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Merkur vor der Sonne - die bequemste Eclipse des Jahrhunderts?!

Der Merkurtransit vom 07. Mai 2003 in Dreieich

Erlebnisbericht


Wann kommt schon einmal die Sonnenfinsternis nach Hause, und dann noch in das eigene Schlafzimmer, sozusagen direkt vor das eigene Bett? So bequem kann es doch gar nicht sein, wenn man bedenkt, dass man ansonsten weite Reisen in ferne Länder unternimmt, um die kosmische Bedeckung der Sonne erleben zu können. Am liebsten hätte man es dann noch gern so, dass man nach dem Aufstehen ein bisschen Zeit hat, um die Ausrüstung aufzubauen und zu justieren. Dann soll es aber doch bitte gleich losgehen, wenn alles bereit ist.

Kaum zu glauben, aber wahr! So geschah es am Morgen des 7. Mai 2003 bei mir zu Hause in Dreieich, als sich etwa eine viertel Stunde vor Beginn des Merkurtransits des Jahres 2003 die Sonne etwa 15 Grad über dem Horizont aus einer diesigen leichten Bewölkung erhoben hatte. Noch am Abend vorher hieß es in den Wetterberichten, ein Wolkenband sollte sich über die Mitte von Deutschland schieben und erst im Laufe des Tages sich langsam auflösen. Doch schon am diesem Abend hielt die Mondsichel den aufziehenden Wolken sicher stand. Der Wind drehte auf nordöstliche Richtungen, ein gutes Zeichen für ein Wetter, dass die Beobachtung des seltenen Himmelsereignisses erlauben sollte.

07:00 Uhr MESZ. Noch gab es hin und wieder kleine Wolken, die die Sonne umhüllten, sie jedoch nicht zum Verschwinden brachten. Wenige Minuten vor dem Eintritt des Merkurs vor die Sonnenscheibe verschlechterte sich die Situation, als sich kurzfristig eine Wolkenbank zu formieren schien. Die Sonne verschwand kurz dahinter, doch rechtzeitig um 7:11 Uhr war sie wieder sichtbar. Noch reichlich von Wolken umgeben, teilweise dichter, teilweise weniger dicht. Bei 100-facher Vergrößerung im Teleskop (Celestron C5 (f=1250mm) mit 12,5mm Okular) waren reichlich graue, weiße und gelbe Töne zu sehen. Der starke Dunst erlaubte (bei dieser hohen Vergrößerung) noch die extrem vorsichtig zu handhabende Beobachtung ohne Filter. Ist da eine Ausbeulung am Sonnenrand? Könnte sein. 07:15 Uhr - der Verdacht wird zur Gewissheit: Der Planet Merkur hat sich vor die Sonne geschoben und seinen etwas über 5-stündigen Weg über die Sonnenscheibe angetreten.

Sonne und Wolken

06:58 MESZ - Die Sonne kommt raus.

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N mit Canon Telezoom 75-300mm und Canon 2xTeleConverter, bei 600mm und f8 (f16), 1/750 Sekunde belichtet auf Fuji200 Negativfilm.

Merkurtransit 1820mm

07:24 MESZ - Der Merkur ist vor der Sonne!

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon 2xTeleConverter, 1/60 Sekunde belichtet auf Fuji200 Negativfilm. Filter: Baader-Folie D=3.8

Die Sonne stieg weiter empor, die Wolken verschwanden. Eine Beobachtung war schnell nur noch mit Filter möglich. Nun gab es viel viel Zeit. Der Merkur machte seinen Weg. Etwa in der Mitte der Sonne stand ein Sonnenfleck, der auch mit bloßem Auge (durch die Sofi-Brille) zu sehen war. Der Merkur war jedoch erst im (mit Filterfolie versehenen) 8x30 Feldstecher sichtbar. Nur ein kleiner schwarzer Punkt, der die Sonne bedeckt, aber es ist Sonnenfinsternis! Ohne Feldstecher oder Teleskop aber nicht wahrnehmbar. Auch keine Veränderungen des Lichts, wie sie schon bei partiellen Sonnenfinsternissen zu bemerken ist.

Als der Merkur schon lange seine tiefste Stelle in der Sonnenscheibe durchschritten hatte, bildeten sich kleine Wölkchen, die die Sonne auch mal wieder abdunkelten. Der Austritt des Merkurs war dann aber ohne eine Trübung zu sehen. Die Olympus OM1 hinter dem Celestron C5 (f=1250mm, D=125mm) mit 12,5mm Okular, der Revue Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon EOS500N und 2xTele-Converter kamen zur Aufnahme des Austritts (sowie auch bereits zuvor) zum Einsatz. Das dritte Teleskop, den SkyWatcher Refraktor (f=700mm, D=70mm), nutzte ich zur Beobachtung (mit 5mm Okular zur Beobachtung des Austritts).

Merkurtransit im Teleskop

07:18 MESZ - Der Merkur einige Minuten nach dem Eintritt vor die Sonnenscheibe

Aufgenommen mit einer Olympus OM1 durch ein Celestron C5 (f=1250mm, D=125mm) mit 12,5mm Okular, 1/125 Sekunde belichtet auf Fuji800 Negativfilm.

Merkuraustritt 1 Merkuraustritt 3 Merkuraustritt 2 Merkuraustritt 4

Aufnahmen:
Stephan Heinsius, Dreieich
©SH 2003 - all rights reserved

12:25-12:28 MESZ - Der Merkur beim Austritt aus der Sonnenscheibe

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal durch ein Revue-Refraktor (f=910mm, D=60mm) mit Canon 2xTeleConverter, 1/1000 Sekunde belichtet auf Fuji200 Negativfilm. Filter: Baader-Folie D=3.8

Ob nun das berühmte Tröpfchen-Phänomen zu sehen war, kann ich nicht genau sagen, denn das parallele Beobachten und Fotografieren an 3 Teleskopen band meine Aufmerksamkeit während der kurzen Minuten des Austritts. Auch auf den Bildern ist ein solches nicht eindeutig zu erkennen.

12:32 Uhr MESZ - kein Merkur mehr zu sehen. Zeit zum Abbauen der Geräte, das ähnlich wie der Aufbau recht bequem und zeitsparend ausfiel.

Ein tolles Erlebnis, eine kleine, aber doch so lange Sonnenfinsternis. Und ein schöner Vorgeschmack auf den 2004 bevorstehenden Venustransit, der dann zu einer ähnlichen Zeit stattfindend, eine ebenso bequeme Sonnenfinsternis werden könnte. Doch noch ist das Rennen um die bequemste Eclipse des Jahrhunderts nicht entschieden, denn das Wetter ist wie immer der Faktor, der letztendlich über Beobachten oder Nicht-Beobachten entscheidet, oder doch noch der Eclipse die Bequemlichkeit nimmt, indem man es für notwendig erachtet, einen anderen Standort zu suchen.

Stephan Heinsius, Dreieich, 07. Mai 2003. Ergänzung um Bilder am 16. Mai und 01. Juni 2003.
 

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