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Roter Mond, Roter Planet und das Eclipse Fieber bricht aus!

Die Totale Mondfinsternis am 27. Juli 2018 in Dreieich

Der 27. Juli 2018 ist ein heißer Sommertag in Dreieich, 35 Grad zeigt das Gartenthermometer am Nachmittag. Seit Wochen herrscht sonniges Wetter und Trockenheit hat sich breit gemacht. Am Vormittag ist der Himmel noch wolkenlos, gegen Mittag wird es aber trüber und kleinere Quellwolken haben sich gebildet. Die Idee den Mond in der Region Stockstadt/Riedstadt hinter dem Melibokus aufgehen zu sehen verwerfe ich, der Dunst ist dafür zu stark.

Vormittags fahre ich mit dem Fahrrad die beiden Orte in Dreieich mit guter Horizontsicht nach Südosten ab. Im Höchten in der Verängerung der Straße "Vor der Pforte" weisen mobile Scheinwerfer auf einen schlechten Beobachtungsstandort am Abend hin. Am nahen Maislabyrith findet im Maiszelt am Abend eine Veranstaltung statt, die sich zeitlich mit der Mondfinsternis überschneidet. Hier sind viele Veranstaltungsbesucher und Autos zu erwarten.

Horizontsituation auf der Brücke im Norden von Götzenhain um 10:34 MESZ. Der Mondaufgangspunkt bei Azimut 122° ist mit einem Pfeil markiert.

Auch wenn hier der Mond als erstes über den Horizont in Dreieich tritt wende ich mich dem anderen Ort zu, westlich der Flugsicherungsmasten "auf der Hub". Dort trifft der Mond bei etwa 1 Grad Höhe über den örtlichen Horizont, einige Minuten später als im Höchsten, aber dafür sicher bei ungestörterer Beobachtung. Der zunehmende Dunst am Nachmittag lässt die Hoffnung langsam schwinden, den Mond vor 21:30, dem Beginn der Totalität überhaupt noch über dem Horizont zu entdecken. Zu diesem Zeitpunkt hat er gerade mal 2 bis 3 Grad Höhe erreicht, und die Sonne ist dann gerade mal etwa 20 Minuten vorher hinter dem Taunus bei etwa 1 Grad Höhe untergegangen.

Horizontsituation "Auf der Hub" im Westen von Götzenhain um 11:18 MESZ. Der Mondaufgangspunkt bei Azimut 123° ist mit einem Pfeil markiert.

19:21 MESZ - etwa 2 Stunden vor der Mondfinsternis steht mein Celestron C5 Teleskop auf der Dachterrasse bereit um den Mond zu empfangen. Im Laufe des Tages hat der Dunst zugenommen und es haben sich ein paar Quellwoken gebildet. Im Südosten über der Mondaufgangsregion hatte sich am Abend eine kleine Wolke gebildet, aus der vielleicht sogar etwas Feutigkeit herauskam. Meine Hoffnung den Mond nahe am Horizont zu entdecken schwindet. Aber noch sind es etwa zwei Stunden bis er hier erscheinen sollte.

19:21 MESZ - Blick zum Mondaufgangspunkt - das Celestron ist bereit

Zum um 21 Uhr fahre ich mit dem Auto auf die Höhe nahe der Flugsicherungsstation, genannt "Auf der Hub". Es sind ganz schön viele Leute hier, u.a. bei der Stangenpyramide, aber auch auf dem Feldweg Richtung Wasserhochbehälter. Ich kann kaum glauben, dass die Mondfinsternis so starkes Interesse hervorruft. Ich parke mein Auto auf der Höhe an der Seite nahe der Hecke, die die Grenze zwischen Götzenhain und Sprendlingen darstellt und gehe ein paar Meter weiter an den Punkt an dem obiges Foto mit dem Mondaufgangspunkt entstand. Dort hat sich bereits ein Paar niedergelassen, ich geselle mich dazu. Sie hatten mein Bild im Internet gesehen und sind genau hierher gekommen. Ich justiere meine beiden auf einer Schiene montierten kleinen mobilen Optiken (650 und 400mm Brennweite) und fokussiere. Hinter den Büschen hinter mir geht die Sonne unter, 21:10 Uhr.

Am Beobachtungsort "Auf der Hub"

Ich staune, es kommen immer mehr Leute herbei: In Autos, zu Fuß, mit Fahrrädern, sogar einen Camper entdecke ich. Der Weg gleicht einer Beobachterfront die sich zum Mondaufgangspunkt hin ausgerichtet hat. 21:18 Uhr: Nun sollte der Mond am Horizont über dem Höchsten in Götzenhain hervorkommen, doch der Dunst lässt ihn nicht durch, 21:21 Uhr, immer noch nicht. Vielleicht sind auch Wolken in der Ferne dazwischen. 21:30 Uhr - die Totalität hat begonnen und kein Mond, das war's erstmal. Bis der verfinsterte Mond durchkommt muss es noch viel dunkler werden. Ich rechne nicht vor 21:45 Uhr mit einer Sichtung und mache erst einmal ein paar Stimmungsaufnahmen am Ort. Ursprünglich wollte ich jetzt aufbrechen Richtung Im Höchsten um dort weitere Aufnahmen zu machen, aber ich habe mehr Freude daran hier mit den vielen Leuten die Mondfinsternis zu erleben und entschließe mich dazu bis kurz nach 22 Uhr hier zu sein, um dann zur maximalen Phase die Beobachtung von der Dachterrasse aus fortzusetzen, wo ja mein Celestron Teleskop mit Nachführung bereit steht.

Hier werden es jetzt immer mehr und noch mehr Menschen! Ich kenne diesen Ort seit etwa 50 Jahren und habe noch nie so viele Leute hier gesehen! Und das wegen der Mondfinsternis. 2003 habe ich auch hier eine Mondfinsternis in der Dämmerung beobachtet und erinnere keine anderen Menschen dabei (das war allerdings morgens früh). Hunderte müssen es inzwischen hier sein, lange Reihen die Feldwege entlang. Autos soweit das Auge reicht aus Richtung Neuhof und aus Richtung Dreieichenhain, einschließlich Scheinwerferlicht.

Ein schwaches rosanes Fleckchen ist am hellblauen Himmel bereits einge Grad hoch rechts neben dem Mondaufgangspunkt zu erahnen. Auf dem Foto ist der Mond als runde Scheibe bereits erkennbar. Mit dem 400er Scopos APO ED Refraktor ran und der blasse rosa Mond zeichnet sich am hellblauen Himmel ab! Anhand der Fotos stelle ich später fest, dass dies tatsächlich gegen 21:45 Uhr gewesen ist.

Unbeobachtet ist der Mond bereits um 21:39 MESZ fotografisch auf dieser kontrastverstärkten Aufnahme nachweisbar (aufgefallen bei Auswertung der Fotos am 29.07.2018, siehe Pfeil)

21:47 MESZ - Totale Mondfinsternis am Dämmerungshimmel (400mm)

21:51 MESZ - Totale Mondfinsternis über dem Höchsten


21:52 - Totale Mondfinsternis am Dämmerungshimmel (650mm)

In der entgegengesetzten Richtung strahlt der Dämmerungshimmel von Nordwesten noch Sonnenlicht herein. Es wird nach und nach weniger und der Mond wird langsam klarer. Im Dunst verbergen sich ein paar kleinere Wolken, die mit dem bloßen Auge schwer zu sehen sind, auf Fotos aber klar zur Geltung kommen. Diese decken den Mond zeitweise ab. Da er mit dem bloßen Auge schwer zu sehen ist fällt das kaum auf.

Mondfinsternisbeobachter vor dem Dämmerungshimmel

22:15 MESZ - Der total verfinsterte Mond schiebt sich aus Dunst und Wolken heraus

Die Zeit schreitet voran, und es kommen weiter immer mehr und mehr Leute. Ich kann es kaum glauben, die Alle interessieren sich für die Mondfinsternis, hier ist das Eclipse-Fieber ausgebrochen! Es geht gegen 22 Uhr. Ich merke, dass ich jetzt hier gar nicht mehr wegkomme, es ist alles voll! Ich muss also erst einmal auf nachgeführte Aufnahmen verzichten und bleibe zum Maximum hier, schließlich geht die Totalität ja noch bis 23:13 Uhr. Vor dem Maximum versteckt sich der Mond noch einmal hinter Wolken, aber um 22:22 Uhr ist er frei. Ich versuche ohne Nachführung so viel wie möglich rauszuholen, doch das geht nur zu Lasten der Bildqualität: Rauschen ist mir aber noch lieber als Verschwimmungen, also Empfindlichkeit bis auf ISO1600 hoch und unter 2 Sekunden bei 400mm geblieben.

22:22 MESZ - Totale Mondfinsternis 2018 - Maximum am Dämmerungshimmel

22:29 MESZ - Totale Mondfinsternis und Mars über Dreieich und den Fahrzeugschlangen "Auf der Hub"

Es wird dunkler, der Mond ist jetzt klar am Himmel zu sehen. Autoscheinwerfer stören immer mal wieder, vereinzelt gibt es auch Fotoblitze. Effekte die es gibt wenn sehr viele auch eclipse-unerfahrende Menschen zusammen kommen und das himmlische Ereignis gemeinsam erleben wollen. Es ist eine Sommernachtsstimmung der besonderen Art. Das Himmelsschauspiel hat ein großes Publikum, zur besten Zeit an einem Freitag Abend.

22:39 MESZ - Autoscheinwerfer während der Totalität

22:43 MESZ - Sommernachts-Mondfinsternis

Ich lege meine großen Optiken ins Auto und gehe mit dem leichten Stativ noch unterhalb der Stangenpyramide, um diese unter den verfinsterten Mond zu bekommen. Meine Aufnahmen vom 10. Mai 2017 vom selben Ort hatte ich mir durchgesehen gehabt und überlegt, ob diese auch mit verfinstertem Mond möglich seien. Ich hatte diese Aufnahmen in meinem Plan nicht mehr drin, denn der Mond stand damals tiefer und dieses Mal wäre bei gleicher Mondhöhe einer der Masten im Weg. Doch jetzt steht der Mond bereits schon deutlich höher (zu einem Zeitpunkt an dem ich ursprünglich ja schon gar nicht mehr hier sein wollte), also probiere ich das Motiv aus. 

22:49 MESZ - Verfinsterter Mond nahe der Radarantenne

22:55 MESZ - Totale Mondfinsternis über der Stangenpyramide, oberhalb des Mondes Sterne aus dem Sternbild Steinbock

23:01 MESZ - Totalität über der Stangenpyramide und den Flugsicherungsmasten

Aber jetzt schnell nach Hause, inzwischen sind weniger Leute da, ich müsste durchkommen und es ist kurz nach 23 Uhr - noch 10 Minuten bis Ende der Totalität! Doch ganz zügig geht das nicht, fast bis zum Neurothweg in Dreieichenhain gibt es immer wieder Autos und Leute. Zu Hause angekommen denke ich vor der Haustür an das Ende der Totalität 2015, zu dem ich damals das Haus verlies um die Finsternis über der Burg in Dreieichenhain zu sehen. Der Mond ist jetzt zwar hinter dem Haus, schnell hoch mit allen Sachen auf die Dachterrasse, und da ist die Totalität gerade zu Ende. Bis das erste Foto am Celestron C5 gemacht ist muss die Kamera montiert, das Teleskop ausgerichtet und fokussiert werden. Weitere Zeit verstreicht, doch dann gelingen mir noch schöne Aufnahmen der partiellen Phase mit Nachführung. Wie schön wären die vielen Sterne um den Mond herum während der Totalität, aufgenommen mit Nachführung? Aber man kann icht alles haben, es war ein tolles Erlebnis, mit all den vielen Menschen die sich für die Mondfinsternis interessieren.

23:21 MESZ - Einige Minuten nach Totalität zeigt sich noch das Rot des Mondes bei langer Belichtung mit Nachführung (8 Sekunden belichtet bei ISO 800 und f10)

23:27 MESZ - Partielle Phase über Götzenhain

23:33 MESZ - Partielle Phase (400mm)

23:39 MESZ - Partielle Phase (1250mm)

23:40 MESZ - Partielle Phase (1250mm)

23:50 MESZ - Partielle Phase (650mm)

23:51 MESZ - Partielle Phase (650mm)

23:51 MESZ - Partielle Phase (650mm)

00:18 MESZ am 28.07.2018 - Kurz vor dem Ende der partiellen Phase (650mm)

00:31 MESZ am 28.07.2018 - Halbschattenphase (650mm)

01:23 MESZ am 28.07.2018 - Der Vollmond ist wieder "ganz" (650mm)

01:36 MESZ am 28.07.2018 - Mond und Mars über Götzenhain

Noch bis kurz nach der Halbschattenphase mache ich vereinzelt Fotos, baue bereits ab und schreibe diesen Bericht bis in die frühen Morgenstunden. Es geht gegen 5 Uhr, die Morgendämmerung hat eingesetzt. Der Mond steht ganz im Westen, Mars ist bereits hinter einer Wolkenbank verschwunden. Gegen 5:30 Uhr folgt der Mond. Vorher noch letzte Fotos dieser Mondnacht gemacht bevor er in einer dunstigen Wolkenbank verschwindet die im Westen aufgezogen ist.

05:23 MESZ am 28.07.2018 - Der Mond verschwindet in Wolken im Westen

Und die nächste totale Mondfinsternis ist schon am 21. Januar 2019 und wieder eine in Dreieich sichtbare, wenn denn dann das Wetter mitspielt!

Stephan Heinsius, 28.07.2018.

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