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Bushcamp Eclipse

Die totale Sonnenfinsternis am 4. Dezember 2002 in Camp Shingwedzi, Krüger Nationalpark, Südafrika

Erlebnisbericht

Stephan Heinsius und Eclipse 2002

Bei fast 100% geschlossener Wolkendecke Korona erfolgreich beobachtet!


Sonnenfinsternis in Afrika. Nach dem 21. Juni 2001 ein zweites Mal. Und noch mehr Gelegenheiten, Tiere und Landschaften zu beobachten. Das bot eine Reisebeschreibung an, die ich auf den Internetseiten des Reisebüros "Bonn-Südstadt" gefunden hatte. Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis im Krüger Nationalpark und eine Vielzahl an Tierbeobachtungen stand auf dem Programm, als Reiseleiter ein Biologe und Zoologe. Begeistert von den Pirschfahrten meiner Zimbabwe-Reise von 2001 wünschte ich mir nicht nur wieder eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten (vielleicht wären diesmal mehr und größere, auf jeden Fall andere Protuberanzen zu sehen), sondern auch wilde Tiere in schöner Landschaft mit kräftigen Kumuluswolken und klarem blauem Himmel, denn anders als im Juni sollte im Dezember in diesem Gebiet Afrikas Regenzeit herrschen.

In einer erstaunlich kleinen Reisegruppe von nur 5 Mitreisenden erreichte ich als Teilnehmer dieser Reise des Veranstalters "Karawane" nach Besichtigung der Städte Johannesburg und Pretoria schon am 29. November den Krüger Nationalpark, ganz im Nordosten Südafrikas gelegen. Die Fahrt ging von Pretoria aus Richtung Osten, unter anderem durch die beeindruckenden kargen Berglandschaften am Blyde River Canyon. Von den Bergen aus konnten wir bereits einige Tage zuvor in die östlich gelegene Ebene blicken, in der sich der ca. 60 Kilometer breite und 400 Kilometer lange Krüger Nationalpark erstreckt.

Die Safarifahrten im Krüger-Park, die kurz nach Sonnenaufgang um 5 Uhr morgens begannen, bescherten uns die Begegnung mit vielen verschiedenen Wildtieren in unterschiedlicher Umgebung, bei bedecktem und bei sonnigem Wetter, sowie in verschiedener Entfernung und Anzahl der Tiere. Leider war die Ruhe der natürlichen Umgebung nur dann erlebbar, wenn Klimaanlage und Motor unseres Busses ausgeschaltet waren. Die Stille der Weite des Parks blieb uns so leider oft vorenthalten. Doch so ganz still war es dann gar nicht gewesen, denn unzählig viele Tierstimmen prägten das Klangbild der Landschaft in Nah und Fern, hauptsächlich die Schreie und das Zwitschern der Vögel.

Elefantenpanorama

Elefantenpanorama
 

Impalas

Impalas
 

Zebras

Zebras
 

Löwin

Löwin
 

Hippos

Hippos

Giraffen

Giraffen
 

Dreibandregenpfeifer

Dreibandregenpfeifer
 

Wir bewegten uns durch die mittleren und nördlichen Bereiche des Parks, übernachteten in den Camps Satara, Letaba, Olifants und Shingwedzi. An den beiden Tagen vor der Sonnenfinsternis strahlte die Sonne vom sommerlichen blauen Himmel, wobei es die besten Kontraste durch die Schattenwürfe am Morgen und am Abend gab. Mittags stand die Sonne im Zenit (der südliche Wendekreis verläuft direkt durch den Park) und verlieh der Landschaft aufgrund der Schattenarmut einen fremdartig faden Anblick, den man aus Mitteleuropa nicht kennt und am ehesten mit dem Eindruck einer lichten hohen Bewölkung vergleichen kann, die die Landschaft trotz Helligkeit ihrer Schatten beraubt.

Am Vorabend der Sonnenfinsternis baute ich schon mal meine Teleskopausrüstung auf, bestehend aus einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm) und einem Skywatcher Refraktor (D=70mm, f=700mm). Vom Westrand des auf einem Hügel gelegenen Camps Olifants bestand nun die "Generalprobe" für die Sonnenfinsternis in der Aufnahme des Sonnenuntergangs über dem Krüger Nationalpark. Am Morgen hatte ich noch die Mondsichel 28 Stunden vor der Sonnenfinsternis gesichtet. Nun auch den letzten Sonnenuntergang vor dem großen Ereignis.

Sonnenuntergang im Krüger Nationalpark

Sonnenuntergang im Krüger Nationalpark
 

Mondsichel

Mondsichel 28 Stunden vor der Sonnenfinsternis
 

Doch würde das Wetter weiter so gut bleiben wie bisher? Schon den ganzen Tag über gab es im Westen und im Süden aufziehende Cirruswolken. Würden sie mehr werden und den ansonsten blauen Himmel verdecken? Der Gedanke einer heranziehenden Warmfront hatte sich aber schließlich gegen Mittag zerstreut, als die feinen Wolken zum Horizont hin wieder deutliche Lücken zeigten. Die Cirruswolken gaben schließlich dem Sonnenuntergang einen zusätzlichen Glanz.

4. Dezember 2002 - Tag der Sonnenfinsternis über dem Krüger Nationalpark - Aufstehen 3:20 Uhr, Abfahrt aus dem Camp Olifants um 4:00 Uhr. Statt um 4:30 Uhr sollte heute, am Tag der Finsternis, das Tor des Camps bereits um 4:00 Uhr geöffnet werden. Wir hatten von Olifants bis in die Totalitätszone mehr als 100 Kilometer zurückzulegen, mussten mögliche chaotische Verkehrsverhältnisse, Geschwindigkeitsbegrenzungen und ab bestimmten Zeiten Straßensperrungen mit einplanen.

In der Totalitätszone lag das Camp Shingwedzi, mit einer Totalitätsdauer von 1:26 Minute nahe der Zentrallinie gelegen, am günstigsten zur Sonnenfinsternis-Beobachtung. Laut Anschlag sollte es uns als von Süden Kommende jedoch nur erlaubt sein, bis zu einer temporär eingerichteten Beobachtungsstelle "Dzombo Plato" zu fahren. Die weitere Fahrt nach Norden, nach Shingwedzi, sollte nicht möglich sein.

Ich hoffte also darauf, Dzombo mit einer Totalitätsdauer von 1:12 Minute erreichen zu können, und nicht aufgrund zu später Anfahrt nach Mupani (0:41 Minute Totalitätsdauer) umgeleitet zu werden.

Noch in Olifants bemerkte ich, dass kaum Sterne zu sehen waren, und diese mit einem kleinen Schleier um sie herum. Hatten sich die Cirruswolken von gestern doch über den ganzen Himmel ausgebreitet? Innere Unruhe - Mal abwarten, wie es aussieht, wenn es heller wird...

Nicht Cirruswolken. Nein, auf unserer Fahrt nach Norden offenbarte sich in der Gegend um Letaba mit dem Hellwerden gegen 4:30 Uhr eine tiefe geschlossene Wolkendecke! Lediglich bei Letaba selbst ein deutliches Wolkenloch. Von Westen schien sogar eine Regenfront heranzuziehen! Die Hoffnung, überhaupt etwas von der Sonne während der Finsternis zu sehen schwand nahe Null. Ich dachte: "Da muss schon ein Wunder geschehen, wenn das noch etwas werden soll."

Wir passierten Mupani frühzeitig und fuhren weiter nach Norden, ereichten Dzombo bereits gegen 6 Uhr. Auch Dzombo konnten wir unerwarteterweise passieren und weiter nach Shingwedzi fahren. Trotz Stau vor Shingwedzi erreichten wir das Camp vor 7 Uhr.

Bereits in der Gegend von Dzombo verbesserte sich die Wettersituation derartig, dass es nun wieder spannend wurde. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und schien durch ihren zunehmenden Einstrahlungswinkel die Wolken aufzulösen. Die Wolkendecke wurde dünn, Wolkenlöcher bildeten sich. Eine zweite höhere Wolkendecke war nur relativ schwach ausgeprägt. Und trotz Wolken drum herum schien in Shingwedzi die Sonne, als wir dort ankamen.

Ich suchte sofort nach einem geeigneten Beobachtungsort und fand ihn trotz vieler Leute im Camp an einer freien Stelle mit Blickrichtung Osten nahe der Wetterstation am Ostrand des Camps. Da ich meine Teleskope schon am Tag zuvor aufgebaut hatte, und während der Fahrt auf zwei freien Sitzen im Bus, lediglich vom Stativ getrennt, zusammengebaut transportieren konnte, dauerte der Aufbau nur wenige Minuten.

Wolkensituation

Wolkensituation vor dem ersten Kontakt
 

Leider schien die Sonne nun nicht mehr. Der erste Kontakt um 7:13 Uhr blieb hinter Wolken verborgen und die Situation schien sich nicht zu ändern. Wir konnten bei diesen vielen Wolken schon froh sein, wenn wir nur ein einziges Mal die partielle Phase zu sehen bekämen! Ich saß bei der Reisegruppe, ein paar Meter von meinen Instrumenten entfernt. Ich sah ein kleines Wolkenloch und dachte, das könnte vielleicht interessant werden, ohne daran zu denken, dass es schon wenige Augenblicke später passieren würde: Beim nächsten Hinsehen sah ich sie tatsächlich und völlig unerwartet, die schon ca. 50% verfinsterte Sonne - " Da ist sie!" Ich rief es und wetzte zu meiner Ausrüstung, justierte, fokussierte und schoss die erste Aufnahme, notierte 07:45 Uhr.

Dann wieder Wolken. 8 Uhr - Sonne wieder da, nun für längere Zeit, aber ständig von Wolken abgeschwächt. Jetzt konnte ich meinen Revue Refraktor zum Einsatz bringen, aber nicht wie geplant mit, sondern ausschließlich ohne Filterfolie. Eine schwierige und (nur für sehr geübte Beobachter!) äußerst vorsichtig zu handhabende Situation. Die Belichtungszeiten ständig schwankend - das war nur noch mit Belichtungsautomatik zu machen. Keine Sonnenflecken zu erkennen. Mit Filter war alles dunkel, und ohne Filter die Sonne zu hell und das Risiko zu groß, diese genauer zu betrachten. Die Ecken der Sichel dienten mir zur Neufokussierung nach Herauswandern aus dem Bildausschnitt, und allein diese kurze Beobachtung war eigentlich schon zu riskant.

Sonnensichel (1): 600mm

8:00 Uhr: Blick auf die partielle Sonnenfinsternis

Sonnensichel (2): 910mm

Sonnensichel
 

Die Sonnensichel wurde immer schmaler, glänzende Farben in den vorbeiziehenden Wolkenstrukturen. Die Sonne kam und verschwand immer wieder mal hinter kleineren dichteren Wolkenbereichen. Eine Gruppe Spanier neben mir gab mir durch ihr Gerufe bei auftauchender Sonne indirekt Hilfe bei der Einstellung am Revue-Refraktor, denn die Schwierigkeit war ja, dass die zeitweise verschwundene Sonne nicht zum Einstellen (Bildausschnitt und Fokussierung) zur Verfügung stand und zusätzlich bei verschwundener Sonne nicht klar war, ob der Bildausschnitt stimmte. Es wurde kühler und dunkler, wenige Minuten bis zur Totalität! Ich entschied, die Videokamera (Sony DCR-VX 700) auf den Skywatcher Refraktor aufzuschrauben und einfach mitlaufen zu lassen, anstatt der ursprünglich geplanten Weitwinkel-Videoaufnahme von Korona und abziehendem Schatten.

Das ständige Hin und Her und die aufkommende Totalität ließ es mir heiß durch die Adern laufen, Zittern vor Erregung. Die schmale Sonnensichel, die gerade schon ihre Spitzen verlor, war weg, kein zweiter Kontakt zu sehen. Wie mit einem Dimmer das Licht heruntergedreht legt sich der Mondschatten von hinten über uns. Dunkelheit. Wolkenbäusche im Blickfeld des 35mm-Objektivs der Olympus OM1-Kamera.

Sonnensichel (3): 910mm

Sonnensichel kurz vor Totalität

Sonnensichel (4): 910mm

Sonnensichel kurz nach Totalität

Wolkensituation (hoch)

Wolkensituation kurz nach Totalität

Plötzlich ein Stück Korona, aber so schwach, auch im Teleskop: die Belichtungsautomatik der hinter dem Revue-Refraktor fokal bei 910mm positionierten Canon-EOS500N-Kamera will mir 8 Sekunden Belichtungszeit geben. Das ist (ohne Nachführung) viel zu lang, also Umschalten auf Manuell, 1,5 Sekunden, mehr darf es einfach nicht sein. Blick durch den Sucher vor dem Auslösen, doch da ist die Korona wieder weg, alles schwarz! Mit dem bloßen Auge erkenne ich die flächigen Flauschwolken, die sich schon wieder vor sie gelegt haben. Der Blick durch den Sucher der Videokamera zeigt nicht mehr. Im Sucher der Canon Kamera bleibt alles tief schwarz. Und wieder mit den bloßen Augen hinsehen: Da ist sie wieder, die Korona. Die Spanier rufen. Im Sucher der Kamera ist sie auch zu sehen, etwas nach oben rausgewandert, trotzdem auslösen mit 1,5 Sekunden Belichtungszeit.

Korona

Korona
 

Korona kontrasterhöht

Korona 25% kontrasterhöht
 

Die Korona ist als dunkler schwacher Kranz zu sehen. Ja sie ist vollständig, aber so dunkel, sie kann sich nicht von den Wolken lösen, und schon ist sie wieder weg. Rund um die Stelle, wo sie gerade war, ist mit den bloßen Augen nun zu sehen, dass es da rund herum etwas heller ist, ein Kranz kleinster Wolkenlöcher, oder einfach nur etwas dünnere Stellen am bedeckten Himmel. Und da geht das Licht wieder an. Hinter der kleinen Flächenwolke, nur wenige Sonnendurchmesser groß, bricht das Licht wieder hervor. Es wird hell, auch um mich herum. Und da ist gleich wieder die schmale Sonnensichel zu sehen, noch ist sie nicht ganz rund. Sie steht anders herum als vorher, der Mond wandert nun wieder auf der anderen Seite der Sonne heraus.

Ich machte noch ein paar Fotos bei 910mm, zoomte mit der Videokamera noch etwas wieder an die Sonnensichel heran. Vor der Totalität musste ich wegzoomen, damit die nach oben links wandernde Sonne überhaupt noch sicher im Bild bleiben würde. Eine Neueinstellung am Stativ war mir so kurz vor Totalität zu riskant, da ja nicht sicher war, ob die Sonne zur Ausrichtung des Bildausschnitts lange genug zu sehen sein würde.

Den Skywatcher-Refraktor, den ich zur Beobachtung verwenden wollte, konnte ich kaum nutzen, da es durch die sich ständig ändernden Lichtverhältnisse für den direkten Blick in die Sonne zu riskant war, und mit Sonnenfilter (Baader-Folie) aber kaum etwas zu sehen war.

Die wieder dicker gewordene Sonnensichel zeigte sich dann doch für ein paar Minuten recht gut mit Filter sichtbar, so dass ich mir und den Anderen aus der Gruppe die Blicke durch beide Teleskope gönnen konnte und zudem auch noch bei einem Viertel des bisherigen Bildausschnitts noch Aufnahmen mit 2xTeleConverter bei 1820mm machen konnte.

Kurz darauf kamen kräftigere Wolken auf, die bis zum Horizont reichten. Die Sonne blieb nun über eine halbe Stunde lang ganz dahinter verborgen. 10-15 Minuten vor dem vierten Kontakt kam sie wieder heraus und war schon reichlich in Richtung Zenit emporgestiegen. Ich machte noch einige Fotos bei verschiedenen Brennweiten, und konnte den Mond bis zum vierten Kontakt um 09:38 Uhr verfolgen.

Sonnensichel (5): 910mm

Sonnensichel
 

Sonne mit Flecken: 1820mm

Sonne mit Flecken einige Minuten vor dem vierten Kontakt

Danach gönnte ich mir erst einmal ein kleines Frühstück, räumte dann meine Sachen zusammen, zerlegte die Teleskope und verpackte sie wieder. Gegen 10:10 Uhr kam unser Bus wieder und holte mich ab. Nach dem Bezug unserer Zimmer in Shingwedzi ging es wieder auf Pirschfahrt, diesmal entlang des fast ausgetrockneten Shingwedzi Flusses.

Tiere waren hier kaum zu sehen. Vielleicht waren auch sie noch so mit dem Eindruck der gerade zu Ende gegangenen Sonnenfinsternis beschäftigt wie ich. Es war total aufregend und spannend, wegen der ständig wechselnden Wolkenverhältnisse und der Totalität, während der es doch möglich war die Korona zweimal zu sehen, auch wenn man den Eindruck hatte, dass der Himmel voller Wolken hing.

Mit diesen Wolken begann nun die Regenzeit, denn am Tag darauf war das Wetter ähnlich, und dann begann es zu regnen. Nun gab es tatsächlich die sonnigen Morgende und die großen Haufenwolken am Nachmittag und Abend, aus denen es heftige Regengüsse gab.

Zum Abschluss der Reise waren wir im privaten Wildreservat Entabeni in den Waterbergen, eine wunderbare Berglandschaft, in der wir schließlich doch noch die Nashörner gesehen hatten, die wir im Krüger Park vergeblich suchten.

Rhinos in Entabeni

Rhinos in Entabeni
 

Stephan Heinsius.

Abschrift der Aufzeichnungen vom 5. und 8.12.2002 am 14.12.2002, Hinzufügen der Bilder am 15. und 18.12.2002.

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