück zum Hotel, vorher noch einmal vollgetankt (etwa 20$ haben wir für das Scouting verfahren). Ich lade erst einmal Akkus und studiere die neusten Wettentwicklungen auf Windy.com. Mit Wolken ist zu rechnen, die Modelle sind für morgen Vormittag weiter abweichend, aber die Mehrheit zeigt gute Blicke auf die Sonnenfinsternis für die Orte 1 und 2, mit leicht besserer Tendenz für Ort 2. Das Zeitraffervideo zeigt keine stabilen Wolkenlöcher oder Wolken an. Somit halte ich Ort 1 und Ort 2 für etwa gleich gut geeignet, mit leichter Präferenz für Ort 1 wegen der Schönheit der Landschaft. Ich nehme die Ort 4 und 5 aus dem Rennen, wegen der Entfernung die nicht durch deutlich bessere Aussichten gerechtfertigt wäre zurückzulegen. Dafür sind die Aussichten für die anderen Orte zu gut. Wie schon erwähnt fällt Ort 3 wegen des zu hohen und nahen Berghangs aus.

Auf dem Weg zum Abendessen, wir gehen zum Mexikaner, der heute sehr gut besucht ist, ich gebe Renate meine Einschätzung der Chancen für unsere Sonnenfinsternisbeobachtung wie folgt an: 95% für die Sichtung einer Sonnensichel während einer der partiellen Phasen, und 60% für die Sichtung des Sonnenrings.

Nach dem Essen noch einmal letzte Ladungen für die Akkus und Schreiben des Berichts für heute. Morgen ist geplant: 5:30 Aufstehen, 6:00 Frühstück, kurz nach 6:30 Abfahrt zur Sonnenfinsternisbeobachtung.

Samstag, 14. Oktober 2023

Morgens ein Blick durch das Fenster, Venus ist zu sehen, später ein paar Wolken. Vor dem Frühstück sehe ich mir noch einmal die aktuellen Daten der Wettermodelle auf Windy.com und die letzten Satellitenbilder an. Die Satellitenbilder scheinen überall dünne Bewölkung anzuzeigen, vielleicht Nebel? Das sieht erstmal gar nicht gut aus, aber freiere Stellen kommen von Südwesten auf die Region Lakeview zu. Die Unterschiede für Standort 1 und Standort 2 sind marginal, vielleicht ein wenig bessere Sichtbarkeit bei Standort 2 nach den Modellen. Die Entwicklung auf den Satellitenbildern sieht aber für den Standort 1 genauso gut aus, wenn nicht sogar etwas besser aus. Ich entscheide mich für Standort 1, die schöne Landschaft gibt den Ausschlag.

Beim Frühstück kommt Renate mit einem amerikanischen Ehepaar in Kontakt, die gestern Abend bzw. in der Nacht aus Jacksonville (Oregon) für die Sonnenfinsternis angereist sind. Wir verstehen uns gleich sehr gut. Das Gespräch müssen wir aber beenden als es bereits einige Minuten nach 6:30 sind, da wir ja noch etwas vorhaben. Ich biete ihnen an, dass sie mit uns kommen können und erkläre wo es hingeht. Sie sind begeistert dabei.

Vor dem Hotel möchte ich einen Text auf Video sprechen, doch die Action-Cam (GoPro 7) zeigt an, die Speicherkarte sei voll. Da stimmt etwas nicht, denn ich hebe die Befüllung der 64GB Karte in letzter Zeit verfolgt, mindestens 20 GB müssten noch drauf sein. Ich laufe noch einmal kurz aufs Zimmer. Karte aus der Kamera raus, in den Laptop rein, und alles was älter als 2 Tage ist gelöscht. Lieber funktioniert die Cam jetzt, als dass ich ein Backup der Videos der letzten Tage behalte. Und es hilft, die Kamera geht wieder. Draußen mein Text gesprochen und wir sind zeitlich gerade noch in Plan, Abfahrt 7:00.

Es geht die Straße 395 in Richtung Norden, der Himmel hat einige mittelhohe, meist dünne Wolken, die für die Beobachtung der Sonnenfinsternis kein Problem darstellen, sondern im Gegenteil schöne Bilder ermöglichen. Über unserem Beobachtungsgebiet ist es besonders wolkenarm. Mal sehen, ob unser Platz noch frei ist. Als wir ankommen biegt doch tatsächlich vor uns ein Wohnwagen in die kleine Straße ein, die zu unserem Platz führt. Wir werden uns arrangieren müssen. Auch parken 2 Autos, in denen anscheinend Leute schlafen, an der Stelle, an der ich mein Equipment aufbauen wollte.

Der Wohnwagenfahrer gibt mir gleich Info, dass er wieder rausfahren möchte. Das ist gut, die anderen beiden Autos stören nicht, ich baue mein Equipment ein paar Meter daneben auf. Da wird demnächst wohl jemand schlüpfen. Wir lassen uns überraschen. Doch meine Aufmerksamkeit liegt auf dem Aufbau meines Equipments, und dem bevorstehenden Sonnenaufgang. Meine Ausrüstung besteht aus einer Canon EOSR5 mit 100-500mm Teleobjektiv (primär genutzt für 4K Videos), einem Walimex 650-1300mm Teleobjektiv mit einer Canon EOS M50 (primär genutzt für Fotos), einer Canon EOS450D mit 10-20mm Weitwinkelobjektiv (für Fotos), einer GoPro 7 und einer GoPro 3+, beide für Videos, sowie einem Fairphone 3, das Auslösung und Übermittlung der GPS Daten an die EOS R5 per App erlaubt.


Ausrüstung am Beobachtungsort an der Road nördlich von Lakeview (Crooked Creek Valley)

Bereit zur Sonnenfinsternisbeobachtung (07:55 PDT = 14:55 UT)

Die drei jungen Leute die aus den Autos steigen sind sehr nett, man versteht sich gleich, auch unsere amerikanischen Freunde die wir im Hotel kennen gelernt haben sind hier. Alle haben die Pfütze auf dem Weg hierher offensichtlich problemlos genommen.

Die GoPro 7 Action-Cam macht Zeitrafferaufnahmen vom Aufbau und vom Sonnenaufgang. Der erste Kontakt findet um 08:05, einige Minuten nachdem die Sonne über den Berghang gekommen ist statt. Jetzt kommt der Filter zum Einsatz, den ich mir genau für diesen Zweck gebaut hatte. Eine Pappe mit am Rand eingeklebten Baader Filterfolien. Den nah an die Linse gehalten, Blende ganz auf, das ermöglicht schöne Aufnahmen der partiell verfinsterten Sonne mit der Landschaft im Vordergrund.


Sonnenaufgang an einem Berghang (07:59 PDT = 14:59 UT)


Sonne mit Flecken vor der Sonnenfinsternis (08:03 PDT =16:03 UT)


Erste partielle Phase (08:09 PDT = 16:09 UT)

Erste partielle Phase über dem gegenüberliegenden Berg (08:13 PDT = 16:13 UT)

Erste partielle Phase über der Landschaft (08:21 PDT = 16:21 UT)

Erste partielle Phase über der Landschaft (08:22 PDT = 16:22 UT)

Erste partielle Phase (08:32 PDT = 16:32 UT)

Erste partielle Phase (08:37 PDT = 16:37 UT)


Erste partielle Phase über der Landschaft (08:47 PDT = 16:47 UT)


Erste partielle Phase über der Landschaft (08:49 PDT = 16:49 UT)

Die Sonne steht zu dieser Zeit meist ungestört von Wolken über dem Horizont, ganz kleine Wölklein begleiten sie mal. Sie steigt höher, der Mond tiefer von oben in sie hinein. Von rechts kommen dann mehr Wolken in die Nähe der Sonne, die bereits etwa zur Hälfte verfinstert ist. Zum Sonnenaufgang war es noch windstill, doch jetzt bläst ein kräftiger Wind aus Südwest. Fototechnisch kein Problem, die Belichtungszeiten sind ja kurz genug. Später stelle ich aber fest, dass die Videos bei langer Brennweite doch sehr wackelig sind, die Sonne springt zu sehr im Bild hin und her. Vielleicht lässt sich das nachträglich per Software stabilisieren, mal sehen.


Aufziehende Wolken über Crooked Creek Valley (08:54 PDT = 16:54 UT)


Erste partielle Phase (08:58 PDT = 16:58 UT)

Die Finsternis schreitet fort, es geht gegen 9 Uhr. Im Südwesten und Westen sind Wolken aufgezogen, die zu dicht sind, dass die Sonne hindurchkäme, und zwar großflächig. Zunächst ist mein Ansatz: Aushalten, doch einige Minuten später sehe ich keine Chance mehr an diesem Standort die Ringförmigkeit zu sehen. Ein Blick nach Norden zeigt noch blauen Himmel und bis dahin dünnere Wolken. Die Wolken sind schnell, doch hier sehe ich keine Chance mehr. Also nichts wie weg hier. Solch eine Entscheidung habe ich noch nie getroffen, aber diesmal stehen die Zeichen genau dafür, somit treffe ich sie, und bin sehr gespannt, was uns nun erwartet.

Ich rufe aus, sofort alles ins Auto zu packen, und ab in Richtung Lake Abert zu fahren, denn die Straße dorthin geht genau in Richtung der wolkenfreien Stellen. Nach ein paar Minuten sind wir unterwegs, wir haben nur wenige weitere Minuten Zeit, um einen besseren Standort zu erreichen. Nach ein paar Minuten Fahrt frage ich Renate, ob sie vom Beifahrersitz aus die Sonne sieht, ich kann als Fahrer selbst nicht so weit nach rechts gucken. Sie bejaht. Die Zeit läuft, es ist bereits 9:05, nur noch etwa eine Viertelstunde bis zur Ringförmigkeit. Wir müssen dringend die nächste Stelle zum Anhalten finden, denn es braucht ja ein paar Minuten, um die Stative und Optiken wieder aufzustellen und bereit zu sein.

Tatsächlich finden wir nach einem Feldweg, auf dem Camper stehen, zu denen es aber anscheinend eine Eingangskontrolle gibt (das geht für uns nicht, es würde zu lange dauern), noch Platz am Rand der Straße, wo bereits ein paar Autos stehen. Es ist Platz für uns und für unsere neuen amerikanischen Freunde hinter uns. Das ist Eclipse-Chasing im wahrsten Sinne des Wortes!

Ich raffe die Gerätschaften aus dem Auto, und nehme die Sonne ins Visier. Renate gebe ich die GoPro7 Action-Cam, die einfach mitläuft und die Situation aufnimmt.

Die Belichtungszeiten mit Filter werden zu lang, ich nehme die Filter vom Walimex und vom 100-500 Teleobjektiv ab. Nun passt die Belichtung. Die Sichel ist schon sehr schmal, auch mal kurz von Wolken verdeckt, aber fast durchgängig zu sehen. Auf der Canon EOS R5 habe ich nun 4K Video laufen, auf der M50 mache ich Fotos und auch hin und wieder Videos, die Vergrößerung ist doch sehr viel höher als bei der Canon EOSR5 bei 500mm (ohne Crop- Faktor).


Wolkensituation zum Ende der ersten partiellen Phase (09:16 PDT = 16:16 UT)

Schmale Sonnensichel - Ende der ersten partiellen Phase (09:18 PDT = 16:18 UT)

Während der Ringförmigkeit zwischen 9:18 und 9:23, sowie die Minuten davor und danach ist die Sonne zu sehen, durch mehr oder weniger dünne Wolken hindurch. Die EOS R5 benötigt kaum Aufmerksamkeit, das Video läuft. Die Canon EOS M50 nutze ich für Fotos, löse häufig aus, um möglichst viel mitzubekommen, gebe wohl instinktiv dem häufigen Auslösen den Vorrang einer genauen Fokuseinstellung. Nach dem Transport muss der Fokus neu eingestellt werden, was ich auch mache, doch wie ich erst während der zweiten partiellen Phase merke, tat ich dies nicht gut genug. Anscheinend nur anhand visueller Kontrolle auf dem Display ohne in das Bild hineinzuzoomen. Das tue ich erst in der zweiten partiellen Phase. Als ich später die Bilder der Ringförmigkeit im Zoom betrachte stelle ich fest, dass der Fokus nicht exakt ist. Die Videos der EOS R5 hingegen sind gestochen scharf und durch integrierten Bildstabilisator auch nicht vom Wind durchgeschüttelt. Dabei mag ich besonders gerne die knackig scharfen Fotos, die meine Ausrüstung bietet und bin etwas enttäuscht, dass mir das für die Fotos der Ringförmigkeit nicht gelungen ist. Für Aufnahmen unter 1000 Pixel Seitenlänge fällt das wohl nicht sehr auf, doch meine Qualitätsansprüche an meine Werke sind höher.

Wolkensituation zum Beginn der ringförmigen Phase (09:18 PDT = 16:18 UT)

Wolkensituation zur ringförmigen Phase (09:19 PDT = 16:19 UT)

Beobachtungssituation zur ringförmigen Phase (09:19 PDT = 16:19 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:19 PDT = 16:19 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:19 PDT = 16:19 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:20 PDT = 16:20 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:21 PDT = 16:21 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:21 PDT = 16:21 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis 2023 (09:23 PDT = 16:23 UT)


Ende der ringförmigen Phase / dritter Kontakt (09:23 PDT = 16:23 UT)

Ringförmige Sonnenfinsternis in 8-fach Zeitraffer (2 Minuten, Video (G008.01) auf Youtube)

Die zweite partielle Phase verläuft zunächst häufig hinter Wolken, doch vor dem vierten Kontakt gibt es noch wolkenfreie Blicke, die Filter setze ich zwischenzeitlich wieder auf. Während der zweiten partiellen Phase gibt es noch ein Viererfoto von uns Eclipse Chasern, ausgelöst per Handy-App.

Zweite partielle Phase (09:29 PDT = 16:29 UT)

Zweite partielle Phase (09:32 PDT = 16:32 UT)

Wolkensituation zur zweiten partiellen Phase (09:37 PDT = 16:37 UT)


Straße Richtung Lake Abert (Highway 395) während der zweiten partiellen Phase(09:41 PDT = 16:41 UT)


Blick auf Lake Abert während der zweiten partiellen Phase (09:44 PDT = 16:44 UT)

Zweite partielle Phase (09:49 PDT = 16:49 UT)

Zweite partielle Phase (09:50 PDT = 16:50 UT)

Zweite partielle Phase mit Sonnenfleck (10:21 PDT = 17:21 UT)

Zweite partielle Phase (10:25 PDT = 17:25 UT)

Sonnenfinsternisbeobachtung 2023 (10:25 PDT = 17:25 UT)

Wolkensituation am Ende der zweiten partiellen Phase (10:40 PDT = 17:40 UT)

Highway 395 in Richtung Norden am Ende der zweiten partiellen Phase (10:40 PDT = 17:40 UT)

Ende der zweiten partiellen Phase (10:42 PDT = 17:42 UT)

Zum vierten Kontakt um 10:43 zieht ein Schwarm Kraniche vorbei. Ich hoffe noch, dass sie die Sonne durchfliegen, während der Mond noch zu sehen ist, aber sie fliegen weit unterhalb der Sonne hindurch als der Mond bereits verschwunden ist.


Kraniche nach dem vierten Kontakt


Kraniche bei Valley Falls

Nach netter Verabschiedung von unseren amerikanischen Freunden (sie fahren nun etwa 4 Stunden nach Hause) packe ich meine Ausrüstung sorgfältig ein. Während der eiligen Fahrt war sie ja nur schnell untergebracht worden und in meinem „Teleskopkoffer“ auch einiges durcheinander.

Highway 395 in Richtung Süden nach der Sonnenfinsternis

Nun geht es zurück zum ersten Beobachtungsort, wir wollen dort noch etwas zur Ruhe kommen, und vielleicht etwas essen. Da ist inzwischen niemand mehr, und wir haben noch einmal den schönen Blick in die Landschaft, die wir vorhin so eilig verlassen hatten.

Crooked Creek Valley nach der Sonnenfinsternis

Dann geht es nach Lakeview zum Mittagessen, wir sind in der „Pizza Villa“, einem einfachen Lokal, in dem es aber handgemachte Pizza gibt, ähnlich wie wir es in Lincoln City erlebt hatten, sehr lecker, und die „small pizza“ ist für uns schon groß.

Zurück ins Hotel räume ich meinen Teleskopkoffer noch etwas besser auf, und beginne mit dem Download der Bilder von den diversen Kameras. Später noch mit Renate ein Spaziergang durch Lakeview, eine Cowboystadt, urig, aber an einigen Stellen offensichtlich teilweise relativ arm. Häuser, die auf den ersten Blick wie "lost places" aussehen, sind bei genauerem Hinsehen aber wohl bewohnt. In einem Laden sehe ich schöne Lakeview Eclipse T-Shirts, doch die Öffnungszeiten sprechen nicht die Sprache des Umsatzes. Es ist Samstag Spätnachmittag nach der Sonnenfinsternis, doch das Geschäft ist anscheinend nur von Dienstag bei Freitag geöffnet. Schade, wenn es gepasst hätte, hätte ich mir eines gekauft.

Lakeview

Später essen wir auf dem Zimmer und sehen die Tagesschau, und ich schreibe den Bericht des heutigen Tages. Erste Bilder der Sonnenfinsternis bereite ich zur Veröffentlichung vor und verteile sie schon einmal per WhatsApp.

Sonntag, 15. Oktober 2023

Noch einmal Frühstück in dem schönen großen Frühstücksraum im Fremont Inn in Lakeview. Koffer ins Auto geladen, ausgecheckt und los geht die Fahrt zur nächsten Etappe. Unser nächstes Ziel ist Sisters. Von jetzt an geht es wieder in nördliche Richtung. Wir kommen an unseren beiden Sonnenfinsternisbeobachtungsorten vorbei, machen dann noch einen kleinen Abstecher an das Ostufer des Lake Abert, zu einem Wildlife Viewpoint. Dort sehe ich Vögel auf dem See und Heuschrecken, die ein mir unbekanntes Flirren beim Fliegen verursachen. Das Ufer ist besonders schön. Hinweisschilder verweisen auf Tiere auf dem See und auf dem Bergkamm auf der anderen Seite der Straße. Außer Vögeln auf dem See kann ich mit dem Feldstecher aber nichts entdecken.


Ostufer des Lake Abert

Weiter geht es, wieder ein Stück zurück, dann auf der Straße 31 in Richtung Norden, weite Strecken fast nicht besiedeltes flaches Land, der Grund eines prähistorischen Sees, dessen heutige Reste der Lake Abert und der Summer Lake sind. Wir fahren westlich am Summer Lake vorbei. Der Lake ist aber mehr Summer als Lake, denn Wasser gibt es wenig, hauptsächlich weiße Flächen, vermutlich Salz. Aus dem fahrenden Auto (Renate fährt) und von einigen Stellen an denen wir anhalten mache ich Fotos.


„Oregon Scenic Byway“ nördlich von Valley Falls


Summer Lake


Straße an der Westseite des Summer Lake

Eine faszinierende weite bunte, aber dabei sanfte zu Pastelltönen neigende Landschaft, wenige kleinste Ortschaften und landwirtschaftliche Anwesen. Architektur wie man sie aus Western kennt. Hier ist der „wilder Westen“, und es gibt Rinder, Rinder, Rinder.


Rinder an der Westseite des Summer Lake

Nördlich des Summer Lake geht die Straße etwas bergauf, hier gibt es auch Bäume, über eine kleine Passhöhe kommt man in einen nächsten Bereich weiter Fernsichten. Hier sind am Horizont schon einige schneebedeckte Vulkane zu sehen. Die sind die drei Sister-Berge beim Ort Sisters, unseres heutigen Ziels. Bevor wir aber dort ankommen machen wir noch Mittagspause am Abzweig zu einem kleinen Ort namens Fort Rock, da gibt es auch Schautafeln, die die Region beschrieben, durch die unser Weg verläuft, unter dem Stichwort „Oregon Scenic Byway“. Dort erfahre ich über den Ort Fort Rock, dass es dort einen ehemaligen Vulkankrater gibt, der von dem prähistorischen See teilweise abgetragen wurde. Nach Fahrerwechsel fahren wir die 6 Meilen dorthin. Der Blick auf den offenen Vulkankrater ist schon imposant. Auch das Freilichtmuseum ist interessant. Es hat zwar geschlossen, aber ermöglicht seine ausgestellten Gebäude von außen gut zu sehen, Schautafeln erzählen von dem harten Leben der Siedler, die hier Anfang des 20. Jahrhunderts hergelockt wurden.

Highway 31 nördlich von Picture Rock


Vulkankrater nahe Fort Rock


Museumsdorf in Fort Rock

Zurück auf unserer Strecke nach Norden kommen wir an eine Stelle, die kilometerlang auf die Sisters-Berge zuläuft. An einer Abzweigung zu einer Sandstraße halten wir, und ich mache ein paar Fotos von den Bergen, und die Straße, die direkt auf sie zuführt. Da sie wenig befahren ist, kann ich ganz in Ruhe Bilder vom Mittelstreifen aus machen, kommende Autos hört und sieht man schon in großer Entfernung.


Die Straße 31 führt genau auf die Sisters-Berge zu.

Dann geht es bei La Pine auf die recht viel befahrende Straße 97, die dann sogar zu einer Autobahn wird, der Ort Bend liegt rechts und links der Autobahn. Da fahren wir durch und erreichen gegen 17 Uhr Sisters, zuvor halten wir noch an einem Aussichtspunkt auf die drei Sisters Berge, und in der Ferne den Mount Jefferson.


Die drei Sisters Berge


Mount Jefferson

In Sisters checken wir in die „Best Western Ponderosa Lodge“, Zimmer 109, ein. Das Auto kann direkt vor das Zimmer gefahren werden, praktisch zum Ein- und Ausladen.

Während Renate auf dem Zimmer eine kleine Auszeit nimmt, fahre ich an den Ortsrand, wo es einen kleinen Park mit Blick auf die Berge gibt. Es geht durch ein äußerst gepflegtes Wohngebiet aus schönen Häusern, alle mit Schrägdächern. Es gefällt mir besonders gut. Ich gehe kurz durch den Park. Dieser bietet einen Blick auf die Berge und auf der anderen Seite auf die Häuser. Da sehe ich plötzlich zwei Rehe, die gemütlich an einem Zebrastreifen und in angrenzenden Gärten spazieren. Hier gibt es keine Gartenzäune.


Rehe in einem Wohngebiet in Sisters

Dann fahre ich noch etwas durch den Ort. Ich bin überrascht: Hier ist ja alles so gepflegt, nicht so wie in Lakeview, wo es einige Häuser gibt, die wie Lost Places aussehen, aber offensichtlich doch bewohnt sind. An der Hauptstraße stoße ich auf eine Tankstelle. Tanken hatte ich ohnehin vor. Ein freundlicher junger Tankwart ist mir behilflich beim Bedienen des Tankautomaten, wieder mal wird der Chip der Kreditkarte nicht erkannt, mit seiner Hilfe kann sie doch gelesen werden.


Dino-Tankstelle und Saloon in Sisters

Ich parke das Auto neben der Tankstelle. Diesen gepflegten Ort sehe ich mir zu Fuß an, inzwischen ist es dämmrig und die Lichter sind angegangen. Neben der Tankstelle der Sisters Saloon. Sieht so aus, als ob man hier gut essen gehen kann, aber auch zahlreiche andere Essensmöglichkeiten scheint es zu geben, und viele diverse Geschäfte, mit ausgiebigem Sortiment. Ist Sisters vielleicht das „Kampen von Oregon“?

Als ich wieder auf dem Zimmer bin, sind Renate und ich uns gleich einig, dass wir im Saloon Abendessen gehen wollen. Und es lohnt sich: Endlich ein Essen, dass nicht Panade und Fett, sondern frisches Gemüse und Fleisch seinen Schwerpunkt nennen darf. Mein Hähnchen mit Gemüse ist total lecker. Renate isst auch davon, dafür bekomme ich Pommes von ihr. Sie meint, sie habe noch nie ein so gutes Hähnchen gegessen, und ich genieße auch die Qualität der Pommes. Wir sind äußerst zufrieden, und für 45$ inkl. Trinkgeld ist das Preis-Leistungsverhältnis top. Natürlich ist es auch ein Erlebnis, in einem Saloon gegessen zu haben.


Sisters bei Nacht

Sisters Saloon

Wir machen noch einen Spaziergang an der Hauptstraße, es ist deutlich leerer als noch vorhin, als ich bereits hier langging.

Auf dem Zimmer schreibe ich dann noch die Zeilen des Tages in Word auf.

Montag, 16. Oktober 2023

Im kleinen Frühstücksraum der Best Western Ponderosa Lodge finden wir einen Platz. Rehe stehen am bodentiefen Fenster uns sehen in den Raum hinein, in dem das Frühstücksbuffet steht. Aber das reichhaltige Frühstück bleibt uns Menschen vorbehalten. Die Auswahl ist hier im Vergleich zu den anderen Frühstücksbuffets die wir bisher erlebt haben besonders vielfältig, reicht aber nicht an aus Deutschland gewohnte Standards heran.

Nach dem Frühstück fotografiere ich die Rehe, ein großes Tier mit drei kleinen. Diese spazieren dann an unserem Hotelzimmer, das sich im Erdgeschoss befindet vorbei, und verschwinden dann hinter einer Hausecke des Gebäudes. Weiter hinten auf dem großen Grundstück gibt es noch einen eingezäunten Bereich für Alpakas.


Rehe an der Best Western Ponderosa Lodge in Sisters

Wir checken aus und machen und auf dem weiteren Weg Richtung Nordwesten. Es geht durch die Rocky Mountains. Genau als wir Lakeview verlassen beginnt es zu regnen. Zunächst gibt es Pinienwälder, am Highway einen Aussichtspunkt auf einen Berg, nach Überquerung eines oder zweier Pässe bestehen die Wälder aus tannenartigen Nadelbäumen, Tannen oder Douglasien könnten es sein. Hier sind die Wolken dichter und der Regen stärker.


Mount Washington

Staub und Schmutz am Auto werden durch die stundenlange Wasserfahrt gut entfernt. In Stayton verlassen wir die Schnellstraße 22 und machen Mittagspause in einem ein paar Kilometer entfernten Mac Donald’s. Vorteil an solchen Ketten ist, dass man weiß, dass es neben dem Essen auch WCs und freies WLAN als Standard gibt, wobei wir letzteres in diesem Fall nicht nutzen. Hier scheint die Sonne zwischen tiefen Wolken, es ist feucht aber deutlich wärmer, als wir es in den letzten Tagen erlebt haben. Das wird an der Nähe zum Pazifik und der geringeren Höhe dieser Gegend liegen.

Hier übernehme ich das Fahren von Renate und es geht weiter über die Autobahn Interstate 5. In Portland gibt es tolle Blicke auf verschlungene Straßenbrücken und Hochhäuser. Mehrere Ebenen von Straßen werden hier zueinander geführt. Dann gibt es links von uns eine Hebebrücke, die offen ist, mit einer 6-spuringen Autobahn (3 Spuren für jede Richtung). Soetwas habe ich noch nie gesehen. Es regnet sehr stark und der Verkehr geht nur zähflüssig voran: Stau in Portland und über den Columbia River. Auch die Brücke über den Columbia River, die wir nehmen, ist als Hebebrücke ausgezeichnet. Wir haben noch einmal die Action-Cam herausgekramt und nehmen die Fahrt über diese Brücke auf. Ein paar Kilometer zuvor war sie noch verstaut, somit haben wir keine Aufnahmen des Staus und von den verschlungenen Straßenbrücken.

In einer Senke löst sich der Stau plötzlich auf und es geht weiter bis zur Ausfahrt 49, dann noch ein paar Kilometer bis zur Silver Lake Lodge, einem Motel direkt am Siver Lake, Zimmer M6 mit Seeblick von Ost über Süd nach West. Das Zimmer konnte ich online bereits aussuchen. Ich war froh, dass dieses noch frei war, denn mit dem Westblick bietet es auch die Möglichkeit für den Blick auf Mond- und Sonnenuntergänge. Am gestrigen 15. Oktober war der Westhimmel über den Bergen mit dichten Cirren durchzogen, somit fiel die Mondsichelsuche aus. Doch der Mond 2 Tage nach der Sonnenfinsternis könnte ein Beobachtungsziel direkt aus dem Hotelzimmer sein. Doch kaum nachdem wir eingecheckt haben, bahnt sich durch ein am Westhimmel aufkommendes Wolkenloch ein schöner Sonnenuntergang ab.

Ein paar Minuten später scheint die krass helle Sonne zwischen den Wolken über den Bäumen am Ufer, spiegelt sich im See und wirft lange Schatten. Im Osten bildet sich ein doppelter Regenbogen aus.


Sonnenuntergang über dem Silver Lake

Ich sehe Leute auf dem Steg vor dem Motel, da gehe ich auch hin, und erlebe den großen Regenbogen über dem Silver Lake. Kurze Zeit ist er richtig kräftig, durchmischt mit von unten orange angestrahlten Wolken ist dies ein bezaubernder Anblick. Dann zerbricht er in verschiedene Teilstücke und verschwindet schließlich.


Regenbogen über dem Silver Lake

Auf dem Zimmer schreibe ich dann den Bericht des Tages, heute bereits zu einer Zeit in der es noch hell ist. In der Dämmerung sehe ich gegen 19 Uhr raus, zu diesem Zeitpunkt geht der Mond laut Stellarium gerade unter, doch in bis zu etwa 10 Grad Höhe stehen Wolken. Dann gibt es vielleicht morgen einen Blick auf die zunehmende Mondsichel über dem Silver Lake.

Dienstag, 17. Oktober 2023

Am Morgen werden wir von einem unglaublich schönen Sonnenaufgang beglückt. Direkt von unserem Balkon vor dem Zimmer aus gesehen geht links über dem See die Sonne am Rand des von Nebel verdeckten Mount Saint Helens auf. Der Nebel ist gerade so dicht, dass er die Sonne gut filtert und Sonnenoberfläche und Seenlandschaft gleichzeitig sichtbar sind. Der zauberhafte Anblick währt nur einige Minuten, bis die Sonne höher aus dem Nebel heraussteigt.


Sonnenaufgang über dem Silver Lake

Im Laufe des Tages gibt es hohe Wolkenfelder, zuvor jedoch am Vormittag auch ein paar Tropfen Regen bei wolkenarmem Himmel. Zunächst halte ich punktförmige Wellenauslöser auf der Wasseroberfläche für von unten aufsteigendes Gas, dies ist ja eine vulkanische Gegend.

Ich komme mit einige Leuten auf dem Steg am Motel ins Gespräch. Ein alter Mann zeigt sich als erfahrener Fischer am Silver Lake. Seine Erklärung sind die vielen Karpfen im See. Doch so viele wie es diese punktförmigen Wellenauslöser gibt, glaube ich nicht, dass es Karpfen an der Stelle gibt. Als das Phänomen wieder auftritt, während ich auf dem Steg bin, spüre ich schließlich Regentropfen in der Luft, obwohl der Himmel fast wolkenlos ist. Die Wellenauslöser sind erklärt, doch noch nicht der Regen fast ohne Wolken. Jedoch hängen am Westhorizont tiefe Wolken über der tieferliegenden Ebene. Meine Erklärung ist, dass durch die aufsteigenden Winde der Regen von den ozeannahen Wolken im Westen herübergeblasen wird.

Was jedoch schwieriger zu erklären ist, sind gegenläufige teils sehr schnelle Wellenmuster auf der Oberfläche des Sees, die sporadisch auftreten und dann auf einmal wieder verschwunden sind. Weder die Wirtin noch der Fischer können mir dazu eine Erklärung geben. Er verweist auf Fische die Wellen verursachen. Er erzählt von Riesenkarpfen und einem Stör den er gefangen haben will, der größer als sein Boot gewesen sei. Naja, kann ja alles sein, aber die Wellenmuster sind ihm wohl noch nicht aufgefallen.

Neben den vom Wind verursachten Wellen, die mit der Windrichtung verlaufen, gibt es Wellen die mit hoher Geschwindigkeit über diese hinweg ziehen, teilweise ihren Ursprung irgendwo inmitten des Sees zu haben scheinen. Erst kommt mir der Gedanke, dass irgendwelche Stoffe im Wasser diesem unterschiedliche Oberflächenspannungen verleihen würden, was wiederum eine unterschiedlich hohe Reflektionsfähigkeit der Wasseroberfläche zur Folge habe. Später denke ich, dass es sich um Interferenzen mit Wellen handelt, die aus tieferen Regionen des Sees reflektiert werden, denn das Phänomen tritt nur bei geringem Wind auf (bei zu hohem Wind, denke ich, sind die von unten kommenden Wellen zu schwach, um noch sichtbar zu sein). Am Abend ist es besonders windstill und dennoch sind auf der Wasseroberfläche Bereiche unterschiedlicher Reflektion zu sehen, wie Seen im See. Es hat also wohl doch mit einem Phänomen zu tun, das nicht durch Wind bzw. Verformung der Wasseroberfläche zustande kommt, sondern durch unterschiedliche Reflektionsfähigkeit der Wasseroberfläche. Die Ursache des Phänomens bleibt mir verschlossen.

Silver Lake Resort


Mir nicht ganz erklärliche Wellenmuster auf der Oberfläche des Silver Lake

Am Vormittag fahren wir nach dem Sonnenaufgang nach Castle Rock, wo die nächste Autobahnauffahrt liegt, und suchen Frühstück, schließlich werden wir beim Burger King fündig. Aber ist es eben doch Burger King, zum Frühstück wird ein Croissant statt des klassischen Sesambrötchens verwendet. Und was sonst Pommes sind, sind runde Plättchen, die ganz ähnlich schmecken. Am Mittag gibt es wieder Proviant auf dem Zimmer.

Anstatt nun die ganze Zeit auf dem Zimmer mit Berichtschreiben und Fotobearbeitung zu verbringen, dazu bin ich ja nicht hergekommen, beobachte ich das Leben auf dem See mit dem Feldstecher. Enten, Reiher, Kormoran. Den Fischotter bekomme ich weder im Feldstecher noch im Teleobjektiv zu Gesicht, wenn er mal da ist taucht er immer wieder schnell ab.

Am späten Nachmittag gehen wir mal über das Gelände des Motels, das auch viele Campingstellplätze und Einzelhäuschen bietet. Die wenigsten Campingstellplätze sind belegt, die Saison neigt sich offensichtlich dem Ende zu.

Wieder auf dem Zimmer, kündigt sich der Sonnenuntergang an. Am Westhorizont haben sich schmale Wolkenlücken aufgetan. Wir haben ja von unserem Zimmerbalkon aus eine gute Beobachtungsposition. Und dann kommt sie strahlend hell und noch wärmend von oben aus der Wolkendecke heraus, mit kräftiger im See gespiegelter Sonne. Der See ist sehr ruhig und so spiegeln sich die Bäume, das ist wieder wunderschön. Auch als die Sonne bereits untergegangen ist und die von unten angestrahlten Wolken orange am dunkelblauen Himmel über der Dämmerung leuchten.


Sonnenuntergang über dem Silver Lake


Mount Saint Helens im Schein der bereits untergegangenen Sonne


Abenddämmerung über dem Silver Lake

Unterhalb eines Wolkenfeldes wird die Mondsichel sichtbar, 3 Tage nach der Sonnenfinsternis. Auch sie spiegelt sich im See und geht dann über dem Wald auf der anderen Seite des Sees unter.


Mond über dem Silver Lake


Monduntergang über Wald am Silver Lake

Dann gibt es auch das Abendessen als Proviant auf dem Zimmer. Der letzte volle Reisetag in USA 2023 steht morgen bevor, die Essensvorräte gehen gut gegen den Zielwert von Null heran. Renate hat auf diesem Zimmer, das eine komplette Küchenzeile enthält, einen Toaster entdeckt. Welch eine Erleichterung das amerikanische Brot nicht in Schwabbelform, sondern heute Abend und morgen früh knackig getoastet zu sich nehmen zu können!

Nach der Tagesschau auf dem Tablet schreibe ich den heutigen Bericht, und es folgt ein kurzer auch fotografischer Blick in die Sterne. Nach Süden hin steht eine Lampe am Steg, zu hell für die Sterne.


Sommermilchstraße über dem Silver Lake

Mittwoch, 18. Oktober 2023

Mit Aufwachen ist es neblig, der See still, keine Sonne zum Sonnenaufgang zu sehen. Doch der Nebel löst sich und als die Sonne ein paar Grad hoch steht strahlt sie durch den Nebel hindurch, der sich weiter auflöst. Nach dem Frühstück, das wir in Form von Proviant auf dem Zimmer essen (incl. Qualitätsverbesserung durch den Toaster) sind knackig blauer Himmel und nur noch einige Nebenschwaden in den benachbarten Wäldern zu sehen.

Sonne im Nebel über dem Silver Lake


Sonne über dem Silver Lake


Nebel über dem Silver Lake und Mount Saint Helens

Wir checken aus und steuern unser letztes großes Ziel dieser Reise, den Mount Saint Helens an. Der ist zwar schon vom Silver Lake aus in der Ferne zu sehen, doch von einigen Aussichtspunkten an der Straße 504 sehen wir ihn unter der Sonne und strahlend blauem Himmel aus näherer Entfernung. Es ist sommerlich warm, (Eclipse-)T-Shirt Wetter.

Am ersten Aussichtspunkt, den wir ansteuern, liegt uns ein Tal zu Füßen, das beim Ausbruch des Mount Saint Helens am 18. Mai 1980 mit Schlammmassen und Asche befüllt wurde. Damals sind die Bäume in dieser Region plattgewalzt worden. Das Inferno aus dem Erdinneren, das sich über diese Landschaft wälzte zerstörte das Leben in der weiteren Umgebung des Vulkans. Der Berg war damals geradezu explodiert, ich erinnere die Bilder aus dem Fernsehen damals.


Der Mount Saint Helens und das vorgelagerte Tal

Noch weiter oben sehen wir den frischen jungen Wald. Auf den ersten Blick fällt es nicht auf, aber diese Bäume sind jünger als wir, sie sind bis vielleicht ein paar wenige Ausnahmen maximal 43 Jahre alt. Die riesigen Mengen an Material, die der Berg ausgestoßen hatte, haben eine neue Landschaft geformt. Aus der verwüsteten Region ist neues Leben gewachsen. Saat konnte sich an einigen Stellen halten, und auch ein paar Pflanzen, die durch Schnee geschützt waren, konnten wieder austreiben. Im Science Center, mit direktem Blick auf den Berg sehen wir einen Film, der die Ereignisse von damals zeigt, und wie eine neue lebende Landschaft, einschließlich Tiere und Wald neu geschaffen wurde. Beeindruckend ist, in welchem Ausmaß das geschehen ist, und dass nicht nur die Zerstörung so immens war, sondern das Leben so immens kräftig ist, sich danach wieder neu zu entfalten. Wie eine Wiederauferstehung des zerstörten Lebens, das nach über 40 Jahren nun wieder da ist.

Das Gebäude des Science Centers gefällt mir sehr gut, spitze Dächer mit großen Fenstern, die in einer Halle in der Mitte Aussicht auf den Berg freigibt, davor eine Promenade die auch den Blick auf den tiefer gelegenen Coldwater Lake ermöglicht. In der Halle essen wir Proviant zu Mittag und drinnen kaufen wir im Giftshop zwei Postkarten. Ich suche mir ein Motiv aus, das den Berg vor der Explosion und danach zeigt. Wir erleben den Mount Saint Helens bei bestem Sommerwetter im Herbst, nur ganz wenige Leute sind da, fast unwirklich leer für die großen Parkplätze und Aussichtspunkte, wunderschön, beeindruckend und faszinierend.


Am Mount Saint Helens


Mount Saint Helens Science Center

Mount Saint Helens und Coldwater Lake

Das zarte Grün der gleich alten Bäume fällt uns bei der Rückfahrt auf, dieses frische Grün und dessen Regelmäßigkeit, die Bäume sind alle fast gleich hoch. An einigen Stellen steht das Pflanzjahr der Bäume von Aufforstungsaktionen.


Junger Wald an der Straße 504

Kurz vor dem Abzweig zur Straße 505 machen wir noch einmal im Auto eine Essenspause im Schatten von Bäumen. Dann geht es weiter nach Seattle, zum Residence Inn, unserem Hotel vom Beginn der Reise. Hier schließt sich der Kreis unserer Reise, so wie sich der Sonnenring am 14. Oktober geschlossen hat. Trotz aller erlebten Gegensätze (Winter oder Sommer, dunkle Wolken oder klarer Himmel, Großstadtgetümmel oder Menschenleere, bewohnte „Lost Places“ oder gepflegte Neubauten, Verwüstung oder neues Leben) schließen sich die Kreise zu einem Gesamtbild, das sehr erlebnisreich, grob geplant und im Detail erlebnisoffen war. So eine Mischung aus Grobplanung und Erlebnisse auf sich zukommen zu lassen, ein Gegensatz der dieser Reise das Besondere und Einzigartige gab.

Noch ist die Reise nicht ganz abgeschlossen. Nach dem Einchecken geben wir den Mietwagen ab, fahren mit einem Shuttlebus bis zum Flughafen und laufen im Dunkeln dann ca. 25 Minuten zum Hotel zurück.

Dann noch Abendessen auf dem Zimmer, Schreiben des Berichtes des Tages und das flugzeuggerechte Packen der Koffer, z.B. so, dass alle Akkus im Handgepäck sind, schließen den Tag ab.  

Donnerstag, 19. Oktober und Freitag 20. Oktober 2023

Während des Frühstücks im Hotel werden Nachrichten von den Gewalt-Ereignissen in Israel und Palästina gezeigt, wann diese Region wohl einmal dauerhaften Frieden findet? Nach Auflösung von Morgennebel scheint noch einmal die Sonne von herrlich blauem Himmel. Auf dem Zimmer präge ich mir noch die wichtigsten Aussagen für den Text einer abschließenden Videosequenz ein. Mit der letzten Übernachtung dieser Reise am gleichen Ort wie die erste Übernachtung schließt sich der Kreis dieser Reise.

Ein Taxi ist an der Rezeption für 13:30 bestellt, bis dahin deponieren wir unser Gepäck an der Rezeption und besuchen den nahe gelegenen Angle Lake Park. Ein schöner See und ein schöner kleiner Park, die mir aber nun doch recht städtisch vorkommen, durch seine Besucher, und durch den Fluglärm von nach Süden startenden Flugzeugen. Hier essen wir unsere verbliebenen Proviantbestände. Es ist nicht viel was übrig bleibt und noch ins Gepäck mit nach Hause kommt.


Angle Lake Park

In der Lobby des Hotels sind wir noch die Zeit bis das Taxi kommt, welches uns zum Flughafen bringt. Nach vielleicht einer halben Stunde öffnet der Condor Schalter, und wir geben unsere Koffer ab. Durch die Sicherheitskontrolle geht es für mich mehrmals, denn Renate hatte in ihrem Rucksack noch ein Messer. Der freundliche Security-Mitarbeiter lässt es mich an einem Schalterautomaten vor der Security per Post nach Hause schicken. Dann gehe ich erneut durch die Security. Gut, dass wir reichlich Zeit haben. Über eine Stunde lang verbringen wir noch in der Lounge mit Blick auf den Flughafen. Auch der Mount Rainier ist hier noch einmal zwischen Wolken zu sehen. Es zieht immer weiter zu. Als wir schließlich etwa kurz vor 18:30 starten, fast eine Stunde später als geplant, ist es schon recht dunkel unter den Wolken. Ein letzter Blick auf die Region, die Autobahn Interstate 5, und dann kommen immer mehr Wolken, die wir bald unter uns lassen, und aus der Abenddämmerung heraus in die Nacht fliegen.


Abflug aus Seattle

Zeit noch einmal Erlebtes zu erleben und meine Videos zu sichten. Sehr schöne Sequenzen sind dabei, doch ab dem 6. Oktober sind die Aufnahmen der Canon EOS R5 nur noch Full-HD (1920x1080) statt wie gedacht 4K (4096x2160), das muss ich dann wohl umgestellt haben. So ist auch die Sequenz der Ringförmigkeit nur in der geringeren Auflösung aufgezeichnet worden. Es ist doch immer wieder schwierig in der Umtriebigkeit und Aktion alle Parameter im Blick zu haben und an alle korrekten Einstellungen zu denken. Aber auch das ist eine Eclipse-Erfahrung, dass selten alles perfekt stimmt. Auf jeden Fall habe ich unglaublich viel Bildmaterial um eine Videodokumentation der Ringförmigen Sonnenfinsternis und der sie umgebenden Reise zu machen.

Der Flug verläuft relativ südlich, über London, und ist trotz verspätetem Abflug pünktlich, mit Landung in Frankfurt um 13 Uhr am 20. Oktober 2023, direkt aus westlicher Richtung. Trüb und bewölkt zeigt sich der Himmel über Deutschland. Die Koffer sind relativ bald da und das bestellte Taxi fährt uns direkt vor unsere Haustür. Wir sind wieder gut zu Hause angekommen.

Stephan Heinsius, 25.09.-20.10.2023: Erstellung von Text und Bildern (24.09.-13.10.), Ergänzung um Bilder (14.-16.10.) am 21.10.2023 und (17.-19.10.) am 22.10.2023, Ergänzung um Link auf Video G008.01 am 23.10.2023.

Nachtrag:

Im Jahr 2020 habe ich beschlossen, künftig meine für Sonnenfinsternisreisen erforderlichen Flüge für den Klimaschutz zu "kompensieren". Die Flüge von Frankfurt nach Seattle und zurück für 2 Personen wurden für 11.900kg CO2 durch eine entsprechende Spende an Atmosfair "kompensiert".

Nach groben Angaben von Atmosfair für das Autofahren und eigener Schätzung beliefe sich eine "Kompensation" der ca. 3.200km Autofahrt dieser Reise mit Mid-Size SUV auf ca. 10% des CO2 des Fluges. Da für die "Kompensation" als Flugzeugtyp A330-300 statt A330-NEO ausgewählt wurde, schätze ich, dass der angenommene geringere Spritverbrauch des A330-NEO im Vergleich zum A330-300 die 10% für die Autofahrten mit abdeckt.

Stephan Heinsius, 25.10.2023.

Impressum | Keimeno CMS