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Die große Mondshow über Dreieich

Die Totale Mondfinsternis am 28. September 2015 in Dreieich-Götzenhain und Dreieich-Dreieichenhain

Nach einem Septemberurlaub an der Nordsee sehe ich zwischen Göttingen und Kassel im Rückspiegel den Mond über einem Mittelgebirgswald aufgehen. Über der Rhön dann Wolkenfelder, aber das Rhein Main Gebiet ist praktisch wolkenfrei. Gedanken wegen Nebels oder Wolken ausweichen zu müssen verflüchtigen sich. Nach einer über 12-stündigen Reise geht es gleich an die Vorbereitungen zur Beobachtung der totalen Mondfinsternis am frühen Morgen des 28. September 2015, die einen Perigäumsvollmond verfinstern sollte. Also reichlich "Eclipse-Feeling" und Vorfreude auf einen großen roten "Supermond", so wie er in den Medien genannt wird.

Im Vorfeld überlege ich wie selten eigentlich totale Perigäumsmondfinsternisse sind, und wann die nächste ist. Klar, dass mit dem gleichen Saros die Finsternis vom 16. September 1997 als Vergleich herhalten muss. Die nächste dieses Saros die in Europa sichtbar ist kommt erst 2051. Aber keine Hinweise in den üblichen Eclipse-Tabellen im Internet wie groß der verfinsterte Mond am Himmel erscheint oder wie weit er entfernt ist. Da finde ich bei Facebook von Daniel Fischer genau diese Auswertung, die er handschriftlich skizziert dort eingestellt hat. Es gibt doch immer wieder Dinge an die vorher offensichtlich keiner gedacht hat. Die Auswertung zeigt, dass es in den nächsten Jahren immer mal wieder solche Finsternisse gibt.

 

Unverfinsterter Perigäumsvollmond am 27.09.2015 23:07 MESZ

 

Wolkensituation über dem Rhein Main Gebiet am 27.09.2015 23:34 MESZ

Nach einer kurzen Schlafpause zeigt sich der Mond bereits im Halbschatten, der Blick aus dem Schlafzimmerfenster bestätigt: Die Show beginnt. Gegen 3 Uhr die ersten Fotos, man erkennt die Abschattung bereits deutlich. Die erste partielle Phase beginnt mit Eintritt der ersten Mondgebieten in den Kernschatten der Erde um 03:07 MESZ.

28.09.2015 03:02 MESZ - Ende der ersten Halbschattenphase

28.09.2015 03:06 MESZ - Himmel kurz vor Kernschatteneintritt

28.09.2015 03:10 MESZ - Der Kernschatten ist erreicht, die erste partielle Phase hat begonnen

28.09.2015 03:32 MESZ - Die erste partielle Phase ist voll im Gang

28.09.2015 03:33 MESZ - Bei längerer Belichtung wird der "rote Mond" sichtbar

28.09.2015 03:35 MESZ - Der "rote Mond" kommt und die Erdkrümmung ist gut zu erkennen

Die erste partielle Phase nähert sich ihrem Ende - 28.09.2015 04:04 MESZ

Beobachtungssituation in Dreieich-Götzenhain gegen Ende der ersten partiellen Phase am 28.09.2015 um 04:05 MESZ

Totalität! - 28.09.2015 04:20 MESZ

Ich beobachte direkt von der Dachterrase, nur wenige Schritte vom Computer entfernt. So sind die Bilder noch während der ersten partiellen Phase im Internet. Doch mit fortschreitender Finsternis merke ich plötzlich dass das Mondlicht fehlt, es ist deutlich dunkler, kein blauer Hauch mehr am Himmel. Die Mondsichel wird schmaler. Es wird spannend, denn mit Beginn der Totaliät sieht man wie schnell die Wanderung in den Schatten geschieht. Und das geht dann bei hoher Brennweite nur noch mit Nachführung. Also die Aufnahmeoptiken die bisher auf dem Stativ standen an die Montierung geklemmt, zum Glück sind alle erforderlichen Teile da und funktionieren.

Und dann ist da nur noch der dunkle und rotbraue Mond, der weiter in den Kernschatten hineinwandert. Erstaunlich unscheinbar wirkt er am Himmel. Erst auf Fotos kommt er leuchtend rot hervor. Am Himmel wirkt er mit bloßem Auge eher matt und braun. 

Totale Mondfinsternis 2015 über Bäumen in Götzenhain am 28.09.2015 um 04:58 MESZ. Die Lichtpunkte am Horizont sind Flugzeuge, die den Frankfurter Flughafen anfliegen.

Diese Mondfinsternis wirkt relativ dunkel, wobei auf Fotos die Randbereiche des Kernschattens recht hell wirken. Bei verschiedenen Belichtungszeiten nimmt das Rot des Mondes unterschiedliche Tönungen an. Bei längeren Belichtungszeiten werden Sterne neben dem Mond sichtbar

Die 9-V Batterie macht langsam schlapp, die Bilder verziehen, zu erkennen an den Strichspuren von Sternen in der Nähe des verfinsterten Mondes. Zum Glück ist eine solche noch vorhanden, die dann gleich als Ersatz genutzt wird.

Totalität - 28.09.2015 MESZ 05:05 MESZ, Canon EOS600D 400mm (Scopos Apo-ED-Refraktor fokal) f6 5s ISO1600.

Totalität - 28.09.2015 MESZ 05:05 MESZ, Canon EOS600D 400mm (Scopos Apo-ED-Refraktor fokal) f6 6s ISO1600.

Totalität - 28.09.2015 05:12 MESZ, Canon EOS600D 650mm (Walimex Zoom) f8 2,5s ISO1600.

Totalität - 28.09.2015 05:15 MESZ, Canon EOS600D 650mm (Walimex Zoom) f8 8s ISO1600.

Totalität - 28.09.2015 05:17 MESZ, Canon EOS600D 650mm (Walimex Zoom) f8 3,2 s ISO400.

Eigentlich hatte ich gedacht, dass 1 Stunde und 12 Minuten Totalität genug sein müssten, um mehrere Standorte in Dreieich unter dem roten Mond festzuhalten. Doch die Zeit ist schenll vorangeschritten, und das Fokussiren beim 12-24mm Objektiv macht Schwierigkeiten. Also doch lieber erste einmal sicher sein, gute und scharfe hochbrennweitige Totalitätsaufnahmen zu gewinnen. Immer wieder fokussieren und per Live-View überprüfen. Alles andere ist praktisch ein Glückspiel zwischen Sehschärfe, Ungenauigkeit der Objektivmarkierungen "unendlich", sofern vorhanden, und Verrutschungen nach Nuejustierungen oder Kamerawechseln.

Est mit Beginn der zweiten partiellen Phase fahre ich zur Burg nach Dreieichenhain runter. Beim Herausgehen zum Auto sehe ich vor der Haustür das Sonnenlicht auf dem Mond wieder auftauchen, die Totalität ist zu Ende. Unten angekommen bemerke ich reichtlich Lichtquellen an und um die Burg. Noch im November 2008 war es alles schön dunkel genug, um die Burg als Silhouette vor dem Dämmerungshimmel mit Mond, Venus und Jupiter abbilden zu können. Inzwischen hat die Lichttechnik weiter um sich gegriffen. An der Burg ist offensichtlich ein geplantes Foto-Projekt in Gange. Der Pallas ist von innen mit hellen Strahlern, wahrscheinlich LED, angestrahlt. Mehrere Fotografen stehen am Burgweiher mit Kamera auf Burg und Mondfinsternis darüber gerichtet.

Lichtspektakel an der Burg. Der Mond hält dagegen, denn die zweite partielle Phase hat begonnen und direktes Sonnenlicht wird wieder von ihm reflektiert.

Der Wetterhahn auf der Burgkirche "kräht" ein besonderes Kikiriki im anschwellenden Berufsverkehr.

Während der fortschreitenden zweiten partiellen Phase verlassen diese den Ort, während ich mich fotografisch an den Durchgang der Mondfinsternis hinter der Spitze des Burgkirchturms mache. Dann ist auch das Licht im Pallas ausgeschaltet, die Beleuchtung der Kirche jedoch nicht. Zwei grelle neue LED Lampen an der Straße stören und blendeten auch einige Aufnahmen. Andere Lampen haben noch das gut fotoverträgliche gelbe Licht, das die Stadt Dreieich vor ein paar Jahren glücklicherweise eingeführt hat (seitdem ist die Milchstraße wieder deutlicher zu sehen), und das wenig blendet. Auf der Straße setzt der Berufsverkehr ein. Es ist auf einmal richtig was los, inklusive regen Busverkehrs. Viele Autos fahren aber langsam, denn wenn man mit einem Stativ an einer 30-Zone steht hat das offensichtlich auch während einer Mofi Wirkung.

Burgkirche mit Eclipse

Dann geht es in Richtung Feld, denn der Mond geht nun in die zweite Halbschattenphase und immer näher an den Horizont heran. Die Morgendämmerung erlebe ich mit den Flugsicherungsmasten hinter mir, mit Blick auf meine Bäume im Feld, zwischen denen sich dann der Mond gesellt und schließlich zwischen den Blättern verschwindet.

Der Mond wandert im Westen zwischen Bäumen im Feld dem Horizont entgegen.

Nachdem der Mond hinter den Bäumen verschwunden ist, beobachte ich noch etwa 100 Meter nördlich dieser Bäume, wie der Mond den Horizont erreicht und hinter dem Taunus verschwindet. Da Ostwindwetterlage herrscht befinden sich die Einflugschneisen des Frankfurter Flughafens in diesem Bereich. Die große Show der heutigen Nacht findet ihren Abschluss mit zwei gleichzeitig am inzwischen blass gewordenen Mond sichtbaren landenen Flugzeugen. Hinter mir ist inzwischen die Sonne aufgegangen.

Schließlich verschwindet der Mond hinter dem Taunus. Im Vordergrund die Einflugschneisen (Ostwind) des Frankfurter Flughafens in Form von zwei Flugzeugen in der Nähe des bereits teilwese untergegangenen Mondes.

Der Blick geht nach Westen, wo soeben der Mond untergegangen ist - Eine große Show ist zu Ende.

Die Kastanien glänzen am Boden, das gelbe Laub der Bäume wird von der frisch aufgegangenen Sonne angestrahlt. Vor dieser ein Pferd auf dem Nachbargrundstück, das aus der richtigen Position fotografiert einen besonderen Kopfschmuck trägt.

Sonnenpferd

Stephan Heinsius, 28. September 2015.

 

 

 

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