Eisheiligen Eclipse
Die totale Mondfinsternis am 16. Mai 2003 in Dreieich-Dreieichenhain
Erlebnisbericht
Schon am späten Abend des 15. Mai zeigte der Blick vom Balkon in Richtung Südosten einen in gelbgrünen Farben erstrahlenden Vollmond über dem Wald von Dreieichenhain, so wie sonst im Dezember die Wintersonne etwa eine Stunde nach Sonnenaufgang. Aufgrund seiner südlichen Stellung kam der Mond wie die Wintersonne nicht sehr hoch empor. Der Himmel war klar. Die letzten von den "Eisheiligen" übrig gebliebenen Wolken hatten sich inzwischen aufgelöst und machten Platz für eine kurze klare kühle Vollmondnacht.
Kurz war nicht nur die Nacht für den Dreieichenhainer Vollmond. Auch für mich bedeutete die bevorstehende Mondfinsternis am frühen Morgen des 16. Mai nur eine kurze Schlafenszeit in dieser Nacht. Zwischen 2 und 3 Uhr packte ich die bereits am Abend zuvor zerlegten Beobachtungsinstrumente in mein Auto, um gegen 3 Uhr zum vorgesehenen Beobachtungsort auf der Höhe zwischen Flugsicherungsstation und Wasserhochbehälter zu gelangen. Die höchste Erhebung im Norden von Dreieichenhain erlaubte einen Blick auf den Mond, der zusammen mit dem schwach erkennbaren Sternbild Skorpion im Südwesten über dem Ort stand. Am Rande des Feldweges "auf der Hub" postierte ich meine Beobachtungsinstrumente, bestehend aus einem Celestron C5 (f=1250mm, D=125mm) mit fokal montierter Olympus OM1 sowie ein Revue Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon EOS500N und 2xTele-Converter zur Fotografie und ein SkyWatcher Refraktor (f=700mm, D=70mm) zur Beobachtung, sowie eine Videokamera Sony DCR-VX 700 mit 2xTeleConverter zur gelegentlichen Videoaufzeichnung.
Halbschattenphase - Beobachtungsinstrumente im Mondlicht Um 03:35 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N und 24-85mm Canon Zoom bei 45mm, 15 Sekunden belichtet bei f5,6 auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Der Mond kurz vor dem Eintritt in den Erdschatten Um 04:00 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon 2xTeleConverter, 1/8 Sekunde belichtet auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Zart schimmerte das Mondlicht in den grünen Ähren des angrenzenden Gerstenackers, dahinter der Ort, der Wald und darüber der noch nicht als verfinstert zu erkennende Mond. Zwar hatte bereits um 03:06 MESZ die Halbschattenfinsternis begonnen, diese wurde aber erst gegen 03:30 MESZ langsam erkennbar. Am östlichen Rande des Mondes wurde es etwas dunkler. Bis etwa 4 Uhr trat die Halbschatten-Finsternis immer deutlicher in Erscheinung, bis schließlich um 04:03 MESZ der Rand des Erdschattens den Mond endgültig erreicht hatte. Wie ein Kuss der Dunkelheit legte sich der Schatten an den rechten Mundwinkel des Mondgesichtes. Der schmale Kuss vergrößerte sich weiter und weiter, als ob nun statt eines Kusses ein Stück des Mondes herausgebissen wäre, aber nicht wie durch scharfe Zähne - ganz sanft und zart war der Übergang von Licht zu Schatten.
4:30 Uhr. Die Erdkrümmung legte sich jetzt wie ein Bogen quer über die Mitte des Mondes, der weiche Übergang bestimmt durch die Atmosphäre der Erde. Welcher Kontinent denn gerade am Rande den Schatten wirft? Das Mondlicht schwindet. Zwischenzeitlich wird mein Notizblock zur Aufzeichnung der Belichtungsdaten etwas schwieriger lesbar. Doch das wird schnell zunehmend wieder einfacher. Inzwischen hatte es schon begonnen hinter meinem Rücken ein wenig zu dämmern. Im 8x30 Feldstecher zeigt die Mondfinsternis aber noch ihre ganze Schönheit. Der übrig gebliebene Teil des Mondes gelblich, der trennende Bogen des Erdschattens, und schön erkennbar bräunlich rot angedeutet die Fläche bis zum Rand des verfinsterten Teils des Mondes. Doch grell strahlt das Licht des noch von der Sonne beschienen Teils herein und erlaubt keine ungestörten Blicke auf die verfinsterte Mondlandschaft.
Der Erdschatten legt sich wie ein Bogen über den Mond Um 04:39 MESZ aufgenommen mit einer Olympus OM1 fokal durch ein Celestron C5-Teleskop (f=1250mm, D=125mm), 1/4 Sekunde belichtet auf Fuji400 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Eclipse über Dreieichenhain Um 04:49 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N und Canon Telezoom 75-300mm bei 120mm, 4 Sekunden belichtet bei f4,5 auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Der Mond wanderte weiter Richtung Westen und sank weiter herab. Unaufhörlich verkleinerte sich die ungewöhnliche Mondsichel. Eclipse über Dreieichenhain. Die Landschaft wurde immer besser sichtbar, von hinten strahlte mehr und mehr Dämmerungslicht herein. Was wäre eher möglich: Ein Anblick ähnlich wie am 16. September 1997, als der partiell verfinsterte Mond über der Dreieicher Landschaft aufging, oder doch noch ein Blick auf den total verfinsterten Mond einige Grad über dem Horizont, der hier etwa 0,5 Grad über dem mathematischen Horizont liegend durch die Silhouette des südwestlichen Dreieichwaldes gebildet wird?
Es wird schnell heller, der Mond schnell schmaler. Ich lief etwa 250 Meter den Weg nach Westen, um die Eclipse direkt über den Bäumen meines Gartens zu sehen. Der Himmel war inzwischen eiswasserblau, der Mond geschwunden. Er war nun nur noch ein kleiner schmaler Streifen am Himmel. Das Blau wurde heller und heller und gewann mit Beginn der Totalität um 05:14 MESZ ganz die Oberhand. Der Mond ertrank im eisigen Blau des Südwesthimmels einige Grad über dem Horizont von Dreieichenhain. Es gab keine Chance mehr ihn zu sehen, sogar im Teleskop keine Spur vom total verfinsterten Mond. Es war inzwischen einfach zu hell geworden.
Eclipse über Bäumen Um 04:52 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N und Canon Telezoom 75-300mm bei 180mm, 4 Sekunden belichtet bei f4,5 auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Mondfinsternis über dem Feld Um 04:53 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N und Canon Telezoom 75-300mm bei 120mm, 4 Sekunden belichtet bei f4,5 auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Ein Rest des Mondes verschwindet am blauen Himmel Um 05:07 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) 1/2 Sekunde belichtet auf Fuji200 Negativfilm (Aufnahmeort: Dreieich-Dreieichenhain). |
Sonnenaufgang am Ebertsberg Um 05:48 MESZ aufgenommen mit einer Canon EOS500N auf Fuji200 Negativfilm. Links die Stangenpyramide vor der Flugsicherungsstation in Dreieich-Götzenhain, rechts der Ebertsberg (Aufnahmeort: Dreieich-Götzenhain). |
Ich ging etwa 50 Meter weiter nach Osten um einen Blick nach Osten zur gleich aufgehenden Sonne zu bekommen. Ich hatte den Sonnenaufgang auf 05:45 MESZ geschätzt, doch schon um 05:43 MESZ zeigte sich die Oberkante der Sonne nördlich des Ebertsberges. Die Instrumente waren inzwischen klitschnass vom Tau der Nacht. Die aufgegangene Sonne zeigte die Menge der Wassertropfen. Schon während der Aufnahme der Mondfinsternis hatte ich mit dem Beschlagen der Objektive reichlich zu kämpfen. Als ob nicht nur der Mond ertrunken wäre am feuchten Himmelsblau der Eisheiligen...
Die aufgehende Sonne erlaubte mir eine Generalprobe für die bevorstehende Sonnenfinsternis am 31. Mai 2003 in Dreieich, deren Maximum den Sonnenaufgang über Dreieich zu einer schmalen Sonnensichel zieren sollte.
Stephan Heinsius, Dreieich, 16. Mai 2003, Ergänzung um Bilder am 26. Mai und 01. Juni 2003.
Gestaltung und Inhalt: Stephan Heinsius, D-63303 Dreieich, ©SH 2003 - all rights reserved