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eclipseland@home – Zarter Schatten, Neubeginn?

Die partielle Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 in Dreieich-Götzenhain

Nach zwei coronabedingt ausgefallenen Reisen zur ringförmigen Sonnenfinsternis am 21. Juni 2020 nach Oman und zur totalen Sonnenfinsternis am 14. Dezember 2020 nach Argentinien hatte ich auch meine ursprüngliche Idee die ringförmige Sonnenfinsternis am 10. Juni 2020 zu Sonnenaufgang an den Großen Seen im Süden von Kanada zu beobachten schon vor Monaten aufgegeben. Bedingt durch die Corona Pandemie waren die Grenzen nach Kanada immer noch geschlossen. 

Doch diesmal sollte Corona mich nicht ein weiteres Mal vom Genuss einer Sonnenfinsternis aussperren, denn mein Heimatort Dreieich lag an diesem Tag noch im Bereich partieller Verfinsterung. Es sollte zwar nur eine kleine Ecke am oberen Rand der Sonne bedeckt werden, aber das mit der Möglichkeit das Sonnenfinsternis-Erlebnis zu Hause haben zu können. Zum Sonnenhöchststand zur Mittagszeit sollte auch bei Wolken im Laufe des zweistündigen Himmelsereignisses doch sicherlich einmal ein Blick auf die Konstellation möglich sein. 

Die Klimaveränderungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass es nun oft Wetterlagen mit wenig horizontaler Bewegung gibt. Das fiel mir besonders im Dezember 2020 auf, als wochenlange wind- und sonnenarme Zeit wenig Wetterveränderung brachte (und die wie ich vermute auch die zu der Zeit stark gestiegenen Coronazahlen der Vorweihnachtszeit mit verursacht hatte). Nun nicht vor der Wintersonnenwende, sondern vor der Sommersonnenwende eine ähnliche Situation. Tiefdruckgebiete sind irgendwann über Mitteleuropa „stecken geblieben“ und ließen seit Anfang Juni ein wenig wanderndes Gebiet feuchter Gewitterluft zurück. 

Anders als in den sehr trockenen Jahren zuvor grünte und blühte es nun rund herum, denn auch im April und Mai gab es ausreichende Niederschläge. Steigende Temperaturen noch unter 30 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit hüllten Dreieich in diesen Tagen in ein tropisches Flair. Am Abend vor der Sonnenfinsternis baute sich ein Gewitterturm über Frankfurt auf, eine tolle Kulisse für den Sonnenuntergang am 09. Juni 2021.


 Sonnenuntergang unter einem Gewitterturm über Frankfurt am 09. Juni 2021 21:16 MESZ

Am nächsten Morgen gab es einige Nebelschwaden und tief liegende Wolken über den Feldern nördlich und östlich von Dreieich-Götzenhain. Zeitweise war die Sonne durch den Nebel gefiltert, sodass Aufnahmen von Sonne und Landschaft möglich wurden.


 Sonne zwischen Nebelschwaden über Nebelschwaden am 10. Juni 2021 08:15 MESZ

Im Laufe des Tages verschwindet der Nebel durch die höher steigende Sonne, Dunst bleibt. Und es haben sich kleine Quellwolken gebildet.

Gegen 10 Uhr beginne ich meine Beobachtungsinstrumente auf der oberen Dachterrasse aufzubauen, die einen Blick über Dreieich und große Teile des Rhein-Main-Gebietes bietet, und natürlich auf die inzwischen hoch im Südosten stehende Sonne. Spätestens jetzt steigt das Eclipse-Fieber, die Begeisterung erwacht. Die Digitaluhr, die ich mir zur Sonnenfinsternis 1999 angeschafft hatte kommt wieder zum Einsatz. 11:27 Uhr MESZ – erster Kontakt. 


10. Juni 2021 11:21 MESZ - „Eclipse Mode = „on”

 
10. Juni 2021 11:27 MESZ - Erster Kontakt

Ein Flugzeug muss knapp an der Sonne vorbeigeflogen sein, denn ein frischer Kondensstreifen senkt sich und durchwandert die Sonnenscheibe von oben nach unten, gut auf dem Kameradisplay zu erkennen. Die Finsternis wird immer deutlicher. Die Vorfreude wird zur Freude: eclipseland@home!
 


Ein Kondensstreifen vor der Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 11:28 MESZ

Auf dem Display meiner Canon EOS-M50 ist der Mond bei etwa 1 Uhr Position nach wenigen Minuten deutlich zu erkennen. Ich poste gleich ein Bild meines Kamera-Displays und meiner Begeisterung in die WhatsApp-Gruppe der Eclipse-Reise von 2019, mit dem Kommentar „eclipse mode = on“!


10. Juni 2021 11:29 MESZ - Sonnenfinsternis auf dem Kameradisplay


 10. Juni 2021 11:34 MESZ - Wolkensituation

Der Rundung des Mondes ist zart und klein, klar das ist ringförmig in der zentralen Zone. Langsamer als „gewohnt“ zieht der kleine Mond in die Sonne hinein. Da ich mich nicht wie bei meinen Sonnenfinsternisreisen in der Zentralzone befinde wandert der Mond „seitlich“ herein, und das geht eben langsamer mit der Sonnenbedeckung, als wenn er direkt gen Mitte strebte.
Ich gehe in den Garten und nehme eine weiße Bilderrahmenpappe mit, um Eclipse-Projektionen durch die Pflanzen im Garten nachzuspüren. Unter dem Rosmarinbusch werde ich fündig, noch mehr unter dem Ahornbaum, wegen der höheren Größe des Baums gibt es auch größere Eclipse-Bilder. Da die Verfinsterung recht klein ist sind die Eclipsen aber nicht so gut zu erkennen, wie das zum Beispiel am 15. Januar 2010 unter den Palmen auf den Malediven der Fall war.


 Projektionen der Sonnenfinsternis im Garten am 10. Juni 2021 11:52 MESZ


Sonnenfinsternis an Ahornbaum am 10. Juni 2021 11:53 MESZ


Glockenblume im Garten während der partiellen Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 11:54 MESZ

Eine Wolke zieht von Norden an die Sonne heran. Ich eile vom Garten 3 Stockwerke nach oben zu meinen Beobachtungsinstrumenten und erwische die Sonne noch im Walimex 650-1300 teleskopischen Objektiv. 


10. Juni 2021 11:55 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis

Dann ziehen Wolkenfetzen, mehr oder weniger dicht über die Sonnenscheibe herein. Die recht kompakte Wolke hat sich verdünnt und erlaubt nun mit dem Teleobjektiv bei kürzester Belichtungszeit von 1/4000s, geringster Empfindlichkeit von ISO100 und maximal geschlossener Blende ungefilterte Aufnahmen. Da die EOSM50 keine optischen, sondern einen digitalen Sucher hat ist die Fotografie sicher möglich. 

Ich denke an meine ersten Sonnenfinsternis-Aufnahmen vom 30. Mai 1984, als ich die partiell verfinsterte Sonne an der Kante einer aufreißende Wolkendecke fotografierte – damals analog und ich glaube mit gehaltener Blendetaste, aber keineswegs so sicher wie heute. Und die Aufnahmen gelingen. Aureolen um die partielle Sonnenfinsternis sind in den Wolken erkennbar. Corona – aber eine gute!

 
10. Juni 2021 11:55 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:55 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:55 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:56 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:57 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:57 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:57 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken


10. Juni 2021 11:57 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken

Dann gibt es wieder eine wolkenfreie Zeit, weitere Fotos mit fotografischem Filter auf dem Walimex folgen – perfekter Fokus, der Anblick der vergrößerten Bilder auf dem Sucher macht richtig Spaß. Die alte EOD450D am Scopos ED APO 66/400 lässt sich schlechter fokussieren, das Display ist nicht schwenkbar und nicht so stark, diese Fotos kommen da nicht mit.
 


10. Juni 2021 12:00 MESZ - Mondrandprofil


10. Juni 2021 12:09 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis


Projektionen der Sonnenfinsternis im Garten am 10. Juni 2021 12:20 MESZ


10. Juni 2021 12:27 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis, etwa eine Minute nach dem Maximum

Alexander Birkner hat ähnlich gute Bedingungen im Saarland, einige Bilder und Infos wechseln per WhatsApp hin und her. Und ich spreche noch ein paar Videotexte aufs Handy, das ich provisorisch mit der Bilderrahmenpappe an einem Stativ befestigt habe. Vielleicht mache ich noch mal einen YouTube Beitrag zu dieser Sonnenfinsternis, wenn es die Zeit erlaubt.


10. Juni 2021 12:31 MESZ - Wolkensituation

Noch zweimal war ich im Garten, um ein paar Eclipsen im Schatten und an Blüten zu suchen. Aber es sind zu wenige runde „Löcher“ bei den Blüten und die Verfinsterung nicht soweit, dass es Sicheln gäbe, nur Sonnenscheiben mit runder „Aussparung“. Gelegenheit für Fotos durch eine hoch gehaltene Sofibrille, mit Zweigen von Büschen im Garten daneben. 


10. Juni 2021 13:07 MESZ - Blick durch eine Sofi-Brille an Haselnussstrauch


10. Juni 2021 13:10 MESZ - Blick durch eine Sofi-Brille an Jasmin

 
10. Juni 2021 13:14 MESZ - Blick durch Filterfolie

Und wieder zieht eine Wolke von Norden heran, als ob es daran liegt, dass ich in den Garten gehe. Schnell wieder oben, wie eben aber wieder die Sonne im Walimex erwischt und dann wieder in Wolken, eine weitere wunderschöne Bilderreihe entsteht. Doch dann ist der Mond inzwischen soweit rausgewandert, dass er bei leicht überbelichteten Teleaufnahmen schon nicht mehr zu sehen ist.

 
10. Juni 2021 13:19 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken

 
10. Juni 2021 13:19 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis zwischen Wolken

 
10. Juni 2021 13:24 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis

 
10. Juni 2021 13:26 MESZ - Partielle Sonnenfinsternis an Wolken (der Mond ist bereits überstrahlt)

 
10. Juni 2021 13:27 MESZ - Letzter Kontakt

Meine Zweifel, ob ich denn nach der Corona-Zeit noch so starkes Interesse an Sonnenfinsternissen haben würde sind gewichen. Ich denke es wird sicher wieder auf Reisen gehen – die Lust an der Planung des Neubeginns wird kommen. Doppelte Corona Impfung und Impfpass werden die Grundlage sein. Corona hat‘s gegeben, Corona hat’s genommen? Nein, Corona ist am Weichen und wird den Blick auf Corona wieder freimachen. Gedanken, Gedanken der letzten Monate, und jetzt die Freude und Hoffnung des Neubeginns, klimaneutral, auch das ist inzwischen möglich. Vielleicht bereits zum 20. April 2023 nach Australien? Aber vorher noch einmal mit dem Erlebnis zu Hause (ob mit freiem Blick oder hinter Wolken), am 25. Oktober 2022 gibt es wieder eine partielle Sonnenfinsternis in Dreieich zu sehen.

 
Sonnenuntergang am 10.06.2021 21:27 MESZ

Stephan Heinsius, 10. und 11. Juni 2021.

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