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Totalität am Rande des Vulkans

Totale Sonnenfinsternis am 29. März 2006 bei Incesu, Anatolien, Türkei

Erlebnisbericht

Mit der totalen Sonnenfinsternis am 29. März 2006 bot sich mir zum ersten Mal seit 1999 die Gelegenheit, das fantastische Schauspiel des Mondschattenbesuchs nicht nur selbst als Teilnehmer einer Gruppe, sondern auch Anderen durch eigene Wegführung nahe zu bringen und erleben lassen zu können. Anders als 1999, als ich mich auf einen Beobachtungsort zuvor festgelegt hatte, bot sich dieses Mal durch meine Aufgabe als astronomischer Reisebegleiter einer Reisegruppe des Veranstalters Karawane (vermittelt durch Stefan Krause von Eclipse-Reisen.de) die Möglichkeit, noch kurzfristig in der Totalitätszone einen schönen Beobachtungsort für die Sonnenfinsternis zu suchen.

Der Verlauf der Reise führte bereits am 27. März 2006 mit dem Flugzeug über München nach Ankara. Geführt durch unseren kulturellen Reiseleiter Herrn Dr. Peter Weiss machten wir am Abend des Ankunftstages einen Rundgang durch das Zentrum von Ankara. Dort gelegen auch unser Hotel, in dem ich nach dem ersten gemeinsamen Essen vor der Gruppe in die Thematik der Sonnenfinsternis einführte.

Zitadelle in Ankara

Zitadelle in Ankara

Venus über Ankara

Venus über Ankara

Am nächsten Tag ging es mit unserem komfortablen Reisebus bei wolkenlosem Himmel nach Konya, wo wir am Nachmittag verschiedene Medresen und Moscheen besuchten.

Einige thermikbedingte Schönwetterwolken machten mir keine Sorgen. Am späten Nachmittag änderte sich die Wettersituation dahin gehend, dass nun Wind aufgekommen war und die Wolken sich über den Bergen ausbreiteten, und sich dort sogar ein kleiner Schauer ausbildete.

Im Hotel (Özkaymak) angekommen, suchte ich bald ein nahe gelegenes Internet-Cafe auf und erkannte auf dem aktuellen Satellitenbild der Türkei die Bewölkung über den Bergen. Ein Telefongespräch mit Dirk Ewers, der sich gerade im Amphitheater von Side aufhielt, brachte Beruhigung. Dort waren Wolken über den Bergen zu sehen, aber klarer Himmel über dem Meer, also keine bedrohliche Wolkenformation. Auf jeden Fall galt es am morgigen Tag der Sonnenfinsternis den Bergen auszuweichen und tendenziell nach Nordosten zu fahren. Von den bei astrowetter.com vorhergesagten Cirruswolken keine Spur.

Am Abend war im Hotel eine gemeinsame Vortragsveranstaltung mit Stefan Krause von Eclipse-Reisen.de und Alexander Birkner, der eine andere Gruppe für die Sonnenfinsternis begleitete, vorgesehen.

Da diese Gruppe später als geplant aus Kappadokien zurückkam, war ich nach den einführenden Worten von Herrn Krause der einzige Vortragende des Abends. Anhand einer Powerpoint-Präsentation erläuterte ich die astronomischen Zusammenhänge und Phänomene verschiedener Arten von Finsternissen. Nach dem Vortrag gab ich noch einige Tipps und Informationen zum Thema, und tauschte mich mit Stefan Krause und Alexander Birkner, der inzwischen eingetroffen war, über die bevorstehende Sonnenfinsternis und die letzten Wetterberichte aus.

Nachdem am Tag zuvor nach bisher recht guten Wetteraussichten plötzlich ein dickes Wolkenband über der Totalitätszone vorhergesagt wurde, waren sie heute wieder deutlich besser. Jedoch sollten die besten Bedingungen in östlicher Richtung herrschen, wo die Wahrscheinlichkeit für Cirrusbewölkung am geringsten sein sollte.

Herr Krause hatte zwei Beobachtungsorte in nordöstlicher Richtung nahe der Zentrallinie ausgemacht und digitale Bilder davon gezeigt: Ein Hang in steinigem Gebiet kahler Hügel, mit fast unbegrenztem Platz und ein anderer Beobachtungsort in einem Park im Zentrum der Stadt Sultanhani.

Da ich unbedingt eine Beobachtung in freier Natur bevorzugte kam lediglich der Hang in Frage. Allerdings überlegte ich, ob die Gegend nicht doch noch schönere Orte zu bieten hätte, und nahm mir eine Suche in der Umgebung des Hanges bei Akörenkisla vor. So war es im Beisein unseres Reiseleiters und der Gruppe zu entscheiden, dass die Fahrt bereits 15 Minuten vor der Abfahrt der anderen Gruppen sein sollte, um einen übermäßigen Andrang vor dem Hotel und ggf. am Beobachtungsort zu vermeiden.

Am nächsten Morgen bestätigte der Blick aus dem Hotelzimmer und während des Frühstücks die Vorhersage: Im Westen und Nordwesten waren Cirren am Horizont aufgetaucht. Sie bewegten sich unangenehm schnell aus nordwestlicher Richtung und erreichten noch während des Frühstücks ca. 10 Grad Höhe über dem Horizont. Glücklicherweise keine geschlossene Cirrusbewölkung, sondern vereinzelte Streifen, die sich perspektivisch bedingt am Horizont verdichteten.

8:15 Uhr Abfahrt, aus Konya heraus nach Nordosten in Richtung Sultanhani. Zunächst ging es durch die weite flache anatolische Hochebene, bis wir einen flachen Gebirgszug erreichten, das Gebiet, das Stefan Krause besichtigt hatte. Bereits eine Straßenabzweigung vor dem von ihm beschriebenen Weg ließ ich rechts Richtung Yaglibayat abbiegen. Ein weiter freier Blick in die nordöstlich gelegene Ebene, im Südwesten flache Berge, die in östlicher Richtung höher wurden. Landschaftlich ein schöner Beobachtungsort.

Ich ließ anhalten und betrachtete die Wolkensituation. Noch hatten wir ein lockeres Wolkenband fast über uns, doch in der im Nordosten gelegenen Ebene freiester Himmel. Dort wollte ich hin, in den Bereich östlich des Tuz Sees. Wir fuhren weiter durch die anatolischen Dörfer, die oft noch aus den traditionellen Lehmbauten bestanden. Eine wunderschöne weite und einsame karge Landschaft.

Aber irgendetwas stimmte nicht, der Verlauf der Straße, und die Ortschaften stimmten nicht mehr mit der angenommenen Position auf der Landkarte überein. Noch war genug Zeit, einen geeigneten Ort für die Beobachtung der Sonnenfinsternis zu finden, doch die tatsächliche Position musste unbedingt wieder gefunden werden. Mit Hilfe von Mitreisenden und deren Landkarten gelang es festzustellen, dass der Berg in der Ferne vor uns nicht im Osten/Südosten, sondern im Süden lag, und daraus resultierend, auf welcher Straße wir uns befanden.

Wir kamen in den Bereich der südlichen 3-Minuten Linie und nutzten nun die besser ausgebaute Straße bis Karapinar zur schnelleren Fahrt. Bei Karapinar mussten wir links Richtung Norden abbiegen, erst die zweite in der Karte dokumentierte Straße war ausgeschildert und wir bogen ab.

Ich gab bekannt, dass wir nun so weit wie möglich nach Norden fahren, um wieder möglichst nahe an die Zentrallinie heranzukommen. Nach Emirgazi war die Straße schlechter als die anderen in der Karte gleichwertig gezeichneten Straßen, aber das Können unseres Busfahrers brachte uns zügig um die Schlaglöcher der Schotterstraße herum. Rechts von uns kam der große Vulkan Hasan Dag (ca. 3250m) immer deutlicher ins Blickfeld. Die Zeit schwand und die anatolische Hochebene zeigte eine scheinbar unerschöpfliche Weite, deren Zurücklegung das rechtzeitige Erreichen der Zentrallinie immer mehr in Frage stellte.

Als einerseits die Pufferzeit von ca. 45 Minuten abgelaufen war, und weitere für den Aufbau der Beobachtungsinstrumente notwendige 45 Minuten anzubrechen drohten, andererseits östlich von uns der Hasan Dag seine ganze vulkanische Pracht zeigte, wollte ich auf der nächsten Anhöhe nach einem Beobachtungsplatz suchen, denn die schöne landschaftliche Kulisse und eine nicht verkürzte Beobachtung der partiellen Phase sollten mehr wiegen als der Verlust von ca. 20 bis 25 Sekunden Totalität. Die gleiche Idee hatte Herr Dr. Weiss, der zu mir kam und vorschlug nicht noch weiter zu fahren. Ich ließ eine im spitzen Winkel rechts abbiegende Schotterstraße abbiegen und nach ca. 30 Metern anhalten. Auf der linken Seite stieg das ebene karge Gelände leicht an. Dies war unser Beobachtungsort mit ca. 3 Minuten und 20 Sekunden Totalität. Weniger als auf der Zentrallinie, dafür aber den Vulkan direkt neben uns, um uns herum die Weite der anatolischen Ebene, leicht hügelig auf einer Anhöhe vor dem Vulkan.

Der Boden war eben und steinarm, nicht zu hart und nicht zu weich, sehr gut zur Positionierung der Beobachtungsinstrumente, die ich ca. 300 Meter von dem am Rande der Straße parkenden Bus aufbaute. Die Gruppe versammelte sich in lockerem Abstand von bis zu ca. 30 Metern um mich herum.

Rechtzeitig vor dem ersten Kontakt war ich mit meiner Beobachtungsausrüstung einsatzbereit: Zwei parallel zueinander auf einem Eschenholzstativ montierte Refraktoren (Revue D=60mm, f=910mm und Skywatcher D=70mm, f=700mm), eine Canon EOS500N zur Fokalfotografie durch den Revue Refraktor auf einem separaten Stativ moniert, locker durch eine Pappröhre mit dem Tubus des Teleskops verbunden (auf diese Weise werden die Vibrationen des klappenden Spiegels bei der Auslösung nicht auf das Objektiv übertragen), ein 80x30 Feldstecher und neu eine Jenoptik JD5.0z3 Digitalkamera, sowie eine in Panama nicht zum Einsatz gekommene 400ASA Einweg-Kamera.

Nach Ansage des erkannten ersten Kontaktes begann ich meine Aufnahmenserie mit 1820mm: Canon EOS500N mit 2x Tele-Konverter hinter dem Revue-Refraktor. Nur wenige Sonnenflecken waren zu sehen, diese dafür während der ersten partiellen Phase aber noch recht lange, da sie sich oben links auf der Sonnenscheibe befanden, in einem Bereich der erst spät vom Mond verdeckt wurde.

Der parallel montierte SkyWatcher Refraktor, mit Baader visueller Filterfolie (D=5) versehen, diente zur direkten Beobachtung. Noch während der ersten partiellen Phase hatte ich damit zu tun, die beiden Teleskope ausreichend parallel auszurichten, damit die Beobachtung und die Fotografie sich nicht gegenseitig ausschlossen oder störten.

Die Blicke durch das Teleskop fanden immer wieder das Interesse meiner Mitreisenden. Auch zwei Vertreter der nahe gelegenen Ortschaften - ich bekam mit, dass es sich um den Bürgermeister handeln sollte, waren ebenfalls dabei - ich hatte gar nicht gemerkt, wie sie sich zur Gruppe gesellten -auch sie hatten Freude am direkten Blick durch das Teleskop auf die partiell verfinsterte Sonne. Wie gut, dass wir eine türkischsprachige Reiseleitung hatten, so war die Verständigung offensichtlich kein Problem.

Es wurde kühler. Ich zog mir Pullover und Weste über das T-Shirt an. Die Cirren waren nun leicht über den ganzen Himmel verteilt. Die Schatten waren weniger scharf als gewohnt. Anscheinend haben die Cirren durch eine hohe Streuwirkung die für partielle Sonnenfinsternisse typische Schärfe aus den Schatten genommen.

Erste partielle Phase

Erste partielle Phase - Sonnensichel bei 1820mm

Landschaft

Die Landschaft am Beobachtungsort während der ersten partiellen Phase

13:45 Uhr OESZ - Es ist deutlich dunkler geworden. Noch ca. 15 Minuten bis zur Totalität. Ich hatte meine Videokamera auf einem separaten Stativ ca. 5 Meter von mir entfernt montiert. Sie sollte meine Sonnenfinsternis- Beobachtung vor dem Hintergrund des Vulkans als durchgehende Videosequenz aufnehmen. Ich schaltete die Kamera ein und ließ sie laufen.

Auch meine Canon EOS500N bereitete ich auf die Totalität vor, in dem ich den aktuellen Film verschoss, um nun für die Totalität einen neuen einzulegen. Ich nahm den Tele-Konverter ab, denn die total verfinsterte Sonne wollte ich mit 910mm fotografieren, damit die Korona auch bei längerer Belichtung ganz ins Bild passt. Zudem war es mir durch den relativ hohen Sonnenstand von über 50 Grad und den horizontalen Verlauf der Sonnenwanderung etwas zu riskant, bei dem kleinen ca. ein Grad großen Ausschnitt von 1820mm, wertvolle Zeit zu verlieren, falls die Sonne nicht genau im Bildfeld liegen würde.

Ich stellte die Dreifachbelichtung manuell mit 1/125s, 1/500s und 1/30s ein und machte so noch einige Aufnahmen der immer kleiner werdenden Sonnensichel. Ich bemerke eine zunehmende Mattheit vor mir. Dumpf und dunstig wirkt der Himmel zwischen meinen Teleskopspitzen und der immer weniger gleißenden Sonne. Ist die Sichel erkennbar? Ein kurzer und zugekniffener Blick zeigt mir einen Moment die Sichel in den leichten Cirren, doch sie ist zu hell um sie direkt zu beobachten. Von rechts vorne sollte der Kernschatten des Mondes sich näheren. Er kündigt sich jetzt langsam an, bewegt sich mit über 3000 km/h auf uns zu.

Wenige Minuten bis zur Totalität. Ich gebe den Hinweis zur Beobachtung von fliegenden Schatten - die Gruppe hatte ein Tuch ausgebreitet, und einige hatten sich dort versammelt. Ich jedoch blicke zur Sonne und dem Himmel unter ihr. Die Filter von beiden Teleskopen abgenommen und da kommt er, der Mondschatten. Rechts vor mir öffnet sich das Tor zur Dunkelheit. Ich sehe ihn kommen, innen am Horizont schon leicht dämmrig, und gleichzeitig sehe ich mit bloßem Auge wie sich die vielleicht 20 Grad schmal gewordene Sichel am linken oberen Eck der Sonne verkriecht und zerbricht. Und da ist die Korona, sie setzt sich gegen die blendenden Strahlen der zerbrechenden Sichel durch. Kreisrund der Diamantring! - und Wow - der Blick durch den SkyWatcher zeigt die letzten Perlen, und Protuberanzen - eins - zwei - drei! An oberster Stelle strahlt in hellem rosa eine sichelförmige, so weit oben wie die türkische Flagge mit der Mondsichel über der Zitadelle von Ankara...

Perlschnur zum 2. Kontakt

Perlschnur zum zweiten Kontakt

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), 1/500s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Chromosphäre und Protuberanzen zum 2. Kontakt

Chromosphäre und Protuberanzen zum zweiten Kontakt

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), 1/500s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Protuberanzen nach dem 2. Kontakt

Protuberanzen nach dem zweiten Kontakt

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), 1/500s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Das Licht ist verloschen – die Korona steht als voller Kranz am sanftblauen Himmel. Er wirkt gleichmäßig um die Sonnenfinsternis herum, doch am Horizont grenzen die Cirren als dunkle Bänder die gelb- und organgefarbenen Bereiche voneinander ab.

Die eingestellte 3-fach Belichtungszeit lässt sich irgendwie nicht kürzer stellen. Ich deaktiviere sie durch Rücksetzten der Belichtungsart und mache dann manuell mit einzelnen längeren Belichtungszeiten weiter, bis zu 2 Sekunden lang. Ich sehe mich um, im Westen und Osten das orange Leuchten der Dämmerungsfarben, dunkle Cirren, die sich als Bänder dazwischen und darüber verteilen. Über den flachen Hügeln im Westen wirkt es nicht so spektakulär. Auf der anderen Seite im Osten steht der schneebedeckte Vulkan dunkel davor, rechts davon wieder mehr orangene Himmelsstreifen am Horizont. Einige aus unserer Gruppe hatten dort die Taurus-Berge aus der Ferne leuchten sehen, die sich außerhalb der Totalitätszone befanden. Sie beschrieben das helle Leuchten der fernen Berge als eines der eindrucksvollsten Beobachtungen während der Totalität.

Der Blick durch das Teleskop zeigt die Korona bildfüllend. Sie geht matt in bläulicher Umgebung in die Cirrusschichten über. Auch mit dem bloßen Auge zeigt sie sich mit weniger Dynamik als 2001 in Zimbabwe beobachtet. Sie erinnert mehr an die Bilder, die die volle Dynamik nicht wieder geben können. Die Cirren nehmen ihr offenbar die Tiefenwirkung, aber sie zeigt sich als matte Schönheit inmitten dünnster Cirrenschleier. Ich korrigiere Schärfe und Bildausschnitt, mache fortlaufend Bilder durch das Teleskop.

Innere Korona

Innere Korona

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), ca. 1/30s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Äußere Korona

Äußere Korona

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), ca. 1s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Unterschiedliche Belichtungszeiten bringen unterschiedliche Bereiche der Korona zum Vorschein. Bei kurzer Belichtung werden innere Korona und Protuberanzen sichtbar, bei langer Belichtung die mittlerren und äußeren Bereiche der Korona. Die flache schmetterlingsartige Form der Korona ist typisch für die Zeit geringer Sonnenaktivität.

Film voll! Filmwechsel während der Totalität, das sollte eigentlich nicht passieren, meine Begeisterung hatte sich unbemerkt am Auslöser allzu oft nieder geschlagen. Die Schachtel für den neuen Film geht nicht auf, stark zugepackt und Schachtel aufgerissen! Ich nutze die Zeit des automatischen Spulens für Freihandaufnahmen durch die Digitalkamera und die Einweg-Kamera.

Totalität am Rande des Vulkans

14:02 OESZ - Totalität am Rande des Vulkans

Der östlich des Beobachtungsortes gelegene Vulkan Hasan Dag liegt noch im Mondschatten. Leichte Cirrusbewölkung wird von weiter entfernt liegenden Gegenden, in denen die Sonnenfinsternis nur partiell ist, von unten beleuchtet. Freihand automatisch belichtet mit einer Jenoptik JD5.0z3 Digitalkamera.

Ich montiere die Kamera wieder für die Aufnahme des bevorstehenden dritten Kontaktes durch das Teleskop und komme zu wenig auf die Idee zum Weitwinkel zu wechseln und Stativaufnahmen der Umgebung zu machen. Die Korona steht zu weit rechts unten im Bild. Ich passe den Ausschnitt durch Nachjustierung des Stativs an, fokussiere dabei und mache wieder Bilder.

Nun wird es unten rechts am Mondrand heller. Vorbei! Schmal und stechend scharf tritt die Kante der Photosphäre hervor: Dritter Kontakt und Perlschnur, schon ist wieder eine kleine Sichel da. Ich nehme die Kamera ab und setze jetzt das Weitwinkel auf, drehe mich um und fotografiere den abziehenden Schatten links neben dem Vulkan. Er ist noch deutlich zu erkennen, doch er wird schnell blasser. Ich wende mich der Sonne zu und drücke noch ein paar Mal den Auslöser, doch die kleine Sichel ist schon so gleißend, dass ein Blick durch den Sucher nicht mehr möglich ist. Ich wechsle dann wieder auf die Teleskopeinstellung 1820mm, nachdem ich wieder den Filter aufmontiert hatte.

Diamantring zum 3. Kontakt

Diamantring zum dritten Kontakt

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), ca. 1s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Diamantring zum 3. Kontakt

Diamantring zum dritten Kontakt

Aufgenommen mit einer Canon EOS500N fokal hinter einem Revue Refraktor (D=60mm, f=910mm), ca. 1s belichtet auf Fuji REALA 100 Negativfilm.

Unterschiedliche Belichtungszeiten bringen unterschiedliche Ergebnisse beim zweiten und dritten Kontakt. Bei kurzer Belichtung kommen Perlschnur, Chromosphäre und Protuberanzen zum Vorschein, bei langer Belichtung die Korona und das Streulicht der Sonnenstrahlen, das durch die leichte Cirusbewölkung verursacht wurde.

Abziehender Mondschatten

Abziehender Mondschatten

Im Vordergrund scheint bereits das Licht der schmalen Sonnensichel auf das Land, während die Berge am Horizont links neben dem Vulkan noch total verfinstert sind. Freihand automatisch belichtet mit einer Canon EOS500N und Canon 24-85mm Weitwinkel-Zoom bei 24mm.

Ich wende mich den Umstehenden zu und lade zu Sichelspielen ein. An dem weißen Tuch filme ich meinen eigenen Schatten einschließlich der Sonnensicheln, die sich an den Ecken und Kanten bilden. Die Feldstecherprojektion findet einiges Interesse. Durch die Linsen verstärkt strahlen 2 helle Sicheln auf das weiße Tuch.

Anschließend geht es zurück zu meinem Teleskop und die durch den Skywatcher projizierte Sonnensichel gibt einen guten Vordergrund vor der Kulisse des Vulkans Hasan Dag ab.

Projektion der Sonnensichel

14:20 OESZ - Projektion der Sonnensichel

Die Sichel wird durch ein 30mm Okular auf eine Pappe an einem 70/700 Skywatcher Refraktor projiziert. Rechts ist die Canon EOS500N mit 2x Canon Telekonverter zu erkennen, die für die Fokalaufnahmen durch den Revue Refraktor verwendet wurde. Aufgenommen mit einer Jenoptik JD5.0z3 Digitalkamera.

Während der verbleibenden zweiten partiellen Phase mache ich hin und wieder ein Bild. In entspannter Atmosphäre gibt es diverse Gespräche - ich höre zum ersten Mal von den leuchtenden Taurusbergen, die mir leider entgangen sind. Sie sollen fantastisch aus dem südöstlich gelegenen nicht verfinsterten Gebiet über dem Horizont herein gestrahlt haben. Heller als jedes Alpenglühen.

Ich sehe zum Horizont und kann jetzt nur ganz schwach und unscheinbar die kleinen Schneespitzen der etwa 100 km entfernten Berge im Dunst erkennen.

Ich erlebe noch den vierten Kontakt durch das Teleskop und fange nach den letzten Bildern an, meine Ausrüstung abzubauen, bis ich gegen 16 Uhr als letzter das Feld verließ und zu den Wartenden am Bus stieß. Ich bedankte mich für deren Geduld und wir waren uns einig, dass wir für das grandiose Schauspiel, das der Schatten des Monds am Rande des Vulkans gegeben hat einen wunderschönen Platz gefunden hatten.

Kaum losgefahren lag nördlich der nächsten Hügels etwas tiefer gelegen eine kleine Stadt. Das muss Incesu gewesen sein, vielleicht 1 oder 2 Kilometer nordwestlich unseres Beobachtungsortes. Wir fuhren an Sultanhani vorbei zurück nach Konya, der inzwischen tiefer stehenden Sonne entgegen.

Einen zweiten Höhepunkt fand die Reise am nächsten Tag, als wir von Konya aus wieder am Hasan Dag vorbei nach Kappadokien fuhren und die berühmte Tuffsteinlandschaft bei tief stehender Sonne bewundern konnten. Auch dies wäre eine prächtige Kulisse für die Sonnenfinsternis gewesen, doch die Totalität am Rande des Vulkans war ihr Erlebnis wert. Von Göreme aus zeigte sich ein weiter Blick über die zerklüftete Landschaft, in der Ferne ein weiterer Vulkan.

Kappadokien

Mandelbaum

Felsentürme

Kappadokien

Tuffsteinlandschaft und Mandelbaumblüte in Kappadokien

Am Abend übernachteten wir in Ürgüp, allerdings ohne Westblick, ohne die Möglichkeit nach der Mondsichel einen Tag nach der Sonnenfinsternis Ausschau zu halten. Nach Besuch der kappadokischen Höhlenkirchen und einer Einladung unseres Busfahrers zu sich nach Hause ging es am Ende der Reise noch einmal nach Ankara, wo wir die Altstadt auf dem Zitadellenberg und am nächsten Tag das archäologische Museum besuchten. Mittags ging es mit dem Flugzeug zurück nach Deutschland.

Beim Landeanflug über dem Spessart ging es durch eine heftige Gewitterfront. Es gab eine starke Blitzentladung, die ich über dem linken Flügel beobachten konnte. Gleißend hell rund herum über dem Flügel kleine und größere Blitzstrukturen, als ob die kurz hochklappenden Landeklappen auf der Oberseite der Tragfläche die Entladung ausgelöst hätte. Bei der Landung stieg eine Wasserfront hoch über das Flugzeug hinweg - unglaublich welche Energien dort freigesetzt werden. Trotz alledem sind wir gut gelandet und heil zu Hause angekommen.

Erlebnisbericht Teil 1 und Digitalbilder hinzugefügt: 31.03.2006-02.04.2006.

Erste Analogbilder hinzugefügt: 04.04.2006.

Erlebnisbericht Teil 2 hinzugefügt: 10.04.2006.

Weitere Bilder hinzugefügt: 26.04.2006.

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 26. April 2006.
 

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