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Silbermond im Goldgewand

Die  totale Mondfinsternis am 09. November 2003 in Dreieich-Dreieichenhain

Erlebnisbericht


Ungewöhnlich für November herrschte schon tagelang vor der totalen Mondfinsternis, die sich in der Nacht vom 8. auf den 9. November 2003 abspielen sollte, ein mildes sonniges Spätherbstwetter, mit gelb gefärbten Wäldern und blauen Himmeln schönster Art.

Auch am Samstag den 8. November 2003 erstrahlte die Sonne von einem tiefblauen Himmel über dem Rhein-Main-Gebiet und die Aussichten auf die Beobachtung der Mondfinsternis waren sehr gut. Mofi-Fieber - Vorfreude stellte sich ein.

Am Nachmittag zogen von Süden her einige Wolken auf, doch es waren noch etwa 10 Stunden bis zur Mondfinsternis, also noch keine ernsthaften Befürchtungen zu hegen. Doch es zog sich weiter zu. Sonnenuntergang und Mondaufgang, und viele großflächige mehr oder weniger dichte Wolkenschleier, dichter als Cirren, aber doch noch hoch und dünn genug, um am frühen Abend den Mond zwischen den Wolken erkennen zu können. Die Situation verschlechterte sich weiter und der Mond verschwand. Nur noch der bläuliche Schimmer des Vollmondlichtes drang durch die Wolkendecke. Diese war allerdings sehr hoch, denn von Südosten überfliegende Flugzeuge waren anhand ihrer Landescheinwerfer weiter zu sehen.

Eine kurze Autofahrt durch den Ort zwecks eines Kegelabends mit Freunden, aber leider nicht ohne Scheibenwischer. Jetzt hatte es auch noch begonnen zu regnen! Und wie so eine nach der anderen Kugel auf alle Neue zurollte, dachte ich nicht mehr an den Mond, die Wolken und den Regen, und wie es draußen wohl aussehen könnte. Diese Gedanken kamen mir erst wieder als die Müdigkeit der Beteiligten den rollenden Kugeln ein Ende bereitete. Und draußen vor der Halle: Mal sehen wie es jetzt ist. Die hohen bis mittelhohen Wolken zeigten zahlreiche mehrere Grad große Lücken und waren teilweise so dünn, dass der Mond uns entgegen blickte. Schnell zogen die Wolken von Süden vor ihm herüber. Auch kein Problem, als es sich einige Minuten später wieder verdichtete. Zahlreiche Wolkenlöcher ließen zumindest eine 50/50 Chance für die Beobachtung der Totalität annehmen.

Der nicht wahrnehmbare Beginn der Halbschattenfinsternis begann noch hinter hohen Wolken, doch der Blick gegen 23:30 MEZ zeigte ganz ähnlich wie am 30. Oktober vor der Beobachtung der Nordlichter schmale dunkle Bereiche ca. 10 Grad über dem südlich gelegenen Dreieichenhainer Wald. Kurz verifiziert per Feldstecher: Ja ein Stern ist darin zu sehen.

Jetzt brachte ich meine Ausrüstung auf dem Balkon in Stellung. Zum Einsatz kamen die üblichen Instrumente: ein Celestron C5 (f=1250mm, D=125mm) mit Nachführung, ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) und ein SkyWatcher Refraktor (f=700mm, D=70mm), die Refraktoren parallel montiert auf einem Eschenholzstativ. Zur Fotografie benutzte ich meine Canon EOS500N, später kam auch meine Sony DCR-VX700 Videokamera zum Einsatz.

So gegen 23:50 MEZ durchlief der Mond die letzten Schäfchenwolkenfelder, die von Süden über den Mond streiften. Ein optimaler Himmel für Eclipsebeobachtung: breite großflächige klare Wolkenlöcher, wenige schmucke mittelhohe Wolken, teilweise bankartig angeordnete Schäfchenwolken mit deutlicher Auflösungstendenz.

Jetzt war der Mond ganz frei, die Halbschattenfinsternis am linken oberen Rand des Mondes als leichte Abschattung bereits erkennbar. Meine erst Aufnahme: fokal mit 2xTelekonverter durch den Revue-Refraktor. 1820mm ohne Nachführung, Justierung und Fokussierung per Positionierung der Kamera auf einem Stativ, nur durch eine locker sitzende Pappröhre mit dem Teleskop verbunden. Vibrationssicher, aber übungsbedürftig. Minuten dauerte es bis zur jeweiligen Neujustierung. Im Laufe der Eclipse-Stunden kam die Übung wieder, und die Einstellung gelang immer schneller.

0:32 MEZ. Mit dem Eintritt in den Kernschatten der Erde begann die erste partielle Phase. Schon vorher hatte sich deutlich sichtbar die Halbschattenfinsternis in den Mond gefressen. Nun begann der Kernschatten den Mond von Minute zu Minute einzunehmen. Ein kleines Segment am oberen Mondrand fehlte. Silbermond eclipsifiziert leuchtet über dem Nachthimmel von Dreieichenhain!

Partielle Eclipse, ein phantastischer Eindruck im Feldstecher. Noch mal ein paar keine Wolkengruppen die am Mond vorbeiziehen, ein Schmuck für dieses Silberjuwel am Himmel. Keine schaffte es seinen Glanz zu verhüllen. Dann steht der Mond mit seiner Aussparung wieder allein da.

So rund dieser Erdschatten. Inzwischen hat er sich über die Mitte der Mondscheibe gelegt und die verbleibende Sichel zeigt mit ihren Hörnern nach oben. Wie Erdschein ist die dunkle Seite des Mondes zu sehen. Ich wage ein Experiment und belichte einen Ausschnitt des Mondes, der nur am Bildrand den Übergang zur Sichel zeigt, aber zentral die Schattenseite des Mondes, schon einmal 8 und 15 Sekunden belichtet. Während der Totalität möchte ich auch schon mal 30 Sekunden belichten.

Mondfinsternis 2003 - erste partielle Phase

Erste partielle Phase

am 09. November 2003 00:29 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon 2xTeleConverter, 1/45 Sekunde belichtet auf Fuji400 Negativfilm. Die Fokussierung wurde durch die Positionierung des Stativs vorgenommen, auf dem die Kamera separat montiert war. Eine Pappröhre schützte vor störendem Lichteinfall.

Mondfinsternis 2003 - erste partielle Phase

Erste partielle Phase

am 09. November 2003 01:35 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Celestron C5-Teleskop (f=1250mm, D=125mm), ca. 12 Sekunden belichtet auf Fuji400 Negativfilm. Um die Vibrationen durch den hochklappenden Spiegel ausschwingen zu lassen, wurde das Objektiv zunächst mit einer Pappe abgedeckt.

Anders als bei einer Sonnenfinsternis ist ja bei einer Mondfinsternis wegen der längeren Totalitätsdauer in Ruhe Zeit, die Optiken der Kamera zu wechseln. So konnte ich folgende Brennweiten zur Fotografie einsetzen: 1820, 1250, 910, 600, 300, 75, 60, 50 und 24mm. Doch die Momente kurz vor und kurz nach Beginn und Ende der Totalität mit ihren starken Lichtänderungen und Mofi-Diamantringen dauern auch nur wenige Minuten.

Nun begann die erste dieser spannenden Phasen. Die Farbenpracht der dunklen Mondseite war schon zu sehen. Links noch die immer schmaler werdende Rundung, auf die letztes Sonnenlicht auf den Mond fiel. Jetzt waren die Sterne deutlicher zu sehen. Im Feldstecher und im SkyWatcher funkelten die Sterne direkt in Mondnähe. Ein wunderbarer Blick. Der Silbermond inzwischen abgeschält und nun in goldenem Glanz wie ein flacher Teller, der sich nach rechts zum Zentrum des Erdschattens hin in deutlich dunkleres bräunliches Rot gefärbt, am Himmel über Deutschland, Europa und der halben Erde präsentierte.

Durch den Sucher der Canon ist lediglich eine matte graugrüne Scheibe zu erkennen, das Rot irgendwie verschluckt. Aber der Blick durch Feldstecher oder SkyWatcher, aber auch mit dem bloßen Auge zeigt auch die Rottöne. Totalität. Total und wunderschön. Zur Mitte der Finsternis um 02:18 MEZ wurde der Kontrast im Mond etwas schwächer, die goldgelben Anteile gingen zu Gunsten der rotbraunen zurück. Keine Schatten mehr im Vollmondlicht, dafür leuchtende Sterne. Hyaden, Plejaden und die Mondtotalität bilden ein Dreieck, das im Ausschnitt einer 50mm Aufnahme hervorragend Platz findet.

Mondfinsternis 2003 - Totalität

Totale Mondfinsternis

am 09. November 2003 02:20 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Celestron C5-Teleskop (f=1250mm, D=125mm), ca. 12 Sekunden belichtet auf Fuji400 Negativfilm. Um die Vibrationen durch den hochklappenden Spiegel ausschwingen zu lassen, wurde das Objektiv zunächst mit einer Pappe abgedeckt.

Mondfinsternis 2003 - Teleskope während der Totalität

Teleskope während der Totalität

am 09. November 2003 02:29 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N und Canon 24-85mm-Weitwinkelzoom bei 24mm und f3,5, 15 Sekunden belichtet auf Fuji400 Negativfilm.

Und schon ist das Maximum vorüber, ich mache ein Bild nach dem anderen, Langeweile kommt da gar nicht erst auf. Und Kälte? Kein Problem, warm gekleidet und das Wohnzimmer hin und wieder aufgesucht. Auch von dort: Der Blick durch das Dachfenster, die Eclipse begleitet mich weiter.

Ein paar frühe Lebkuchen der Saison als Gegenmittagessen, und draußen die Mondfinsternis. Ein 400er Film nach dem anderen verlässt belichtet meine Kamera. Hätte ich nicht gedacht, dass ich doch so viele Bilder machen würde. Aber eigentlich ist es klar, denn es ist das erste Mal, dass ich die Gelegenheit habe, mit einer Nachführausrüstung den roten Mond bei besten Beobachtungsbedingungen ablichten zu können. Und da lasse ich es mir nicht entgehen, dies auch mit verschiedenen Brennweiten zu tun: 1250, 600, 300, 75, 60 und 50mm, und dann auch mit Vordergrund ohne Nachführung bei 24mm.

Austritt. Die zweite partielle Phase beginnt. Wieder ein herrlicher Diamantring, nun die Linse des Eclipse-Eyes auf der linken Seite. Im Laufe der nächsten halben Stunde öffnet sich eine Sichel, mit den Hörnern nach rechts, parallel zum Horizont. Sie steht am Südwesthimmel, schon einige Grad tiefer als zu Beginn der Finsternis, als der Mond hoch im Süden stand. Es wird heller, der Mond wirft wieder Schatten. Die Dunkelheit, der goldene Glanz und die funkelnden Sterne der Totalität sind vorüber. Die Sterne verblassen immer mehr im heller werdenden Mondlicht. Um 04:05 MEZ ist wieder die Halbschattenphase erreicht. Der Mond erlangt seine Vollständigkeit wieder. Die Videokamera, an die ich zu Beginn gar nicht gedacht habe, kam ab der zweiten partiellen Phase zum Einsatz, huckepack auf dem SkyWatcher montiert, mit 2xTele-Konverter etwa 860mm Kleinbildbrennweite erreichend.

Mondfinsternis 2003 in Taurus

Mondfinsternis in Taurus

am 09. November 2003 02:48 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N und Canon 24-85mm-Weitwinkelzoom bei 60mm und f4,0, 30 Sekunden belichtet auf Fuji400 Negativfilm.

Mondfinsternis 2003 - zweite partielle Phase

Zweite partielle Phase

am 09. November 2003 03:49 MEZ, aufgenommen in Dreieich-Dreieichenhain mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon 2xTeleConverter, 1/15 Sekunde belichtet auf Fuji400 Negativfilm. Die Fokussierung wurde durch die Positionierung des Stativs vorgenommen, auf dem die Kamera separat montiert war. Eine Pappröhre schützte vor störendem Lichteinfall.

Nach und nach verflüchtigte sich auch die Halbschattenfinsternis. Ich räumte meine Instrumente ein. Gegen 04:30 MEZ war es so hell, dass mir das gestreute Mondlicht im Nordosten und Osten auffiel. Ist da schon die Morgendämmerung, oder etwa unerwartet wieder Nordlichter? Nein es wird einfach nur das sehr helle gestreute Mondlicht sein...

Das war die totale Mondfinsternis vom 9. November 2003 in Dreieich-Dreieichenhain. Sie fand nur einen Tag vor Durchgang des Mondes durch den erdfernsten Punkt seiner Bahn (Apogäum) statt. Da der Kegelschnitt des Kernschattens der Erde dort kleiner ist als in den erdnahen Bereichen der Mondbahn, fiel während dieser Mondtotalität ein recht hoher Prozentsatz des Kernschattens der Erde gleichzeitig auf den Mond, und damit auch größere Kernschattenbereiche unterschiedlicher Lichtintensität. Man konnte also mehr Kontraste im total verfinsterten Mond sehen, als bei den meisten anderen totalen Mondfinsternissen möglich, was mir bei diesen idealen Wetterbedingungen hervorragend gelang.

Stephan Heinsius, Dreieich, 09. November 2003, Ergänzung um Bilder am 15. November 2003.

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