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Eclipse 2.0

Erlebnisbericht von der totalen Mondfinsternis am 16.05.2022 in Dreieich-Dreieichenhain.

Mondfinsternis und Sonnenaufgang in Dreieich am 16. Mai 2022: Genau 19 Jahre nach der Mondfinsternis am 16.05.2003 habe ich den kosmischen Schattenwurf wieder zwischen Stangenpyramide und Wasserhochbehälter erleben dürfen. Nur diesmal ist der Mond von Wolken begleitet worden. Und ganz im Stil von www.jahrhundertzeiten.de habe ich die gleichen Perspektiven wie 2003 fotografiert. Die totale Mondfinsternis war nur bis zu ihrer ersten partiellen Phase zu sehen bevor sie in Wolken verschwand.

 

Am Abend des 15. Mai 2022 zeigte sich der Vollmond umgeben von leichten Cirren, aber klar sichtbar am Südosthimmel über Dreieich-Götzenhain.

Vollmond am Abend (15.05.2022, 22:02)

Es war eine Nacht mit nur ca. 3 ½ Std Schlaf. Zweimal wurde ich in dieser Zeit wach und konnte einen kurzen Blick durch das Fenster zum Mond werfen: Weiterhin nur ein paar transparente Cirren um den Vollmond herum.

Wie geplant klingelte mein Handywecker um 3:30 Uhr. Wenige Minuten Autofahrt trennten mich vom Beobachtungsort zwischen Stangenpyramide und Wasserhochbehälter. Meine Beobachtungsinstrumente hatte ich dann an der gleichen Stelle wie am 16.05.2003 platziert, am Wegrand einer Weggabelung, die die nordöstlichste Ecke des Gebietes von Dreieichenhain darstellt.

Ich hatte meine vor ein paar Wochen direkt von Negativen digitalisierten Bilder von 2003 auf meinem iPad Tablet dabei, als Orientierung für die erneute Aufnahme der Bildperspektiven wie genau 19 Jahre zuvor, ganz im Sinne des Fotoprojekts „Jahrhundertzeiten“. Die Fotopositionen hatte ich bereits vor ein paar Wochen aufgesucht und für gut wiederauffindbar befunden.

Im Jahr 2003 hatte ich die Mondfinsternis an diesem Ort ganz alleine beobachtet. Diesmal gab es weitere Beobachter, aber bei weitem nicht so viele wie 2018. Auf einer nahen Bank hatte ein Fahrradfahrer Platz genommen, später kam noch Herr Krämer, einer der Unterstützer des Projekts "Jahrhundertzeiten" hinzu, dem ich am Abend noch den Hinweis auf diesen Beobachtungsort gegeben hatte. Erst im Hellen hatten wir uns gesehen, aber vorher bereits gesprochen, wieder ein sehr netter Austausch über ein gemeinsames Hobby. Er war per Auto mit seinem Sohn gekommen, um die Mondfinsternis zu beobachten und zu fotografieren.

Sobald die Instrumente, bestehend aus vier Stativen (eines mit dem Scopos APO/ED Refraktor 66/400, ein anderes mit dem Walimex 650-1300mm f8 bestückt, und zwei weitere für die Kameras Canon EOS450D für eine Reihenaufnahme (die aber nicht zum Einsatz kam) und Canon EOSM50 mit wechselnden Objektiven) aufgebaut waren, hatte die Halbschattenfinsternis auch schon einen Fortschritt erlaubt, der den Schatten auf dem Mond sichtbar machte.

Der Mond durchwanderte dabei verschiedene Wolkenstrukturen, blieb aber zumindest teilweise sichtbar. Cirren im Hintergrund legten ihn wie auf eine seidene Unterlage, während ihn kleine Cumulus-Wolken im Vordergrund flauschig umhüllten. Etwas dichtere Cirren zeigten sich als schmale Wolkenbänder schattenartig, aber noch durchsichtig vor ihm. Eine dramatische Mischung, durch die sich der Mond in Richtung Südwesten, bzw. die Wolken vom Horizont hoch kommend bewegten.

Halbschattenfinsternis (16.05.2022 04:12)

Wolkensituation (16.05.2022 04:14)

Halbschattenfinsternis (16.05.2022 04:18)

Halbschattenfinsternis (16.05.2022 04:20)

Halbschattenfinsternis (16.05.2022 04:23)

Dann gab es eine kleine verzwirbelte Wolkenbank am Mond, die ihn zu Beginn der partiellen Phase um 04:27 Uhr verschwinden ließ. Den Beginn des Kernschatteneintritts bemerkte ich also gar nicht, dafür aber, dass ich meine Fotovorhaben gar nicht in beliebiger Reihenfolge machen konnte, sondern je nach Wolkensituation den Mond im Walimex bei 650mm, im Scopos bei 400mm abbilden konnte, oder jetzt wo er hinter der Wolkenbank war doch Weitwinkelaufnahmen, zum Beispiel mit den Beobachtungsinstrumenten, machen konnte.

Beobachtungsinstrumente (16.05.2022 04:27)

Schon war von hinten die Dämmerung zu erkennen. Doch vor mir war die partielle Mondfinsternis am Fortschreiten, also kaum ein Blick nach hinten, sondern zur Eclipse. So wie 2003 - damals an wolkenlosem Himmel, doch an diesem Morgen war der klare Blick zum Mond keine Selbstverständlichkeit. Ein kleines Wolkenloch Mond zeigte ihn sehr klar in partieller Phase. Doch dann gab es immer wieder dramatische Wolkenkonstellationen mit dem Mond: Mehr streifenförmige Wolken, dichtere Cirren.

Die partielle Phase hat begonnen (16.05.2022 04:31)

Partielle Phase (16.05.2022 04:33)

Partielle Phase (16.05.2022 04:38)

Partielle Phase (16.05.2022 04:41)

Partielle Phase (16.05.2022 04:42)

Mondfinsternis über Dreieichenhain (16.05.2022 04:44)

Beim Wechsel der Objektive je nach Wolkenkonstellation sind die Zeit und die Helligkeit der Morgendämmerung hinter mir unbemerkt immer weiter fortgeschritten. Es ist immer heller geworden. 04:45 Uhr: Es ist Zeit die Jahrhundertzeiten-Bilder zu machen: Mond mit Dreieicher Vordergrund zwischen 04:49 und 04:53 Uhr. Ich hatte mir die Zeiten damals notiert. Anders als ein Digitalbild gibt es keine automatische Zeitaufzeichnung in den Negativen von 2003.

Durch die Cirren erschiene der Mond aber so zerlassen, der würde bei geringerer Brennweite ja ganz in der Cirrenmilch verschwimmen. Nur mit einer hohen Brennweite würde ich doch eine klare Kontur bekommen. Von diesem Gedanken lasse mich hinreißen, den Mond bei 650- und dann bei 400mm zu fotografieren. Erst dann mache ich mich auf den Weg entlang der Gemarkungsgrenze zwischen Dreieichenhain und Sprendlingen, um die  „Jahrhundertzeiten“-Aufnahmen beim Gang in Richtung Wasserhochbehälter anzugehen. Durch die geringere Phase der Verfinsterung (dickere Sichel) als zur gleichen Uhrzeit 2003, ein paar Minuten war die Finsternis doch später als vor 19 Jahren, sehe ich mich gar nicht unter Zeitdruck. In Wirklichkeit hatte ich die genaue Uhrzeit bereits verpasst. 

Partielle Phase am Dämmerungshimmel (16.05.2022 04:49)

Partielle Phase am Dämmerungshimmel (16.05.2022 04:50)

Der Mond wurde immer schwächer hinter Cirren und kleinen, aber immer mehr werdenden Vordergrundwölkchen. Ich nehme erst  noch eine Fotoposition ein, die ich damals nicht hatte, dafür ist aber der Mond noch am Himmel erkennbar, über dem Horizont von Dreieichenhain. Dann erreiche ich die erste Jahrhundertzeiten-Fotoposition, da ist der Mond schon weg. So gut wie weg: Auf dem Foto ist noch ein kleiner Lichthauch zu erkennen. 

Mondfinsternis über Dreieichenhain (16.05.2022 04:51)

Die Mondfinsternis verschwindet in den Wolken über Dreieichenhain bevor die totale Phase beginnt (16.05.2022 04:55)

Dann weiter zur Zielposition, bei der er über einer schönen Baumgruppe steht. Die Bäume von vor 19 Jahren sind noch da, aber nicht der Mond, denn der ist jetzt bereits von den Wolken völlig verdeckt. Es ist heller, genauso ein Licht wie vor 19 Jahren. Schöne blaugrün, fast türkisfarbene Felder und Bäume, ein zartblauer Himmel. Was andeutungsweise der Mond sein könnte sind aber nur schwache Reflektionen des Dämmerungshimmels in den Wolken.

Vielleicht wäre es noch gerade möglich gewesen, die Bilder an den Positionen zu exakt gleichen Uhrzeiten wie 2003 zu machen, aber ich war ein paar Minuten zu spät und da war der Mond gerade eben hinter Wolken verschwunden. Dennoch gibt es Vergleichsbilder. 

Die Mondfinsternis ist hinter Wolken verschwunden (16.05.2022 04:58)

Ich sehe noch ein paar Minuten über die Bäume über die jetzt kein Mond scheint. Das Wetter-Online Wolkenbild zeigt mir, dass es praktisch keine Chance gibt den Mond noch zu sehen, der Bereich über Rheinland-Pfalz der frei sein müsste ist es nicht. Ich gehe zurück und entdecke die Venus zwischen den Flugsicherungsmasten in der hellen Morgendämmerung.

Venus und Flugsicherungsmasten (16.05.2022 05:04)

Nun war noch etwa eine Dreiviertelstunde Zeit bis zum Sonnenaufgang. Ich meinte er würde gegen 6 Uhr sein. Ich positionierte meine Beobachtungsinstrumente etwas östlicher, mit direktem Blick auf die Stangenpyramide. Beim Warten auf den Sonnenaufgang tauschte ich mich per WhatsApp mit Alexander Birkner aus, der im Saarland viele Wolken hatte, aber zum Monduntergang ein Wolkenloch. Er hatte genau die Phase der Mondfinsternis bis zur Totalität bekommen, die mir hier gefehlt hatte.

Der Sonnenaufgang war heller als 2003, deutlich weniger Dunst. Und im Osten war es ja noch klar. Die verzwirbelte schmale Wolkenbank schmückte den Himmel genau über der aufgehenden Sonne an der Stangenpyramide sehr schön, aber bereits um 05:41 Uhr zeigte ich der erste Sonnenstrahl zwischen den Stangen der Dreieicher Pyramide.

Sonnenaufgang an der Stangenpyramide (16.05.2022 05:41)

Sonnenaufgang am Ebertsberg (16.05.2022 05:45)

Sonnenaufgang über Stangenpyramide und Ebertsberg (16.05.2022 05:48)

Sonnenaufgang über Stangenpyramide und Ebertsberg (16.05.2022 05:49)

Sonnenaufgang über Stangenpyramide und Ebertsberg (16.05.2022 05:50)

Sonnenaufgang über Stangenpyramide und Ebertsberg (16.05.2022 05:55)

Ich hatte meine Sachen bereits zusammengepackt, als ich sah, dass die Sonne von unten in die große Wolkendecke hochwanderte, die sich über mir breit gemacht hatte, und am Rand einen Schattenwurf erzeugte. Also Sachen nochmal raus und ein paar abschließende Fotos davon gemacht.

Die Sonne verschwindet hinter einer Wolkenbank, mit Schattenwurf (16.05.2022 06:19)

Dann eine kurze Fahrt nach Hause, Hereinholen der Sachen, Auto in die Garage, Bilder auf PC kopiert, korrigiert, konvertiert. Anschließend Frühstück und eine erster Arbeitstag (im Homeoffice) nach einem zweiwöchigen Urlaub.

Die Zeit ging schnell rum. So kurz war der Erleben der „Eclipse 2.0“, des Zwillings zur „Eisheiligen Eclipse“ vom 16.05.2003. 2022 war es deutlich wärmer und weniger Luftfeuchtigkeit, es gab keinen Tau.

Video auf meinem YouTube Kanal:

Zeitvergleiche folgen.

Stephan Heinsius, 17.05.2022, 21.05.2022, 30.05.2022. Video hinzugefügt am 20.06.2022.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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