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Licht und Schatten in Samt und Seide

Die Partielle Mondfinsternis am frühen Morgen des 18. September 2024 in Dreieich

Gefüttert aus kühler Luft aus dem Norden und heißer Luft aus dem Südosten hat sich um den 15. September 2024 herum ein Tiefdruckgebiet im Osten und Süden von Deutschland so intensiv und dauerhaft platziert, dass während der folgenden Tage verdampftes Wasser aus dem Mittelmeer in Form von heftigen Regenfällen in diesen Gebieten viele Überflutungen verursacht. Am 17. September, dem Tag bevor der Vollmond in den Schatten der Erde eintreten soll, ist es nach einem kühlen bewölkten Tag wieder sommerlich warm geworden, mit Temperaturen über 20°C. Sonnenschein, aber bei recht dunstigem Wetter, mit einem ungewöhnlich warmen Nordwind. Das Tiefdruckgebiet hat heiße Luft aus dem Südosten nach Norden gesogen und am 17. September über Deutschland hinweg wieder nach Süden fließen lassen.

Irgendwie ein östlich kontinentales Klima, kein kühler Westwind, und ein Dunst der sich wie Samt und Seide über den Himmel verteilt und die Luft erfüllt hat. Ich überlege wo ich den aufgehenden Vollmond beobachten kann, und komme zu dem Schluss, dass der Mondaufgangsazimut günstig für den Dreieicher Stadtteil Offenthal ist. Also geht es kurz nach 19 Uhr mit dem E-Bike los. Südlich von Götzenhain passe ich den Sonnenuntergang über dem Dreieichenhainer Wald ab. Da es so dunstig ist, ist dieser sehr schön zu sehen. Der Wald erreicht hier vielleicht noch etwas mehr als 1° Höhe. Bei klarer Luft wäre die Sonne noch blendend hell, wenn sie hinter den Bäumen verschwindet, aber jetzt ist der Sonnenball perfekt. Weiter geht es dann auf die Anhöhe westlich von Offenthal.

Sonnenuntergang über dem Dreieichenhainer Wald, aufgenommen im Süden von Götzenhain (19:24 MESZ)

Über dem Odenwald sind noch Wolkenfelder unterwegs. Der Mond ist nicht zu sehen, obwohl er nahe der Vollmondposition und der Ekliptik steht, zeigt er sich trotz bereits untergegangener Sonne nicht am Horizont über Offenthal. Nach ein paar Minuten entdecke ich ihn aber. Er hat sich dann bereits in ca. 2° Höhe vorgeschummelt, getarnt durch den dichten Dunst. Zunächst nur ganz schwach ist die Mondsilhouette am hellblauen Abendhimmel über dem Ort zu sehen. Der Mond steigt höher und wird klarer. Zum Zeitpunkt der Helligkeitsbalance zwischen Mondlicht und Streulicht in der Erdatmosphäre steht er er bereits einige Grad über dem Ort, das schöne Bild, das ich mir vorgestellt habe!

Mondaufgang über Offenthal (19:48 MESZ)

Mond über Offenthal (19:58 MESZ)

Es wird immer dunkler, der Mond steigt höher und wird heller. Der scharfe Nordwind, der in Götzenhain zu spüren war, weht nicht bis hierher, offensichtlich durch den Wald bei Philippseich abgeschirmt. Es ist heute auch abends noch so mild. Noch ein paar Mondbilder, nach und nach immer näher am Ort, und mit dem Aral-Pylon der vor dem Ort platzierten Tankstelle. Dieser leuchtet deutlich dunkler als die andere Tankstellenbeleuchtung und passt von seiner Helligkeit gut zum Licht des vollen Mondes. Nach etlichen Fotos und Videosequenzen fahre ich nach Hause.

Mond über der Tankstelle westlich von Offenthal (20:01 MESZ)

Mondschein über Offenthal (20:46 MESZ)

Gegen 21:30 MESZ zeigt wetteronline.de nun zahlreiche großflächige Wolkengebiete über Deutschland an. Sie war noch am Tag erstaunlich gut, wolkenloser Himmel die ganze Nacht über! Die Mondbeobachtung im weiteren Verlauf der Nacht wird wahrscheinlich kein Selbstläufer mehr. Aber hin und wieder könnte sich der Mond während der Finsternis bestimmt doch blicken lassen? Mein letzter Blick zum Himmel an diesem 17. September zeigt den Mond fast ganz verdeckt zwischen flächigen Wolken, die nur wenige kleine Risse aufweisen. Noch sind ein paar Stunden Zeit bis zur Mondfinsternis, kein Grund zur Beunruhigung.

Ich stelle mir für 3:55 MESZ den Handywecker, nur etwas mehr als 4 Stunden sind in der folgenden Nacht zum Schlafen eingeplant, denn der Erdschatten wird ab 2:40 MESZ den Mond erfassen, eine kleine partielle Mondfinsternis steht bevor, Beginn der ersten Halbschattenphase um 02:40, partielle Phase von 04:12 bis 05:16 mit Maximum um 04:44, Ende der zweiten Halbschattenphase um 06:47 MESZ.

Tatsächlich werde ich gegen 02:45 MESZ wach. Ein kurzer Blick aus dem Fenster Richtung Mond zeigt keine Auffälligkeiten am Mond, aber einen klaren Himmel.

Um 03:55 MESZ geht es wie geplant los, mit einem Blick zum Himmel. Der Mond ist noch nicht in den Kernschatten der Erde eingetreten, aber deutlich ist rechts oben die Abschattung erkennbar. Die ersten Fotos bei 1000mm mache ich kurz vor Beginn der partiellen Phase um 04:10 MESZ. Der Himmel ist wolkenlos. Der Dunst umgibt den Mond wie ein samtseidener Schleier, der durch sein Streulicht erscheint.

Mondfinsternis zwei Minuten vor Beginn der partiellen Phase (04:10 MESZ)

Wolkensituation um 04:14 MESZ (rechts am Geländer ist der Saturn zu erkennen)

Die Mondfinsternis geht weiter, nun ist der Kernschatten rechts oben sichtbar und wandert langsam, unmerklich weiter am rechten Mondrand entlang nach unten. Bei längerer Belichtung ist auch der dunkle, nur vom Dämmerlicht der Erdatmosphäre beschienene Mondteil zu sehen. Irgendwie ist es mild, doch auf der oberen Dachterrasse ist der Nordwind unangenehm kalt. Unten lässt es sich gut stehen und mit langen Brennweiten fotografieren. Oben mache ich ein paar Weitwinkelaufnahmen, u.a. die Wintersternbilder mit Mars und Jupiter über Götzenhain.

Wintersternbilder mit Mars und Jupiter über Götzenhain um 04:34 MESZ

Mondfinsternis zum Maximum der partiellen Phase (04:44 MESZ)

Um 04:44 MESZ ist das Maximum der Finsternis erreicht, der Mond ist deutlich "angeknabbert". Um 05:00 MESZ endet das Nachflugverbot am Frankfurter Flughafen, etwa 10 bis 15 Minuten vorher kommen drei aufeinanderfolgende Flugzeuge, die über Offenthal in den südlichen Gegenanflug einschwenken und dann nur wenige Grad links vom Mond vorbeifliegen. Schade, ein paar hundert Meter fehlen, um einen Durchflug zu bekommen. Ich überlege den Standort zu wechseln, doch bei Flightradar24 sind keine weiteren Flugzeuge in dieser Anfluglinie erkennbar, also erstmal nicht.

Flugzeugstreifen wenige Grad neben der Mondfinsternis (04:50 MESZ)

Von nun an wird die Abschattung wieder geringer, denn der Mond wandert weiter, wieder aus dem Erdschatten heraus. Bald ist auch schon das Ende der partiellen Phase erreicht, um 05:16 MESZ hat der Kernschatten den Mond wieder verlassen, aber der tiefe Halbschatten ist noch deutlich am rechten Mondrand zu sehen. Hier ist die durch die Erde verursachte Sonnenfinsternis noch tief partiell.

Partielle Mondfinsternis an wolkenlosem Himmel über Götzenhainer Bäumen (05:13 MESZ)

Mondfinsternis zum Ende der partiellen Phase (05:16 MESZ)

Mondfinsternis nach Ende der partiellen Phase (05:17 MESZ)

Zweite Halbschattenphase (05:31 MESZ)

Nun wechsle ich doch den Standort und gehe zu Fuß mit zwei Stativen in das Götzenhainer Feld nördlich des Ortes, über die Brücke über die Umgehungsstraße hinweg. Hier gibt es freien Blick nach Westen, eine Wiesenlandschaft mit vereinzelten Baumgruppen und Gebüschen mit Horizonthöhen bei vielleicht 2° kann hier als Kulisse für den kommenden Monduntergang dienen. Doch noch ist es dunkel, aber der irdische Sonnenaufgang auf den zuvor abgeschatteten Mondgebieten schreitet immer weiter voran und der Erdschatten wird nach und nach unauffälliger. Um 05:46 MESZ ist er noch klar, um 06:00 MESZ noch schwach erkennbar.

Halbschatten-Mondschein an der Götzenhainer Umgehungsstraße um 05:43 MESZ

Halbschatten-Mondschein im Feld nördlich von Götzenhain um 05:56 MESZ

Halbschatten-Mondfinsternis (06:00 MESZ)

Nun kommt über dem Acker in östlicher Richtung schwach die Dämmerung am Osthorizont erkennbar in Erscheinung. Das Licht des Vollmonds scheint inzwischen wieder in nahezu voller Stärke auf das Land. Allerdings steht der Mond bereits tief im Westen, sodass er beginnt eine gelblich organgene Färbung einzunehmen.

Dämmerung und Mondschein im Feld nördlich von Götzenhain (06:04 MESZ)

Dämmerung und Mondschein im Feld nördlich von Götzenhain (06:06 MESZ)

Mondlicht in der Morgendämmerung im Götzenhainer Feld (06:17 MESZ)

 

Mondschein im Feld nördlich von Götzenhain (06:19 MESZ)

Mondschein im Götzenhainer Feld (06:32 MESZ)

Mondschein in einem Apfelbaum nördlich von Götzenhain (06:33 MESZ)

Mond über Wiesen und Feldern nördlich von Götzenhain (06:38 MESZ, Kompositaufnahme)

Mond nach Ende der zweiten Halbschattenphase um 06:50 MESZ

Monduntergang im Feld nördlich von Götzenhain (06:51 MESZ)

Monduntergang im Feld nördlich von Götzenhain (06:54 MESZ)

Blasser Mond über Götzenhainer Kreuzung (07:00 MESZ)

Es wird heller, der Mond sinkt weiter und wird blasser. Für wenige Minuten ist wieder die Lichtbalance gegeben: Mondlicht und Streulicht der Sonne in der Erdatmosphäre halten sich die Waage, was Aufnahmen von Mondoberfläche und irdischer Landschaft mit einer Einzelbelichtung möglich macht. Die zweite Halbschattenphase ist inzwischen auch, unmerklich, zu Ende gegangen. Ich gehe wieder über die Brücke und erwarte die aufgehende Sonne auf der Höhe Im Höchsten. Es dauert nur wenige Minuten, da erscheint sie über den Bäumen des Dietzenbacher Walds und löst den Mond dabei ab, die Feldlandschaft und Götzenhain in ein samt seidenes Septemberlicht zu tauchen.

Sonnenaufgang über dem Dietzenbacher Wald (07:14 MESZ)

Sonnenaufgang über dem Dietzenbacher Wald (07:15 MESZ)

Sonnenaufgang über dem Dietzenbacher Wald (07:21 MESZ)

Während und kurz nach der Mondfinsternis ist die Sonnenfinsternis-WhatsApp Gruppe wieder in gegenseitigem Kontakt. In Nordhessen, im Schwarzwald und im Saarland gelingt die Mondfinsternisbeobachtung ebenfalls, jedoch nicht in Nordostbayern. Zu um 7:20 MESZ zeigt Wetteronline weite Gebiete Deutschlands, besonders im Norden und im Osten mit großflächigen Wolkengebieten an.

Stephan Heinsius, 18. und 19.09.2024.

 

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